Anforderungen an sich und andere. In eine Welt voll Sinnlichkeit und Trägheit brachten sie eine Lehre, welche die Entsagung und Selbstverleugnung nicht allein als obersten Grundsatz aufstellte, sondern ihre Vertreter auch Leiden standhaft ertragen ließ und in den Tod trieb.
Ihr Hauptrepräsentant ist Balthasar Hubmaier. Sein tragisches Ende ist bereits im siebenten Kapitel geschildert worden; seine Gattin und zwei seiner Gesinnungsgenossen hatten sein Los geteilt. Aber ungeachtet dieses grausamen Vorgehens ließen sich „die verdammten sektischen Lehren und Opinionen“ nicht so leicht vertilgen. Am 24. März 1528, nur 14 Tage nach der Verbrennung Hubmaiers, äußerte Ferdinand in einem neuen Mandat seinen Unwillen darüber, „daß die Lehre Luthers, Zwingli’s, Karlstadts und Ökolampads noch nicht abgestellt sei, sondern wie augenscheinlich am Tage, je länger je mehr einreiße, wachse und sich mehre“. Auch die Berichte „der ambulanten Visitatores und Inquisitores“ ließen keinen Zweifel darüber bestehen, daß trotz aller Bemühungen die ketzerischen Schriften nicht abgeliefert, sondern eifriger als vorher gelesen wurden. So verordnete Ferdinand denn noch in demselben Jahre, am 24. Juli, daß man Buchdrucker, welche sektirerische Schriften druckten, und Buchführer, die sie verkauften, als Hauptverführer und Vergifter aller Länder bei ihrer Betretung in den Erblanden unnachsichtlich ertränken, ihre verbotenen Bücher aber verbrennen sollte. Zugleich befahl er – sogar 42 Jahre früher als die Reichspolizeiordnung –, daß Buchdruckereien nur in den Hauptstädten der Provinzen geduldet werden sollten und berief in Niederösterreich den Statthalter und Regenten, in den andern Provinzen die Landeshauptleute zu Vollstreckern der angeordneten Maßregeln. Keine Schrift sollte ohne vorläufige Genehmigung von seiten dieser Beamten in Druck gelegt werden. Nicht zufrieden mit dieser Schutzmaßregel, setzte Ferdinand wieder einige Monate später, am 5. November 1528, eine Censurbehörde ein, zu welcher als erstes Mitglied der Bischof und als zweites der Bürgermeister von Wien gehörten. Sie sollte alle zu druckenden und zu verkaufenden Bücher vorher erst einsehen und eventuell zulassen und konnte Übertreter sogar am Leben strafen, auch die Bücher verbrennen lassen. Indessen scheint die neue Behörde gar nicht in Thätigkeit getreten zu sein, wenigstens läßt sich kein Beleg dafür nachweisen.
Im folgenden Jahre, 1529, machte die Gefahr, welche von den bis
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 554. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/033&oldid=- (Version vom 1.8.2018)