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Druckerpresse ersetzen und thatsächlich Auflagen von 1000 und mehr Exemplaren zur Römerzeit vorkamen.[1] Eine ausdrückliche Anerkennung des Urheberrechts finden wir im Altertum und speziell bei den Römern nicht. Daraus würde sich freilich nicht ohne weiteres schließen lassen, daß das Römische Recht demselben überhaupt unter keiner Form einen Schutz hätte angedeihen lassen – reichte doch die actio injuriarum ex generali edicto zur Ahndung jeder Verletzung des Urheberrechts aus; allein man hat auch andere Momente geltend gemacht, aus denen sich das Fehlen eines Schutzes des Autorrechts ergeben soll.[2] Wie dem aber auch sein mag, gleich nach Erfindung der Buchdruckerkunst stand der Nachdruck in höchster Blüte. Das zeigen unter anderm die Notschreie des Erasmus[3] und Luthers.[4] Sie beklagen sich darüber, daß die Handschriften und eben gedruckte Exemplare verkäuflicher Werke aus den Druckereien gestohlen und dann nachgedruckt würden, und zwar in der liederlichsten Weise. Daß dem Nachdruck nach dem bestehenden Recht entgegengetreten werden könnte, wird in keiner dieser Expektorationen ausgesprochen. Doch verbindet sich mit diesen Klagen das Verlangen nach einem Schutz der Autoren und Verleger gegen den Nachdruck. Und zwar stellen diese entweder ganz im allgemeinen das Ansinnen an die Obrigkeit, Mittel und Wege ausfindig zu machen, daß die Früchte ihrer Arbeit nicht andere sich aneigneten, oder sie verlangen den speziellen Erlaß, daß bestimmte Werke oder auch alle von einem Verleger herausgegebenen von keinem andern während eines gegebenen Zeitraums nachgedruckt werden dürften. Die öffentliche Gewalt ließ ihren Schutz in der zuletzt erwähnten Gestalt eintreten. Es geschah dies vermittelst Privilegien, welche einem Schriftsteller, einem Buchhändler, oder einem Buchdrucker erteilt wurden. Es kommen solche bereits im 15. Jahrhundert vor und zwar ist das älteste dem Wortlaute nach bekannte ein venezianisches, nämlich das Privilegium, welches die Republik Venedig dem Kanonisten Petrus von Ravenna für sein „Phoenix“ genanntes Werk unter dem 3. Januar 1491 erteilte.[5] In Deutschland ist das Vorkommen von solchen erst für den Anfang des 16. Jahrhunderts sicher verbürgt, wennschon eines von Reichs wegen im Jahre 1498[6] und eines von einem Territorialherrn im Jahre 1490[7] erteilten Privilegiums Erwähnung geschieht.

Die deutschen Privilegien sind teils von der Reichsgewalt, teils von


Fußnoten

  1. Plinii epistolae 4, 7, 2: Eundem (scil. librum) in exemplaria mille transcriptum per totam Italiam provinciasque dimisit.
  2. Marquardt in seinem und Mommsens Handb. der röm. Altertümer. VII, 2. S. 805 fg. Die bloße Thatsache, daß die Werke des einen und andern Schriftstellers gegen dessen Willen von andern vervielfältigt und verwertet worden sind, beweist doch nicht, daß dies nicht als Rechtsverletzung angesehen worden wäre, und daß es dagegen keine Remedur gegeben hätte.
  3. Erasmus, Brief an Bilibald Pirckheimer d. 27. Jan. 1522: Ubi quid novi operis prodit, quod putent fore vendibile, mox unus atque alter suffuratur ex ipsius Frobenii officina exemplar, excudit ac venditat minimo. Interim Frobenius immensam pecuniam impendit in castigatores, frequenter et in exemplaria. (Erasmi opera T. III. Lugd. Bat. 1703. p. 707.) Umgekehrt war das bei dem (aus dem Fehlen eines Schutzes des Autorrechts hevorgehenden) Mangel eines Schutzes der Verleger mögliche Verfahren des Erasmus, verschiedene vermehrte resp. veränderte Ausgaben seiner Werke bei verschiedenen Buchhändlern erscheinen zu lassen, bevor die Exemplare der frühern Ausgaben vergriffen waren, nicht nur eine arge Unbilligkeit gegen die Verleger, sondern auch geradezu eine Kalamität für das Bücher kaufende Publikum. Vergl. darüber die Notiz von Albr. Kirchhoff, Beiträge zur Gesch. des deutschen Buchhandels. I, 56 fg. Anm. *.
  4. Luther in „Vorrhede und vermanunge an die Drucker“ vor der „Auslegung der Episteln und Evangelien von der heyligen drey könige fest bis auff Ostern“ 1525. Der hier wesentliche Teil des Inhalts ist bereits im siebenten Kapitel wiedergegeben worden.
  5. Das Privilegium ist abgedruckt in St. Pütter, Beyträge zum deutschen Staats- und Fürstenrecht. I, 251 fg.
  6. Nach den Angaben von Ludewig in den gelehrten Anzeigen. Halle 1749. III. S. 78, trägt die Jahreszahl 1498 ein Privilegium, welches von dem „kayserlich verordneten Generalsuperattendenten der Druckereyen im heiligen Römischen Reiche“ Doktor Jakob Ößler ausgefertigt worden. Vergl. St. Pütter, Der Büchernachdruck. S. 174. Gegen die Richtigkeit dieser Notiz macht jedoch Hoffmann, Von denen ältisten Kayserlichen und Landesherrlichen Bücherdruck- oder Verlag-Privilegien, 1777, S. 53–58 sehr gewichtige Bedenken geltend.
  7. Rössig, Handbuch des Buchhandelsrechts, Leipzig 1804, S. 240, gibt an, daß im J. 1490 der Bischof Heinrich von Bamberg ein Privilegium für ein Missale der Bamberger Kirche erteilt habe.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 737. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_11.djvu/002&oldid=- (Version vom 1.8.2018)