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In den „Clarorum Virorum Epistolae ad Joannem Reuchlinum“, jener Sammlung, welche dessen Freunde während des Streits mit Hogstraten veröffentlicht haben, finden sich unter anderm auch zwei Briefe von Aldus an Reuchlin. In dem ersten derselben, vom 28. Oktober 1502, gibt jener diesem ausführliche Auskunft über seine Verlagsunternehmungen und bietet ihm am Schluß alle diejenigen zum Geschenk an, welche sein, des Aldus, eigener Verlag seien und welche Reuchlin etwa wünschen sollte.

Welch hohen Wert übrigens Aldus auf des letztern Lob legte, geht aus dem zweiten dieser Briefe vom 23. Dezember 1502 hervor, welcher also lautet: „Ich kann Dir kaum schreiben, wie glücklich ich darüber bin, daß Du Dich über meine Briefe und meine Arbeit freust. Es ist kein geringer Ruhm, wenn der Kleine dem Großen zu gefallen vermag. Jenes Lob, zumal wenn es von einem so bedeutenden Mann wie Dir herrührt, macht mich glauben, daß auch ich einigen Wert besitze. Ich bitte Gott, daß wir uns noch lange und von Tag zu Tag mehr, einer an den Werken des andern erfreuen mögen. Ich halte das nicht für unmöglich, wenn wir so lange leben als unser dem Dienste der Menschheit gewidmetes Leben nützen kann.“ Aldus meldet sodann, daß mit Ausnahme zweier, noch nicht fertig gedruckter Werke (des Nonnus und Gregorius) die von Reuchlin gewünschten Bücher dessen Agenten bereits übergeben worden seien. „Ich wundere mich übrigens darüber“, fährt er ob des obigen ihm gemachten Vorwurfs gekränkt fort, „daß Du es für möglich hältst, unsere Bücher dort wohlfeiler kaufen zu können, als hier. Denn es ist eine Thatsache, daß sie hier nicht billiger, ja ich kann sagen, daß sie in Venedig teuerer verkauft werden. Ich suche den Grund dafür in dem Kaufmann, welchen Du erwähnst. Er kauft offenbar von unserer Gesellschaft in Venedig im großen und erhält usanzenmäßig die Bücher billiger, damit er bei ihrem Vertrieb etwas gewinnen kann. Außerdem aber zahlt er nicht bar, sondern wir geben ihm Kredit. Sollte er sich deshalb vielleicht einbilden, daß ihn die Bücher nichts kosteten?“ Aldus spricht hier mit schneidender Ironie, nicht von einem wirklichen Buchhändler, dessen Handelsbetrieb er natürlich auch im Ausdruck sehr wohl von dem gewöhnlichen kaufmännischen zu unterscheiden weiß, sondern in der That von einem Kaufmann. Ob dieser „mercator“ ein Italiener war, der neben seinen sonstigen Waren auch mit Aldinen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/021&oldid=- (Version vom 1.8.2018)