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den fähigsten Politikern ihrer Zeit, geführt, entzündete sie den offenen Kampf, wo er bisher noch nicht gewütet hatte, und brachte unter andern Maßregeln auch eine strenge Bücherpolizei nebst einem Index (verbotener Bücher). Rings um Deutschland herum loderte der Glaubenskrieg. In den Niederlanden erstickte Alba die Bewegung der Protestanten in einem Meere von Blut und ließ ziemlich zu derselben Zeit, als der erste Plan einer Bücherkommission aus der kaiserlichen Hofburg nach Frankfurt gelangte, die Führer Egmont und Horn enthaupten. In Frankreich erlitten 1569 die Hugenotten die letzten Niederlagen im offenen Felde, und drei Jahre später suchten die Guisen ihre hier gewonnene Macht durch die Pariser Bluthochzeit zu befestigen.

In Deutschland fühlte damals keine der beiden Parteien, weder Reformation noch Restauration, weder Augsburger Bekenntnis noch Tridentiner Satzung, besondere Neigung zum blutigen Waffenspiel. Der Kampf wurde also auf geistigem Gebiet eröffnet. Bis dahin war der Protestantismus dadurch im Übergewicht, daß er, was die katholische Kirche so lange versäumt, sich mit durchschlagendem Erfolg des ganzen geistigen Lebens bemächtigt, die Litteratur, die neue humanistische Bildung, Erziehung und Schule ganz in die Hand genommen hatte. Die angesehensten Namen in jedem Zweige der Gelehrsamkeit und Schriftstellerei entstammten in überwiegender Zahl dem Kreise der Protestanten und zu ihrem Publikum gehörte so ziemlich die ganze geistige Aristokratie der Nation. Seit den sechziger und siebziger Jahren entsteht eine Art Gegenwirkung, der Jesuitismus fängt an, mit den Mitteln der neuen Zeit zu arbeiten, seinem Prinzip gemäß, ganz anders wie die Mönchsorden, die von Welt und Wissenschaft schließlich nichts mehr wußten. An Talenten, Kenntnissen, schlagfertiger Dialektik fehlte es ihm nicht, und in dieser Richtung erschien er jetzt auf dem Kampfplatze, den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen.[1]

Erleichtert wurde den Jesuiten dieser Kampf und der endliche Sieg durch zwei Umstände: einmal durch den Haß und die steigende Erbitterung, mit welcher die „rabies theologica“ der Lutheraner und Reformierten sich untereinander verfolgten und zerfleischten, dann aber durch die weltliche Macht, welche wohl oder übel ihnen ihren Arm lieh oder gar leihen mußte. Es war kein Geringerer als der deutsche Kaiser selbst, welcher, wie sich das im Laufe dieser Darstellung zeigen wird, im


Fußnoten

  1. Häußer, L., Geschichte des Zeitalters der Reformation. Berlin 1868. S. 478.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 609. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/002&oldid=- (Version vom 1.8.2018)