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Bei solchen Handwerken, denen die Befriedigung alltäglicher notwendiger Lebensbedürfnisse oblag, war von vornherein in jeder, auch der kleineren Stadt eine so große Anzahl von Meistern vorhanden, daß sich überall unabhängig von einander selbständige Innungen bilden konnten. Bei anderen Handwerken mag, ähnlich wie bei den mittelalterlichen Bauhütten, die Ausbreitung von gewissen Mittelpunkten, also von einzelnen, besonders größeren Städten ausgegangen sein. In ihnen bildete sich das Handwerk zunächst aus; die Meister derselben versorgten einen weiten Kreis mit ihren Erzeugnissen. Die allmähliche Ausbreitung der Kultur veranlaßte dann Handwerker, sich auch in anderen Städten niederzulassen, sei es, daß einzelne Meister der Mutterstadt ihren Wohnsitz verlegten[1], sei es, daß sich Gesellen anderwärts als Meister niederließen. Um die Vorteile und Rechte der Innungsmeister zu genießen, blieben jene Meister im Verband ihrer alten Innung, schlossen sich vielleicht auch einer etwa schon vorhandenen näher gelegenen Innung, „Lade“, wie man da zu sagen pflegte, an; die Gesellen dagegen, die noch gar nicht zum Meister gesprochen waren, erwarben dort in der üblichen Weise ihr Meisterrecht und hielten sich ebenfalls zu jener Innung. Solche Meister nannte man, obgleich sie auch in Städten wohnen mußten, „Landmeister“[2].

So lange deren Zahl gering war, behielten die Stadtmeister die Oberhand; die Ordnung gilt nur der betreffenden Stadt, ja nimmt meist gar keine Rücksicht auf die Landmeister. Die Vereinigung trägt jedenfalls noch vollständig den Charakter einer Stadtinnung. Solche vereinzelte Landmeister, die an und für sich bei jedem Handwerk zugelassen werden konnten, finden sich in Dresden bei den Innungen, die hier selbst schon einigermaßen stärker, in den Landstädten nur sehr schwach vertreten waren.

Die allmähliche Zunahme der „einbezirkten“ Städte und der in jeder von ihnen vorhandenen Meister verschaffte aber nach und nach den Landmeistern ein größeres Gewicht in der Innung, das nun auch in der Verwaltung zum Ausdruck kommen mußte und


  1. Noch später findet sich in Ordnungen die Bestimmung, daß wegziehenden Meistern das Meisterrecht in ihrer alten Stadt ein Jahr lang vorbehalten blieb.
  2. z. B. Buchb. 1676 § 62, Weißgerber 1728 Receß (JVI. siehe später), Seifens. 1693, im Gegensatz hierzu hießen die anderen „Stadtmeister“, z. B. Buchb. 1676.