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oder Hahn harrt in Sibirien einer dunklen Zukunft entgegen. Die Verschickungsgründe waren in Rußland stets wohlfeil und zumal bei diesen Männern, die nie anders sprachen, als sie dachten, spottleicht zu finden.

„Teile und herrsche“ sagte sich der Russe. So hatte er im Baltenlande die empfänglichen Letten gegen die Deutschen verhetzt. Anarchistische Wühler zogen umher, die Tagelöhner aufreizend gegen die Gutsbesitzer, den Halmlosen auf fettes Hofsland begehrlich machend. Die Revolution brach aus, überall flog den Baronen der rote Hahn aufs Dach. Wir waren zu Gast auf Schloß Neuenburg beim Freiherrn von der Recke. Das Haus ist jedem Deutschen merkwürdig durch die Erinnerung an Elise, die Entlarverin Cagliostros, die Freundin Tiedges, die gefühlvolle Dichterin und gütige Frau. Sein einer Flügel wurde damals vernichtet; seltene Stücke gingen mit ihm in Flammen auf. Noch heute stehen diese Räume halbfertig. Der Krieg hat die Vollendung des Wiederausbaues gehindert. Während es in den anderen Zimmern so typisch nach feinem Tee mit Zitrone duftet, herrscht dort der Geruch alten Brandes und frischer Tischlerarbeit.

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Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/95&oldid=- (Version vom 1.8.2018)