Seite:Grandison der Zweite 3.pdf/292

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ihn lieben wollte; allein nach seiner Erklärungskunst hat er auch aus diesen Worten etwas vortheilhaftes für sich erzwingen wollen, oder hat sich wenigstens eingebildet, daß sie sich nur verstellte. Ich will zwar nicht leugnen, daß der Herr Magister dieses Frauenzimmer eher geliebt als ich, daran aber liegt ganz und gar nichts, man muß sehen was auf ihrer Seite geschehen ist. Sie hat mir mehr als einmal gestanden, daß Herr Lampert jederzeit das Unglück gehabt hätte, ihr als ein Liebhaber zu misfallen, ob sie ihm gleich übrigens in seinen Würden ließ, auch nicht in Abrede seyn wollte, daß sie sich manchmal an ihm belustigte weil er so witzig wäre, daß kein königlicher lustiger Rath drolligtere Einfälle haben könnte. Da nun also, fuhr er fort, ihr Herz res nullius war, so hieß es nach der juristischen Regel cedit prius occupanti, ich suchte es zu erobern und war hierinne nicht unglücklich. Gegenwärtig gehört es mir zu; Jungfer Hannchen und ich haben einander eine ewige Treue gelobet, ich habe vor einigen Tagen ordentlich durch einen guten Freund bei ihrem Vater um sie anhalten lassen, worauf ich von dem Herrn Pastor Wendelin die Antwort erhalten, daß heirathen ein schweres Werk sey, er wollte mit seiner Tochter die Sache überlegen und erstlich

Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 3. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1762, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_3.pdf/292&oldid=- (Version vom 1.8.2018)