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Schon der Briefwechsel Kobergers mit Amerbach hat gezeigt, wie übel es damals mit den Landstraßen bestellt, wie unsicher der Verkehr und wie groß namentlich die Gefahr der Überfälle und Plünderungen friedlicher Warenzüge, des „Werfens“ der Fuhrleute, war. Auch in spätern Zeiten trieb sich infolge der zahlreichen Kriege, jahrein jahraus, und vorzugsweise in den Meßzeiten, viel unnützes Gesindel im Lande umher. Ja, selbst die Truppen der Kriegführenden betrachteten geraubtes fremdes Privateigentum als rechtmäßige Kriegsbeute. Während des Schmalkaldischen Kriegs wurden auf Herzog Moritz’ Befehl sogar in Leipzig zur Meßzeit die Güter des wittenberger Buchführers Johann Löffler mit rechtlichem Kummer (Arrest) beschlagen. Es dauerte Jahrhunderte, bis diesem öffentlichen Unfug wenigstens in seinen Hauptauswüchsen das allgemein ersehnte Ende bereitet werden konnte. So groß war die allgemeine Gewaltthätigkeit, daß man an vielen Orten, über welche die Meßreisenden ziehen mußten, für ihre glückliche Ankunft in Frankfurt betete. Die Verleger selbst ritten vielfach in Gesellschaft und bis an die Zähne bewaffnet auf die dortige Messe. Wie gegen Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts Anton und Hans Koberger, Amerbach und Petri sich zu Pferde auf den Weg nach Frankfurt machten, so thaten es etwa hundert Jahre später Heinrich Estienne (Stephanus) aus Paris und Christoph Plantin aus Antwerpen. Moretus, der Schwiegersohn Plantins, ging sogar auf seiner Reise zur Messe 1566 noch zu Fuß von Antwerpen nach Köln, von wo er das Schiff bis Frankfurt nahm. Und das war keine etwa auffällige Ausnahme. Zur Ostermesse 1543 wanderte auch der Buchführer Heinrich Altingk von Greifswald zu Fuß „gen Leybtzig Bucher einzukauffen“; bei der Heimkehr wurde er zwischen Anclam und Stralsund erschlagen.[1] Man denke nur, welch kostbare Zeit mit solchen langen Ritten und Wanderungen verloren ging! Indessen waren die Herren für ihre Büchersendungen auf den gewöhnlichen Frachtverkehr angewiesen und konnten für diesen und ihre eigenen Reisen nur innerhalb einer gewisser Zeit und gewisser Grenzen freies Geleit beanspruchen. Ursprünglich ein ausschließlich kaiserliches Hoheitsrecht, hatten es sich mit der Zeit auch die kleinen Landesherren angemaßt. Regelmäßig in jedem Jahre suchte daher das ganze 16. Jahrhundert hindurch der leipziger Rat bei dem Kurfürsten von Sachsen, später bei den thüringischen Herzögen und den Landgrafen von Hessen, um das Geleit für seine Kaufleute


Fußnoten

  1. Daselbst II, 61.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/013&oldid=- (Version vom 1.8.2018)