der Wahrheit umgehen, aber doch dieser neue Fund und gefährliche conatus den vorigen Reichsordnungen, wie auch dem Religionsfrieden und altem Herkommen stark zuwider, auch keineswegs zu leiden, daß diese angemaßte papistische Visitation und Censur der Bücher in einer freien offenen und dem ganzen Reich gemeinen Messe und Emporio ohne der sämmtlichen Stände Wissen und Willen eingeführt und eine neue Beschwerlichkeit den Bücherschreibern und Druckereien, so den Oberen und Herrschaften selbsten aufgetragen werde, welches dann alle evangelischen Kurfürsten und Stände, dero Kirchen, Schulen und Universitäten mit einander berühren und angehen will. Also haben wir vor eine hohe Nothdurft erachtet, solche Ding dero Wichtigkeit nach mit E. L. und anderen, der Augsburgischen Confession Genossen freundlich zu communiciren und dero verständiges Bedenken hierüber zu vernehmen, wie dieser Neuerung und Praktik sowohl bei dem Kayserlichen Hof mit gebührlichen Widersprüchen zu begegnen, als auch bei der Stadt Frankfurt deren Execution zu verhindern.
„Und mehr unsers unvorgreiflichen Ermessens nicht undienlich, daß inmittelst und vor allen Dingen unseren allerseits angehörigen Bibliopolis befohlen würde, da ihnen in künftiger Meß dergleichen neuerliche Dinge von obgedachten Commissariis zugemuthet und abgefordert würden, daß sie nichts einzuwilligen hätten, sondern mit gutem Glimpf und Bescheidenheit sich zu entschuldigen, daß sie weder Famosschriften noch einige andere Bücher ohne genugsam vorhergehende Adprobation (nach Ausweis der Reichsordnung) ihrer Herrschaften jemals gedruckt, daß ihnen auch dieses Alles ohne deren Vorwissen und Bescheid um Verhütung allerhand Eingangs und Praejudicii willen nichts handeln gebühren will, und dagegen, daß die Stadt Frankfurt gegen den Einen oder den Andern exequendo etwas vornehmen sollte, im Namen seiner Herrschaft protestieren thäte, welches wir E. L. freundlich nicht bergen wollen.“
Wenn bisher irgend ein Staat durch sein laues und selbst häufig feindliches Verhalten das gemeinschaftliche kräftige Handeln der Protestanten unmöglich gemacht hatte, so war es Kursachsen, die erste lutherische Macht im Reiche; ja es schien in der gleichgültigen Kälte gegen die Gefährdung protestantischer Rechte, in dem engherzigen Verfolgungsgeiste gegen alles nicht starr Lutherische einen wenig beneidenswerthen Ruhm zu suchen. Diesmal aber ging Kurfürst Christian II., wenn
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 632. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/025&oldid=- (Version vom 1.8.2018)