Ecke der Schippengasse, noch heute ein großes Wandgemälde von einem Strauß aus Tunis, der, wie die Unterschrift meldet, 1577 zuerst in Frankfurt als große Naturmerkwürdigkeit bekannt und gezeigt wurde. Vom Anfang des 17. Jahrhunderts an bediente sich aber der Rat in seinen amtlichen Erlassen stets des Namens der Buchgasse. Thatsächlich bildete diese übrigens schon von den ersten Anfängen des buchhändlerischen Meßverkehrs an die Hauptniederlage der fremden Buchführer und Verleger. Hier hatten sie ihre Lager in alten festen Gebäuden, die noch zu Anfang des laufenden Jahrhunderts (Kirchner, der diese Thatsache meldet, schrieb 1810) die seitdem verblichene Inschrift „Officina libraria“ führten. Jahrein jahraus lag hier zur Ersparung der Fracht und sonstiger Spesen ein Theil der nach Frankfurt gebrachten Verlagsartikel. Am 17. November 1569 weigerte sich z. B. der Rat dem kaiserlichen Ansinnen gegenüber, Bürgschaft von den fremden Buchführern zu verlangen, weil diese „von einer Messe zur andern in ihren Buchläden und Gewölben Bücher für viele hundert Gulden zu hinterlassen pflegten“. Die Wahl dieser Gegend war eine sehr verständige, da namentlich in der ersten Zeit die Büchersendungen fast ausschließlich zu Wasser ankamen und mit verhältnismäßig geringer Mühe aus- und eingeladen werden konnten. Erst später dehnten sich dann die Niederlagen weiter von hier aus. „Auch haben“, schreibt der Rat der Stadt Frankfurt am 26. Juli 1690 an den Kaiser, „unsere Vorfahren zur Erhaltung dieses (Buch-) Handels allhier den Buchführern und Händlern absonderliche, von anderm Commercio etwas separirte, aber doch nahegelegene Gassen eingeräumt, damit sie Buchhändler beysammen und umb sich desto besser correspondiren, und die käufer und gelehrte, selbige ohne sondere mühe und nachfrage finden und ein gutes genügen darob haben konnten. Es ist aber mit ihnen Buchhändler dahin gerathen, daß in vielen Jahren keinerley Buchhändler auß obgedachten Königreichen mehr anhero gekommen und die Messen besuchen, und dadurch unsere in gedachter Buchgassen wohnende Bürger nit geringen abgang dero einkünfften, welche Ihre Heußer getragen, empfinden.“
Natürlich war auch für den Genuß und die Bequemlichkeit der Meßgäste reichlich gesorgt. In der wohlhabenden Stadt, von welcher es im Sprichwort hieß, daß sie mehr Wein in den Kellern als Wasser in den Brunnen habe, durften in der Regel Fremde keinen Weinhandel treiben.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/016&oldid=- (Version vom 1.8.2018)