Seite:Gesetz der Energieverteilung im Normalspectrum.pdf/3

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nur abhängt von ihrer Gesamtenergie und deren Aenderungen, nicht aber von der Energie der einzelnen Resonatoren. Dieser Satz führt wiederum mit Notwendigkeit zum Wien’schen Energieverteilungsgesetz. Da nun aber letzteres durch die Erfahrung nicht bestätigt wird, so ist man zu dem Schlusse gezwungen, dass auch jener Satz in seiner Allgemeinheit nicht richtig sein kann und daher aus der Theorie zu entfernen ist.[1]

     Es muss also nun eine andere Bedingung eingeführt werden, welche die Berechnung von gestattet, und um dies zu bewerkstelligen, ist ein näheres Eingehen auf die Bedeutung des Entropiebegriffes notwendig. Für die Richtung des dabei einzuschlagenden Gedankenganges giebt der Hinblick auf die Unhaltbarkeit der früher gemachten Voraussetzung einen Fingerzeig. Im Folgenden wird nun ein Weg beschrieben, auf dem sich ein neuer einfacher Ausdruck der Entropie und damit auch eine neue Strahlungsformel ergiebt, welche mit keiner der bisher festgestellten Thatsachen in Widerspruch zu stehen scheint.


I. Berechnung der Entropie eines Resonators als Function seiner Energie.

     § 1. Entropie bedingt Unordnung, und diese Unordnung beruht nach der elektromagnetischen Strahlungstheorie bei den monochromatischen Schwingungen eines Resonators, auch wenn er sich in einem dauernd stationären Strahlungsfelde befindet, in der Unregelmässigkeit, mit der er beständig seine Amplitude und seine Phase wechselt, sofern man Zeitepochen betrachtet, welche gross sind gegen die Zeit einer Schwingung, aber klein gegen die Zeit einer Messung. Wäre Amplitude und Phase absolut constant, also die Schwingungen vollkommen homogen, so könnte keine Entropie existiren und die Schwingungsenergie müsste vollkommen frei in Arbeit verwandelbar sein. Die constante Energie eines einzelnen stationär schwingenden Resonators ist danach nur als ein zeitlicher Mittelwert aufzufassen, oder, was ganz auf dasselbe hinauskommt, als der gleichzeitige Mittelwert der Energien einer grossen Anzahl


  1. Man vergleiche hierzu die Kritiken, die dieser Satz bereits gefunden hat: von W. Wien (Rapport für den Pariser Congress 2. p. 40. 1900) und von O. Lummer (l. c. 2. p. 92. 1900).