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die Kurfürstin-Mutter am 27. März aus Lichtenburg eintrafen, konnte von einem Hofleben wieder die Rede sein. Die Zeitumstände aber, die durch den Frieden von Altranstädt bedingte Aufgabe der Krone Polens, verursachten, daß von dem Prunke, den früher Christian I. und dann auch die Johann George entfaltet hatten, nicht viel zu merken war. Es fanden sogar große Reduktionen des Hofstaates statt, denn am 1. April wurden, wie der Schreibkalender des Hofmarschallamtes mitteilt, alle polnischen Haiducken und am 6. April viele weitere beim Hofstaat angestellte polnische Bedienstete entlassen, am 13. April sogar die Königl. Kapelle wesentlich beschnitten. Während des Sommers war der König abermals oft abwesend in Leipzig, Torgau, Moritzburg, Pillnitz etc., bis endlich im Herbst ein Ereignis eintrat, welches den nach Neuigkeiten ausschauenden Dresdner Einwohnern, obwohl es in einigen Stunden vorüber war, noch lange Zeit Stoff zum Gespräche lieferte. Es war dies der Besuch des Königs Karl XII. in Dresden am 6. September 1707.

Der im Schreibkalender des Königl. Hofmarschallamtes vorhandene Bericht über diesen Besuch lautet: „Am 6. September kamen gegen 4 Uhr Königl. Majestät von Schweden über Vermuten anhero, nahmen bei unseren Königl. Majestäten, ingleichen bei Ihro Hoheit der Königl. Frau Mutter und Königl. Prinzen Abschied und nachdem sie mit Königl. Majestät die Festung umritten hatten, wurden selbige bis an Naundorf unter Lösung 30 Kanonen begleitet“.

Dieser kurze, nüchterne, nur geringe Anhaltspunkte bietende Bericht würde kaum geeignet sein, unsere Aufmerksamkeit auf diesen Besuch zu lenken, wenn dieser nicht durch die verschiedenen Darstellungen, die er erfahren, in allen Geschichtswerken zu einem welthistorischen Ereignis gestempelt worden wäre.

Über die Ankunft des Königs Karl in Dresden besitzen wir ein Dokument, welches von großem Werte deshalb ist, weil es, sofort an Ort und Stelle niedergeschrieben, uns über viele, später verfälschte Nachrichten glaubhaften Aufschluß giebt. Es ist der Thorzettel des „Weißen Thores“ in Dresden vom 6. September 1707, den man als besondere Merkwürdigkeit im Ratsarchive[1] niedergelegt hat und der folgendermaßen lautet:


  1. Ratsakten G. XXVIII. 16.