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Wählerschaft nicht vorstellen und kein Programm entwickeln.

Dieser schneidige vierte war kein Geringerer als der mittlerweile zum Staatsanwalt avancierte Kegelmaier. Als Staatsanwalt war er ganz seinem schneidigen, rücksichts- und herzlosen Naturell entsprechend beschäftigt und hatte sich durch einige schneidig durchgeführte Anklagen einen Namen bei allen gemacht, die glaubten, Schneidigkeit sei die Grundbedingung für einen tüchtigen Stadtvorstand.

Für Kegelmaier hatte sich auch schon ein Wahlkomitee gebildet, bestehend aus einigen Mitgliedern des Veteranenvereins, dessen Mitglied er selbst war und einigen rapiaden sonstigen Bürgern. Der Hauptwahlmacher dieses Komitees war ein gewisser Augenwasserfabrikant, der seine ohnedies schon heisere Stimme vollends ganz heiser schrie.

Zum Vorsitzenden der hiesigen Partei hatte dieses Komitee, unter Führung des Heiseren, auch eine Abordnung gesendet und um Wahlhilfe nachgesucht, wurde aber kurz mit der Bemerkung abgewiesen, daß Kegelmaier viel zu wenig objektiv sei, sich überhaupt zu allem anderen eher eigne, als zum Stadtvorstand und von unserer Seite energisch bekämpft werde.

Nachdem die drei erstgenannten Bewerber ihre Programmreden gehalten, entschieden wir uns für den Regierungsamtmann.

Die sogenannte „gute Gesellschaft“, unter Führung der Deutschen Partei, hob den Landrichter auf den Schild und der hiesige Amtmann wurde der Kandidat der Volkspartei und Weingärtner. Dieser Herr hatte eine

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)