die Wegnahme des Schildes den Befehl enthielten, mit allem Geschäft aufzuhören. Schuldner und Güter durften wegen alter Schulden nicht arrestiert werden und verfielen erst nach dem Ausläuten, d. h. nach dem Ende der Messe, dem ordentlichen Richter; nur die Abfuhr der Güter konnte bis zur Einigung der streitenden Parteien inhibiert werden. Das Fehde- und Repressalienrecht der Ritter und adeligen Schnapphähne ward während der Dauer der Messe nicht anerkannt. Selbst Geächtete durfte man in dieser Zeit beherbergen, und im Umkreise der Stadt waren sie sicher vor Verfolgung.
Das Buchhändlerviertel lag im Süden der Stadt und stieß unmittelbar an den jetzigen Mainkai (damaligen Weinmarkt), von welchem aus die schweren, mit Büchern gefüllten Fässer bequem durch das Thor in die Straßen und in die Häuser gerollt werden konnten; diese Verpackungsweise bildete damals, wie schon wiederholt bemerkt, die Regel. Froschauer bittet einmal förmlich um Entschuldigung, daß er wegen Mangel an Zeit Kisten verwandt habe. Der Mittelpunkt jenes Viertels war derjenige Teil der früher Kornmarkt, später aber Buchgasse genannten Straße, welcher von der Leonhardskirche aus nördlich bis zum kleinen Kornmarkt läuft. Indessen darf man diese Begrenzung nicht zu wörtlich nehmen. Während sie heutzutage nur von der genannten Kirche aus bis zum großen Kornmarkt bei der Einbiegung in die Paulsgasse läuft, erstreckte sie sich zur Zeit der buchhändlerischen Blüte Frankfurts in östlicher Richtung in die Mainzer Gasse zwischen Leonhards- und Fahrthor. Der Name Buchgasse kommt zuerst 1518 vor. Reuchlin schrieb nämlich in jenem Jahre, daß Melanchthon auf der nächsten frankfurter Messe um des heiligen Kreuzes-Erhöhungstag in der „Büchergasse“ bei Meister Thomas Anshelm, Druckerherrn und Buchverkäufer von Hagenau, zu finden sein werde. Auch der kaiserliche Fiskalprokurator und frankfurter Bücherkommissar Dr. Vest in Speyer spricht in einem Briefe, den er am 16. August 1593 an den Rat der Stadt Augsburg schrieb, noch von der Büchergasse in Frankfurt a. M. Der Name Buchgasse bürgerte sich erst zu Anfang des 17. Jahrhunderts allmählich ein. Eine Zeit lang lief er neben der alten Bezeichnung Mainzer Gasse her, sodaß beide Namen willkürlich nebeneinander galten. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts scheint die Straße übrigens auch allgemein Meßzwecken gedient zu haben. So findet sich in dem Hause Nr. 15 Buchgasse,
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)