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Wenn auch die ansässigen Gewerbtreibenden durch ihren Besitz in der Stadt festgehalten wurden, so entschlossen sie sich doch zu Zeiten, da ihnen bei kümmerlichstem Auskommen auch noch multiplizierte Auflagen zugemutet wurden, zur Abwanderung. Gegen Ende des Krieges, da beinahe nicht ein Vierteljahr ohne neue Steuer blieb, wurde diese Bewegung auffällig. Der Rat konnte unmöglich gleichgültig zusehen, wie so viele ihre schuldenüberladenen Anwesen stehen ließen und davongingen[1], wurde doch dadurch in den Steuerregistern „ein großer Defect causieret.“ Wiederholt sprach er es bestimmt aus, ganz besonders eindringlich dem steuererpressenden Kurfürsten gegenüber, daß es der Rat für seine Pflicht und Schuldigkeit hielte, „die armen Handwerksleute bei dieser Stadt und Festung zu konservieren“ und ihnen zum Wegzug keine Ursache zu geben[2]. Bei geübter Nachsicht würden sie mit der Zeit der willigen Abgaben nicht ermangeln. Dadurch, daß man sich eine möglichst große Zahl von Steuerzahlern erhielt, konnte am ehesten ein Steuerausfall auf irgend einer Seite ausgeglichen werden, und gegen des Rates Ansicht, es wäre besser, von solchen Leuten etwas, als gar nichts zu nehmen, ließ sich entschieden nichts einwenden.

Die Zahl der Lohnhandwerker, Handarbeiter und Tagelöhner verringerte sich in eben der Weise wie die der Gesellen; sie verliefen sich oder tauchten im Lagerleben unter. Schon 1622 wurde über Arbeitermangel geklagt[3]. Rasch hatten sich viele davon überzeugt, daß es lohnendere Beschäftigung als Handarbeit gab: Handel. Allerhand Viktualien, als Butter, Käse, Hühner, Eier, Gänse, auch Leinwand und anderes wurden aufgekauft und auf dem Schubkarren außer Lande (Halle und Böhmen werden genannt) geführt und dort verkauft.

Die andern, die sich noch zur Arbeit gebrauchen lassen wollten, hatten den Teuerungspreisen entsprechend ihre Löhne erhöht. Die Erfahrung hatte gelehrt, daß sie auch bei wohlfeiler Zeit vom hohen Lohn nicht herabzubringen waren, selbst wenn man nach dem Stand des Kornkaufes schöne Taxordnungen ausarbeitete, wie das 1625 und 1646 geschah für Wasch- und Scheuerfrauen, Kärrner, Kutscher, Gras- und Getreidehauer, Kornschnitter, Drescher, Futterschneider,


  1. G XIX 50o.
  2. G XIX 50p.
  3. Loc. 9887.