Nach Luthers Auftreten steigert sich die Zahl der deutschen Schriften wie folgt: es verzeichnen, beziehungsweise ergänzen
für die Jahre | Panzer | Weller | Kuczynski | in Summa |
1518 | 71 | 74 | 1 | 146 |
1519 | 111 | 138 | 3 | 252 |
1520 | 208 | 353 | 10 | 571 |
1521 | 211 | 294 | 18 | 523 |
1522 | 347 | 307 | 23 | 677 |
1523 | 498 | 418 | 28 | 944 |
Gesamtsummen: | 1446 | 1584 | 83 | 3113. |
Der Druck dieser Werke verteilt sich über ganz Deutschland unter etwa 50 verschiedene Städte. Auf das vorher als Verlagsort ganz unbedeutende Wittenberg kommen allein in den Jahren 1518 bis 1523 an 600 verschiedene Drucke.
Bis auf Luther waren die in Deutschland gedruckten Bücher in der Regel große und teuere, meist vornehm ausgestattete Folianten oder auch Quartanten, welche man bequem in den Bibliotheken nach damaligem Brauch an die Kette legen, aber nicht in die Welt hinausschleudern konnte, wie die handlichen Oktavbände. Er vorwiegend führte zuerst das demokratische Flugblatt in Quart, die billigen Duodez- und Oktavschriften von wenig Bogen massenhaft in die deutsche Litteratur ein. Auch das war eine revolutionäre That, die vielleicht ebenso entscheidend auf die Geschicke der Menschheit einwirkte, wie im Kriege der leichte Fußsoldat, der den gepanzerten Ritter verdrängte, und wie im modernen Wirtschaftsleben die Siebenmeilenstiefel der Eisenbahn, welche den alten Frachtwagen überflügeln. Wenn auch früher schon oft genug, wie von den Humanisten, derartige kleine Drucke veröffentlicht worden waren, so geht Luther doch planmäßig vor und ist vielleicht, sich selber unbewußt, durch Aldinische Einflüsse bestimmt worden. Eine solche Verwendung seines handlichen Formats für kirchenfeindliche Zwecke hatte sich der gläubige venezianische Verleger sicher nicht träumen lassen. Indem Luther das heftige Kleingewehrfeuer der politischen und kirchlichen Flugschrift gegen das schwere Geschütz der Quartanten und Folianten eröffnete, erhob er erst die Buchdruckerkunst zu ihrer eigentlichen Bedeutung und gewann in ihr einen tausendzüngigen Herold, den keine mündliche Propaganda ersetzen konnte. Lehre und Predigt allein thun es nicht. Sie dringen im
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_07.djvu/004&oldid=- (Version vom 1.8.2018)