vorhandenen Bücher durchgesehen und die, welche etwas wider die katholische Religion enthielten, verbrannt werden sollten.
Daß sich gegen diese, den Buchhandel im höchsten Grade lähmende Bulle Widerspruch und Vorstellungen erhoben hätten, davon verlautet so gut wie nichts. Nur aus Köln wird etwas derartiges berichtet, denn hier war wohl, in Konsequenz des frühern Verhaltens der Universität, eine faktische Durchführung der Vorschriften der Bulle versucht worden. Das Geschäft der kölner Drucker war schon damals ein blühendes, sie gehörten zu den rührigsten und erfolgreichsten Verlegern im Reich. Natürlich war es also, daß sie alle Mittel aufboten, um derartige, den geschäftlichen Verkehr hindernde Censurvorschriften nicht zur Ausführung kommen zu lassen. Am 3. September 1501 bestellten die Buchhändler Ludwig von Renchen, Johann von Solingen, Heinrich von Neuß, Wilhelm von Belle (der schon 1492 die leipziger Messe besucht hatte), Johann von Dorsten, Johann von Landen, Hermann von Bongart, Cornelius von Zürichsee, Peter Vogel, Wilhelm von Aesten, Christian von Nürnberg, Heinrich Friese, Dietrich von Berse und Gerhard von Amersford den Propst der Peterskirche zu Goslar, Magister Reinarus von Stockede, den römischen Prokurator Desiderius de Angariis und den Dr. jur. Ludolf ten Broick von Steinwich zu ihren Bevollmächtigten und Sachwaltern, um in Rom gegen das Vorgehen des Offizials Heinrich von Irlen und des Fiskalprokurators Urban von Vierssen zu appellieren. Über den Ausgang dieses Prozesses ist indessen nichts bekannt.
Im übrigen Deutschland beachtete man diese Verfügungen wohl wenig, oder fügte sich äußerlich, leistete aber passiven Widerstand, der bei dem Mangel an Exekutivmitteln und solange der Staat der Kirche nicht hilfreich zur Seite trat in den gewöhnlichen Fällen auch half. Die mittelalterliche Kirche und später der mittelalterliche Staat suchten durch Wiederholung und Verschärfung der papierenen Drohungen zu ersetzen, was ihnen an wirklicher Macht fehlte. Daher rühren auch die stets wiederkehrenden Bullen, die spätern kaiserlichen Erlasse und landesherrlichen Verfügungen. Kirche und Staat schritten nur ein, wenn sie ausdrücklich darum angegangen wurden. Die Ketzerei war aber schon in jener, der Reformation, unmittelbar voraufgehenden Zeit so allgemein verbreitet, der Widerspruch und offene Ungehorsam gegen Rom so groß, der Einfluß der Humanisten, namentlich in den gebildeten deutschen Kreisen so
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 531. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/010&oldid=- (Version vom 1.8.2018)