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zur frankfurter Messe nach; im Jahre 1595 zogen fünf leipziger Buchhändler in diesem Geleit nach Frankfurt. Vielfach wurde das Geleitsrecht sogar zu persönlichen Vorteilen und selbst zu Erpressungen mißbraucht. Heute versagten es die Herzöge von Bayern, morgen die von Würtemberg und ein andermal die Pfalzgrafen. Oder sie kündigten es auch unmittelbar vor einer Messe und ließen dann den Überfall ungeschützter Kaufleute straflos geschehen. Am schlimmsten trieben es die kleinen Dynasten in der nächsten Umgebung von Frankfurt, die zum Teil förmlich von derartigen Raubzügen lebten und wenn sie nicht in Feindschaft zu den Kaufleuten standen, doch als Freunde von ihnen gefüttert sein wollten. Dieser Zustand dauerte hier bis in die Reformationszeit hinein. Vor und nach dem Dreißigjährigen Kriege wurde das Übel durch die zahlreichen Marodeure und entlassenen Soldaten noch schlimmer. So sagt z. B. Tobias Ruprecht in der Leichenrede auf den am 17. Mai 1659 verstorbenen Buchhändler Wolfgang Endter den Ältern in Nürnberg[1]: „Er war ein kluger und verständiger Mann, der seine Sachen weißlich angefangen, wohlbedachtsam fortgeführt, und glücklich vollendet, hat sich auch nicht leichtlich eine Mühe dauern lassen, sondern in dem dreißigjährigen Krieg die meiste Zeit mit Reisen Tag und Nacht zugebracht, und darüber von den Soldaten vielmalen angefallen, ausgeplündert, und einsmals gar gefänglich weggeführt worden, da er denn etliche Wochen in nicht geringer Leibs und Lebensgefahr gesteckt, zu geschweigen des vielmaligen Verlustes, so er durch Plünderung auf den Straßen erlitten.“

Aus diesem Grunde war das Geleit eine Forderung der Sicherheit. Langten nun die Geleitstruppen glücklich vor Frankfurt an, so wurden sie an einem bestimmten Tage eingeholt. Die Reisigen und die weltlichen Richter der Stadt trafen mit den Gästen an der städtischen Grenze zusammen und boten ihnen hier den Willkommentrunk. Der große Markt wurde zur Bezeichnung des Anfangs und Endes der Messe mit der großen Glocke ein- und ausgeläutet. Das Einläuten bezeichnete den Beginn des Meßverkehrs und der vollen Marktfreiheit, welche darin bestand, daß Käufer und Verkäufer im offenen Gewölbe miteinander handeln durften. Die Reichsfahne auf dem Turm oder ein Schild auf einem Turm oder Thor waren die sichtbaren Zeichen dafür, daß diese Freiheit unbeschränkt herrschte, während das Einziehen der Fahne oder


Fußnoten

  1. Kirchhoff, Beiträge. II, 148.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/014&oldid=- (Version vom 1.8.2018)