Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 498.jpg

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untersucht[1]. In einer umfassenderen Arbeit (Zs. f. Volkskunde 10, 254–272. 325. 382–396. 438f.) hat dann Polívka das Verbreitungsgebiet dieses Märchens und des verwandten der drei Spinnerinnen (nr. 14) festgestellt; den Ursprung beider sucht er bei den germanischen Völkern, nach deren Glauben Elben und Zwerge das von Frau Holde und Frikke begünstigte Spinnen und Weben treiben. Die fliegenden Spinneweben im Herbst hält der Volksglaube für ein Gespinnst von Elben und Zwergen; schwedisch bedeutet dverg außer nanus auch aranea, dvergsnät ein Spinneweb (J. Grimm, Myth. ³ S. 440). Von den germanischen Völkern drang das Märchen zu den romanischen und slawischen. Noch bestimmter bezeichnet C. W. v. Sydow (Två spinnsagor, Diss. Lund 1909 S. 64) die schwedische Fassung als die ursprüngliche, in der das Mädchen vom Zwerge Handschuhe erhält, mit denen sie Stroh zu Gold spinnen kann, und deutet seinen Namen Titeliture als den Drosselruf.


56. Der liebste Roland. 1856 S. 96.

1812 nr. 56. – Von Dortchen Wild 19. Januar 1812 im Gartenhaus (von Nentershausen). 1819 stilistisch gebessert.

Nach einer andern Erzählung (1812) stecken die zwei bei ihrer Flucht eine Bohne in einen Kuchen, der eben auf dem Herd liegt und backen soll. Als die Stiefmutter aufwacht und ihre Tochter ruft, antwortet die Bohne für diese auf jede Frage und sagt, sie sei in der Küche und koche, so lange aber nur, als der Kuchen noch backt. Als er gar ist, schweigt sie still, da ist ihre Kraft vorbei, und über das Stillschweigen wird die Mutter aufmerksam und findet dann ihre tote Tochter[2]. – In einer weiteren hessischen Fassung (1822) wird das Märchen mit dem von Hänsel und Gretel (nr. 15) verbunden. Die Hexe will das Hänsel, weil es fett ist, töten und kochen; aber Gretel befreit es, und die Kinder


  1. Über das Namenerraten vgl. auch Dähnhardt, Natursagen 1, 195. Chauvin 5, 192¹.
  2. Diese Angaben sind 1822 gestrichen, vermutlich weil die Erzählung gleich nr. 70a (Der Okerlo) auf ein Märchen der Gräfin Aulnoy zurückgeht.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 498. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_498.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)