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So rücksichtslos und eigenmächtig dieser ehrgeizige Kirchenfürst auch vorzugehen pflegte, so hatte er sich doch vor Erlaß seines öffentlichen Strafmandats vom 4. Januar 1486 der schwächlichen Willfährigkeit des frankfurter Rats zu vergewissern gewußt. Jenem Strafmandat war bereits am 22. März 1485[1] ein Erlaß an den Pfarrer zu St. Bartholomäi, Dr. Konrad Hensel, vorangegangen, ein Erlaß, der sich von jenem Mandat nur dadurch unterscheidet, daß in ihm die vier mainzer Censoren nicht mit Namen genannt sind. In dem deutschen Begleitschreiben vom 24. März, mit welchem Berthold diesen Erlaß von 1485 an Bürgermeister und Rat von Frankfurt übersandte, verlangte er bereits ausdrücklich von diesem die Ernennung jener zwei frankfurter Gelehrten (Doktoren oder Licentiaten), welche in Gemeinschaft mit dem Pleban in der laufenden Messe und später alle zum Verkauf ausgelegten Bücher besichtigen und nach Inhalt jenes Erlasses verfahren sollten. Erst nachdem der frankfurter Rat sich gefügt hatte, erfolgte die formelle Veröffentlichung des sogenannten Strafmandats vom 4. Januar 1486. Erzbischof Albrecht (von Brandenburg) trat dann später mit seinem Mandat von 1517 in Bertholds Fußstapfen. Die aus der Zeit des Reuchlinschen Streites im sechsten und achten Kapitel mitgeteilten Daten beweisen, daß diese mainzer Bücherkommission, wenn man sie schon so nennen will, thatsächlich ungefähr bis zum Jahre 1524 fungiert hat, wenn auch der frankfurter Rat nach Beginn der Reformation den Denunziationen des Pleban Peter Meyer gegenüber taub geblieben zu sein scheint. Die Durchführung der Reformation in Frankfurt dürfte nun zwar der Wirksamkeit dieser mainzer Aufsichtsbehörde unbedingt ein Ende bereitet haben. Aber nur eine verhältnismäßig kurze Spanne Zeit war dem Rat eine freiere Bewegung auf preßpolizeilichem Gebiete beschieden, auch diese oft genug beeinträchtigt durch den seitens mächtigerer Fürsten ausgeübten Druck, wie sich bei Besprechung der sächsischen Censurverhältnisse in einem drastischen Beispiel zeigen wird. Die Errichtung der kaiserlichen Bücherkommission setzte den Rat auf diesem Gebiete bald völlig matt. Die Weiterentwickelung der Censurverhältnisse in Frankfurt durchschlingt sich im übrigen so sehr mit der Geschichte dieser Kommission, daß dieserhalb auf das derselben gewidmete zehnte Kapitel verwiesen werden muß.

Von den übrigen Reichsstädten bedarf höchstens noch Hamburg einer besondern Erwähnung. Hier findet sich die erste lokalgesetzliche Verfügung


  1. Mitgeteilt im Archiv IX, 238 fg.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 581. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/060&oldid=- (Version vom 1.8.2018)