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Dichter ausgesetzt, der das beste Opernbuch schreibt. Aus diesem Buche wird eine Szene herausgenommen, und diese sollen alle in Paris lebenden fremden und einheimischen Künstler komponieren. Welche Szene von der musikalischen Jury als die beste anerkannt wird, der erhält das ganze Buch und einen Preis von 4000 Franks, wenn nachher seine Oper dreimal mit dem entschiedensten Beifall aller Kenner sowohl, als des ganzen Publikums gegeben wird. Diese Einrichtung soll sich alle Jahre einmal wiederholen. Es können aber nur in Paris lebende Künstler daran teilnehmen. Ich habe an Pixis geschrieben, daß er mir die Szene nachschicken soll. Es fragt sich aber, ob ich Muse finden werde, an dem Wettkampfe teilnehmen zu können, der meine Kollegen in Paris aufregen wird.“

Wir wissen, daß Reissiger nicht dazu kam.

In der zweiten Hälfte des März 1825 siedelte er endlich nach der ewigen Stadt über. Am 15. April 1825 schreibt er aus Rom: „Ich denke einen ganzen Monat noch hier zu bleiben, da es von Nutzen ist, indem ich mir sowohl alte, seltene Werke abschreibe und daraus lerne, als auch viel Gutes höre, was ich weiter zu erläutern mir aufspare. Den Abend verbringe ich in fremden Zirkeln, wie beim Grafen Ingelheim, dem ich etwas vorphantasiere, beim Oberst Löpel, Adjutant des Prinzen Heinrichs[1], bei der Vera, bei Catel usw. und lebe sehr angenehm. Rom ist für Künstler höchst gesellig. Von hiesigen Künstlern zähle ich zu meinem Umgang die Maler Catel, Hänsel, Grahl, Thorwaldsen und Wolff. Lauter herrliche Menschen! Thorwaldsen wohnt in demselben Hause, und ich benutze sein ziemlich gutes Fortepiano; was mir um so schätzenswerter ist, da es hier unter den zu mietenden Fortepianos schreckliche Schlagtastensaiten-Tonkasten gibt. Der hiesige päpstliche Sängerdirektor Baini ist ein Mann von den seltensten Kenntnissen, besonders in der alten Musik. Er hat die Palestrinaschen Kompositionen studiert und dieses System ganz auf die alten, griechischen Tonarten zurückgeführt und ihre Regeln gebildet an den Fingern. Der preußische Legationsrat Bunsen hat mich bei ihm eingeführt, und ich hoffe ihn zu benutzen und mir einigen Aufschluß zu holen. Noch habe ich keine Zeit dazu gehabt, weil ich erst Rom kennen lernen muß. Unterdessen habe ich Studienarbeiten gefertigt und zwei vierstimmige lateinische Psalmen und einen achtstimmigen zweichörigen Psalm komponiert, die ich in Berlin mit Ehren hören lassen kann, wenn sich Gelegenheit dazu bietet oder dem Könige schicken kann. Ich suche wie ein Spürhund nach alter, seltener Musik herum und mache Bekanntschaft mit den alten musikalischen Abbés, welche meistens sammeln. Drei achtstimmige Sachen habe ich schon abgeschrieben und durchstudiert.

Vorgestern bekam ich mein Opernbuch[2]. Gottlob, daß ich's habe. Soviel ich's mir durchsehe, so sehr gefällt es mir immer mehr! Ich werde wohl beim letzten Finale anfangen müssen, welches ungeheuer schwer ist, um nicht zu ermatten. Schreiben Sie Döring einige Worte, um ihm sein Honorar anzuweisen und vertrösten Sie ihn auf einen ausführlichen Brief, wenn ich sein Buch gehörig geprüft haben werde. . . . . . . .

Nach einer Schilderung des große Beschwerden verursachenden Sirokkowindes schreibt Reissiger von seiner Musik: „Ich habe mich wieder in den


  1. Bruder des Königs Friedrich Wilhelm von Preußen.
  2. Der „Ahnen-Schatz“, Dichtung von G. Döring.