Seite:Heft24VereinGeschichteDresden1914.pdf/92

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Eine Reihe von Vorgängen sprechen deutlich für die Bedrängnis im Handwerkerstand. Die Mehrzahl der Meister schaffte das Gesinde und die Gesellen ab, damit sie einesteils für dieselben keine Steuern mehr zu geben hatten und weil es zum andern an genügender Beschäftigung mangelte. Wo bevor in einem Handwerk 60 Gesellen in Arbeit gestanden, waren 1646 nicht mehr denn 8 oder 4 zu finden[1]. Kaum der fünfte Meister könnte noch einen Gesellen beschäftigen, meldeten die Schuhmacher. Eine Zählung[2] zum Zwecke der Stadtverteidigung im Jahre 1632 brachte bei 13 Innungen 244 Gesellen zusammen, wobei die Leinweber meldeten, daß sie bei den schweren Zeiten keine Gesellen fördern könnten.

Größtenteils ließen sich die meisterlosen Gesellen in die kursächsische Armee einstellen und dort unterhalten. Und mancher Innung war der Mangel an Hilfskräften eine erwünschte Entschuldigung, wenn der Kurfürst mit neuen Lieferungsforderungen an sie herantrat.

Mancher Meister, dem schließlich jegliches Betriebskapital mangelte, entschloß sich, als Geselle um Wochenlohn zu arbeiten.

„Mit unserm Handwerk ist es schlecht bewandt, sintemalen wir nichts zu arbeiten haben“ melden die Corduan- und Lederarbeiter[3]; „die Meister bei dieser schweren Zeit sind ganz verarmt, da nichts zu verdienen ist“ klagen die Seidensticker; „unter uns hat mancher Meister nicht einen Stich zu arbeiten“ heißt es beim Schneiderhandwerk[4]. Doch das sind nur wenige Beispiele aus der Menge der vorhandenen Klagen, die auch dann nicht gegenstandslos werden, wenn man absichtliche Übertreibungen zugesteht.

Daß das Entbehrlichste – Kunstgewerbe und Kunst – ganz besonders darniederlag, ist ganz natürlich. Bei den „betrübten Zeiten, durch welche die Leute gänzlich enervieret und erschöpfet worden“, blieben die Aufträge aus. Goldschmiede, Goldarbeiter, Edelsteinschneider, Siegelstecher, Kupferstecher, Bildhauer, Maler, „Kontrafekter“: sie alle mußten „bei ihren herrlichen schönen Künsten samt ihrem Weib und Kindern Not und Gebruch leiden“[5].


  1. G XIX 50o.
  2. XXXV 26a.
  3. C XXXII 3.
  4. G XXV 17c.
  5. Loc. 9838.