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Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/8

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oder Kammermusik zur Stelle mit je zwei Sopran- und Alt-sängern (Italienern), Tenoristen und Bassisten (Italienern und Polen), und überdies den sechs bei der Teilung des Instituts der Singeknaben überwiesenen kleinen Sängern, die zunächst dem Hoforganisten Böhme, nach dessen Tod (1699) aber dem obengenannten Kapellmeister Schmidt mit übergeben wurden. Indessen, die gottesdienstlichen Musiken traten im katholischen Kultus in Dresden überhaupt erst allmählich in Kraft. Einmal, weil die Königlich-Kurfürstliche Kapelle in der ersten Zeit nach ihrer Neuerrichtung meist in Polen, in Krakau und Warschau, war. Ihre Mitwirkung beim katholischen Gottesdienst in Dresden wird urkundlich zuerst im Jahre 1699 erwähnt. Dann, weil August der Starke bei der starken Erregung, die sein Übertritt im Volke hervorgerufen hatte, begreiflicherweise zunächst hinsichtlich der öffentlichen Religionsausübung sehr vorsichtig war[1]. So wohnte er anfänglich in dem für die katholischen Gottesdienste benützten, gewöhnlich den Audienzen auswärtiger Gesandten dienenden Saale im Schlosse, der später als Hauskapelle diente, nur stillen Messen bei. Den Altar hatte man unter dem Thronhimmel errichtet. Den ersten weiteren entscheidenden Schritt tat er erst Ausgang des Jahres 1699, indem er die Schloßkapelle in Moritzburg dem katholischen Kultus einräumen und durch seinen Beichtvater, den P. Carlo Maurizio Vota, weihen ließ. Umgeben von einem glänzenden Hofstaat, beging er daselbst am 15. Dezember das Weihnachtsfest. Er wohnte den Metten wie dem Hochamt bei, empfing am ersten Feiertag das heilige Sakrament des Altars und hörte nachmittags die Vesper. Die nach Moritzburg befohlene Kapelle führte die Musiken aus. Zu dem Datum ist zu bemerken, daß die römische Kirche mit ihren Festen den Protestanten um zehn Tage voran war, weil sie bereits seit 1582 den verbesserten Julianischen Kalender besaß, den jene erst 1700 annahmen. Den verbesserten Kalender druckte „mit königlichen Privilegien“ am 8. November 1699 Thomas Fritsche in Leipzig.

Von jener Zeit an also fand im Moritzburger Schloß öffentlicher katholischer Gottesdienst statt, in dem nun öfter auch die Kapelle die Musiken ausführte. Jedoch schon bald wurde durch den unglücklichen Verlauf des nordischen Krieges, in den sich August der Starke durch die Annahme der polnischen Krone gestürzt sah, die Geldnot im Lande so groß, daß er schließlich Ostern 1707 sämtliche Mitglieder der Kapelle entließ. Zwar kam es dann zu einer teilweisen Zurücknahme der Verfügung, aber sie erstreckte sich nur auf die Instrumentisten, so daß also die Kapelle ohne Sänger war, und das hätte natürlich das Ende der gottesdienstlichen Musik bedeutet, wenn nicht Ersatz geschaffen worden wäre.


  1. Katholischen Gottesdienst abzuhalten, war nur den Gesandtschaften gestattet, und der Zutritt war den Dresdnern strengstens verboten.