unleidlichen Mißbrauch und der täglich mehr überhand nehmenden Unordnung“ ein Ende zu machen beschloß. So ernannte er denn am 15. März 1608 eine neue Kommission, welche aus drei Mitgliedern, nämlich dem bereits in Thätigkeit befindlichen Domdechanten Dr. Valentin Leucht, dem Lic. theol. Georg Erstenberger von Freyenthurm und dem Lic. juris Karl Seiblin, dem Amtsnachfolger von Vest in Speyer, bestand. Ihre Aufgabe sollte darin bestehen:
- 1) die Visitation „fruchtbarlich“ wieder einzurichten (wie? wird nicht gesagt);
- 2) die auf allen Messen in großer Menge herauskommenden hochverbotenen Famosschriften gänzlich abzuschaffen (zu unterdrücken), damit dem Kaiser und dem heiligen Reich kein Schaden geschehe;
- 3) nur die von der zuständigen Obrigkeit censierten und mit den Namen des Verfassers, des Druckers und Druckorts versehenen Bücher zuzulassen, zu welchem Zweck jeder Drucker, ehe er sein Gewölbe oder seinen Laden öffnen dürfe, die erforderlichen Nachweise, Privilegien und Druckerlaubnis beibringen müsse;
- 4) mit Hilfe von Bürgermeister und Rat diejenigen Bücher zu konfiszieren, welche zwar das kaiserliche Privilegium oder die Worte „cum gratia et privilegio“ auf dem Titel trügen, allein ein solches nicht ausgenommen hätten und dadurch nicht allein „die kaiserliche Reputation lädirten, sondern sich auch den gebührenden Taxen entzögen“;
- 5) dafür zu sorgen, daß die katholischen Bücher, die bisher oft in den Meßkatalogen ausgelassen worden seien, regelmäßig eingetragen würden;
- 6) darauf zu achten, daß die Reichskammergerichts-Geheimnisse, Relationen und Vota nicht ohne ausdrückliche vorherige Genehmigung gedruckt, öffentlich feil gehalten und überhaupt geführt würden; sowie endlich
- 7) von allen privilegierten Büchern die dem Kaiser schuldigen Exemplare (damals zwei) und von den nichtprivilegierten ein Exemplar einzufordern und einzusenden.
Auf Ansuchen der Kommissarien veröffentlichte der Rat den Inhalt des kaiserlichen Erlasses in einem Anschlage vom 13. September 1608, weigerte sich aber, ihre Visitation der Buchgasse am 20. September zu gestatten, da sie ihre kaiserliche Bestallung nicht vorlegen wollten. Erst als sie diesem durchaus berechtigten Verlangen nachgekommen waren, lieh ihnen der Rat seinen Arm zur Ausübung der Pflichten ihres Amts.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 620. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/013&oldid=- (Version vom 1.8.2018)