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Schon seit mehreren Jahren, seitdem der König außer Landes weilte, hatte sich der Bevölkerung eine große Unzufriedenheit mit der Regierung bemächtigt, gegen deren Gebahren es keine Appellation gab. Dem Könige scheint doch einiges darüber zu Ohren gekommen zu sein, denn er beauftragte Anfang des Jahres 1705 den General Johann Reinhold Patkul, seine Ansichten über die innere und äußere politische Lage Sachsens rückhaltlos auszusprechen und ihm darüber zu berichten. Patkul, ein genialer Mensch, mit scharfem diplomatischem Blick begabt, der schon an verschiedenen Höfen Erfahrungen gesammelt hatte, entledigte sich dieses Auftrages, indem er unter dem 8. März 1705 dem Könige eine Denkschrift einreichte, in welcher er kurz folgendes ausführte: Gegenwärtig habe man mit keiner einzigen Macht ein zuverlässiges Bündnis abgeschlossen, man müsse daher vor allen Dingen darauf bedacht sein, sich Allianzen zu verschaffen. Auf Frankreich sei hierbei nicht zu rechnen, dagegen ein Bündnis mit Preußen und Dänemark zu befürworten, obgleich einem solchen Bedenken entgegen stünden, welche indes gehoben werden könnten. Sehr eingehend behandelte er den „korrupten Zustand in Ew. Königl. Maj. Erblanden im Geh. Konseil“. Seit den im Lande vor sich gegangenen Veränderungen – Übernahme der Krone Polens und Abwesenheit des Königs vom Lande – habe dieser Zustand seinen Anfang genommen und wäre an allen fremden Höfen bekannt geworden. Er vergleicht den früheren Zustand des Landes mit dem jetzigen und kommt zu dem Resultat: Während das Land früher reich genannt werden konnte, sei es gegenwärtig so verarmt, daß nicht einmal Geld zum nötigen Bedarf vorhanden wäre, früher angesammelte Kapitalien seien aufgezehrt, sogar darüber hinaus Schulden gemacht worden; aber auch der Kredit des Landes sei so erloschen, daß es schwer halte, auch nur wenige hundert Thaler zu borgen. Fremde zögen ihre Kapitalien zurück, die Einheimischen aber versteckten ihr Geld und gäben es nicht her. Die Administration sei in einem schlechten Zustande, die Justiz werde nicht unparteiisch gehandhabt. Auch wegen der Religion wäre man an den fremden Höfen mißtrauisch geworden. Unter diesen Umständen könne nur eine Radikalkur, eine Umwandlung des jetzigen Regierungssystems, helfen und bessere Zustände herbeiführen[1].


  1. Königl. Bibliothek in Dresden. Manuskr. Q. 121.