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Vater glich, bei uns als Lehrling ein. Infolge seiner Tüchtigkeit übertrugen wir ihm dann vor zwei Jahren die Stelle des zweiten Kassierers, die er bis heute zu unserer vollsten Zufriedenheit verwaltet hat. – So, mein Kind, das wäre in großen Umrissen die Schicksale der Familie Norgard. Nachzuholen ist nur noch, daß die bedauernswerte Witwe meines einstigen Freundes kurz nach der Abreise ihres Sohnes in jenem posenschen Städtchen starb, wo sie sich mit einem kleinen Papierladen kümmerlich, aber ehrlich ernährt hatte.“

Margot strich sich mit einer ihr selbst wohl kaum bewußten Handbewegung das dunkle Haar aus der Stirn.

„Gestatte mir noch einige Fragen, Pa,“ meinte sie nachdenklich. „Bei Deiner Schilderung ist mir zunächst nicht recht klar geworden, weshalb Ernst Norgard die großen Summen unterschlagen hat. Lebte er denn über seine Verhältnisse, hatte er kostspielige Passionen?“

„Nichts von alledem. Dieser Punkt ist überhaupt nie so ganz aufgeklärt worden. Jedenfalls hat der Defraudant aber vor Gericht immer wieder betont, daß er die ehrliche Absicht gehabt habe, die für seine Börsenspekulationen veruntreuten Summen später, wenn seine Projekte geglückt seien, zurückzuerstatten. Erst habe er mit kleinen Beträgen angefangen, die dann aber infolge seines Pechs, mit dem er spekulierte, schnell ins unendliche gewachsen seien. Welche Projekte er jedoch mit Hilfe der im Börsenspiel erhofften Summen verwirklichen wollte, darüber schwieg er sich so beharrlich aus, daß das Gericht diese Angaben für bloße Erfindung hielt und man ihm schließlich vorwarf, er müsse heimlich teuren Lastern gefrönt haben, eine Unterstellung die auch der Staatsanwalt bei der Verhandlung

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)