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1551 gehörte dort der größte Teil der Bevölkerung dem Protestantismus an. Kein Verbot und keine Verfolgung des Erzherzogs (spätern Kaisers) Ferdinand[1], der hier seit 1521 regierte, vermochte die tiefgehende Volksbewegung zu unterdrücken, welcher sich außer den Bürgern größerer Städte auch vielfach der Adel angeschlossen hatte. Ferdinand betrachtete die Büchercensur von Anfang an als einen Ausflug landesherrlicher Macht, die Bischöfe und Geistlichen aber nur als seine Delegierten, denen er die Censur geistlicher und weltlicher Schriften lediglich im Staatsinteresse übertrug. Schon 1521 sah er sich veranlaßt, die Lutherschen Schriften zu verbieten und die etwa betroffenen dem Feuer zu übergeben. Das von ihm erlassene Mandat vom 12. März 1523 suchte rücksichtslos die Strafen des Wormser Edikts zu erzwingen, und verbot, wie schon im siebenten Kapitel berührt, von neuem sowohl die bereits erschienenen als auch die künftig erscheinenden Schriften Luthers. Jedermann wurde verpflichtet, zur Ausrottung der ketzerischen Schriften mitzuwirken. Den Buchdruckern, Buchführern und Krämern sollten sie mit Gewalt weggenommen, bei versuchter Einfuhr an der Grenze angehalten und vernichtet werden. In den fünf Herzogtümern wurden der Großkanzler und Hofrat an die Spitze der Bücherpolizei gesetzt, ihnen mußte Bericht erstattet werden über die ob Verletzung dieser Vorschriften verhängten Strafen. In Tirol wurden die Mandate gegen Luther und seine, sowie seiner Anhänger Schriften 1524 öffentlich von der Kanzel verkündet und an den Kirchenthüren angeschlagen. Aber hier so wenig, wie anderwärts, trugen derartige Maßregeln die erwünschten Früchte.

Um dieselbe Zeit brach auch in Oberösterreich ein bedeutender Bauernaufstand aus, der nur mit Mühe bewältigt werden konnte. Gegen die Druckschriften der Aufrührer wagte Ferdinand aber, um das Feuer nicht zu schüren, nicht öffentlich einzuschreiten; er befahl deshalb, sie „im Stillen mit gutem Fug und Glimpf einzuziehen“. Die Nachforschung und Überwachung richtete sich demnach „mit aller Vorsicht gegen solche Artikel und Bibeln“; sie sollten weder gedruckt noch handschriftlich verbreitet werden. Die religiöse Bewegung aber erstarkte immer mehr. Bald fanden auch die Schriften der sogenannten Sakramentierer und Wiedertäufer und mit ihnen deren Verfasser Eingang ins Land, so namentlich in Tirol und Mähren. Diese Männer, welche sich apostolische Brüder nannten, waren erfüllt von den höchsten sittlichen Idealen und stellten die strengsten


Fußnoten

  1. Pawel, J., Die litterarischen Reformen des 18. Jahrhunderts in Wien. Wien 1881. S. 13.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 553. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/032&oldid=- (Version vom 1.8.2018)