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weniger als heut zu Tage an bestimmte und fest geregelte Formen gebunden: er ruhte einfach auf den Persönlichkeiten und war infolge dessen nicht selten recht gewunden und verwickelt. Selbst untergeordnete Personen konnten Einflüsse ausüben. Nicht die kleinste Schwierigkeit bestand zunächst darin, die Angelegenheit überhaupt nur erst am rechten Orte vorzubringen. Darüber läßt einmal der Tagebuchschreiber der nördlichen Reise seinen Unmut aus: „Welches (scil.: auff was Art man es könnte vorbringen) an allen Orthen das aller mühsamste und verdrisslichste Ding gewehsen ist, da man hat müssen Jungen und solchen Kerln auffwartten, schmeicheln, Gelt offeriren, das sie uns nur an ihre Herren anmelden möchten, welches doch nur der Anfang unser Expedition wahr, und den ging es erst recht an.“ Hie und da kam es selbst mit solchen untergeordneten Leuten zu verdrießlichen Auftritten, wie mit dem ungeschliffenen und widerwilligen Glöckner der lutherischen Kirche in Amsterdam, der sie warten ließ und ihr Schreiben erst nach heftigem Wortwechsel in die Sitzung des Kirchenrats trug, als bereits die meisten Räte weggingen; oder mit dem „Vorträger“[1] des Raths in Magdeburg, der mit seinem leichtfertigen Maul gar von Betteleien sprach und andere „spitzfindige“ Worte führte. – In Wolfenbüttel machte sie das kärgliche Geschenk von einem Thaler aus der fürstlichen Kammer stutzig. Sie meldeten sich nochmals; als man ihr Bittschreiben wieder hervorsuchen wollte, fand man es erst nach langem Suchen: durch Nachlässigkeit der Beamten war es verloren gegangen und dem Herzog nie zu Gesicht gekommen. Nun erst nahm die Sache ihren geregelten Gang und sie erhielten die Zusage einer Collecte. – Nicht selten war die Sache einfach vergessen worden, häufiger wol mit als ohne Absicht. In Lüneburg, wohin sie bereits von Zelle aus ihr Schreiben gesandt hatten und wo auch schon ein Regierungsrescript, das die Collecte anordnete, eingetroffen war, hatte man die ganze Angelegenheit völlig vergessen. Der Bürgermeister „wahr gar ein rauer Man und war ihme nicht recht, das wir solche Dinge erinnerten.“ — Vielfach konnte ihre Sache zunächst gar nicht Erledigung finden, da die Behörde, der die Entscheidung zustand, nicht am Orte sich befand,


  1. Dasselbe, was in Dresden der Ausreuter.