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keine Stätte mehr. Hingegen ist von der untersten bis zur obersten Schulstufe das Deutsche eingeführt. Es wird den Kindern nach der naturgemäßen Art beigebracht; nicht übersetzend, wie bei uns immer noch das Französische, sondern sprechend wie in den Berlitz-Kursen. Wir konnten in Wilna die Früchte einjährigen Unterrichts prüfen. Die Dreikäsehoche plapperten unbefangen drauf los; Mädels dreister als die Jungen; am flottesten die regsamen Jüdinnen. Bei einlaufenden Beugungsschnitzern erscholl das überlegene Gelächter der Besserwisser und flackernde Fingerchen schwirrten empor zur Richtigstellung. Bis zur Entlassungsreife soll die fehlerreine Denksprache erzielt sein.

Schon Hunderte von Volksbildungsanstalten sind auf Grundlage eines zeitgemäßen Lehrplanes errichtet. Auch jüdische. Solche gab es bisher überhaupt noch nicht. In den Chederschulen wurde nur Religion und Hebräisch gedrillt; freilich täglich acht bis zehn Stunden lang. Die Schüler saßen mit den Mützen auf dem Kopfe in der Wohn-, Schlaf- und Kochstube des Lehrers. Man hat in Bialystok allein ihrer 55 festgestellt.

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Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)