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Inzwischen hatte sich aber der katholische Teil der Bevölkerung Dresdens durch Anstellung von Italienern und Franzosen im Hofdienst, wie vor allem auch durch Zuzug vornehmer Polen derart vergrößert, daß der päpstliche Legatus a latere, Monsignore d’Avila, am 29. Oktober 1699 um Einräumung einer Kirche zum katholischen Gottesdienste oder Erbauung eines neuen Gotteshauses erfolgreich vorstellig werden konnte. Der König-Kurfürst ließ daher im Jahre 1708 das in den Jahren 1664-1667 erbaute, mit dem Schlosse verbundene (erste) Komödienhaus am Taschenberg[1] zu einer katholischen Kapelle einrichten, und diese wurde durch seinen schon genannten Beichtvater P. Vota unter Beistand des Kapuziners P. Benigno und des österreichischen Gesandtschaftsgeistlichen der heiligen Dreieinigkeit geweiht. Die Feier, bei der die Kapelle den musikalischen Dienst versah, fand am 5. April, am grünen Donnerstag, statt. Der Orgelchor mit dem etwas vorgebauten Chor für die Kapellknaben und Kapellmusiker lag an der westlichen, dem bald darauf begonnenen Zwingerbau gegenüber gelegenen Seite des Gebäudes, also da, wo früher die Bühne gewesen war, und hier befanden sich auch der Eingang für die Musiker und die Gemächer zur Aufbewahrung der kirchlichen Gegenstände, der Noten und Instrumente, wie nicht minder ein Übungszimmer. Ihrer bevorzugten Stellung entsprechend war den Hoftrompetern und Paukern (ähnlich wie es im Komödienhaus gewesen war) ihr Platz in der ersten Halle der nördlichen Empore eingeräumt worden. Hatte doch der Kurfürst von Sachsen in seiner Eigenschaft als Erzmarschall des heiligen römischen Reiches die Schirmherrschaft über diese uralte Zunft und die „Oberaufsicht in deren Kameradschaft“, und ihre „heroisch-musikalische Kunst“ mußte daher allen Festlichkeiten am Hofe ihren Glanz verleihen. Bei den grotesken allegorisch mythologischen Theaterspielen, Ballettkunststücken und Opernmirakeln, die vom Hofe Ludwigs XIV. Eingang fanden, durften sie ebensowenig fehlen wie bei den Fackeltänzen, Ritterspielen, Büchsenschießen. Feuerwerken, Komödien usw., und die rauschenden Klänge, die schon, wie urkundlich zu belegen ist, die Festgottesdienste in der protestantischen Zeit mit höfischem Pomp zu umgeben pflegten, wurden nun auch in die katholische mit übernommen[2].


  1. Man vergleiche hierzu die Abbildungen in D. Schmid, Die Heimstätten der sächsischen Landestheater, Dresden, Alfred Waldheim & Co., 1919.
  2. Die Hoftrompeter wurden urkundlich zuerst im Jahre 1402 erwähnt. Sie hatten u. a. täglich auch das Tafelsignal zu blasen und taten auch Furier- und Kurierdienste. Im Jahre 1709 gab es 1 Oberhof-, 12 Hoftrompeter und 1 Pauker, 1736 13 Hoftrompeter, 2 Pauker, 1 Trompeter- und 1 Paukerscholaren. Später sank die Zahl auf 7, dann auf 6, zuletzt auf 5 (4 Trompeter und 1 Pauker), die bis in die Mitte der 30er Jahre auch noch in der Königlichen Kapelle Dienst taten. Jetzt werden die Intraden während des Hochamts und beim Tedeum von 2 Hoftrompetern und 2 Trompetern der Kapelle geblasen. Früher blies man noch am Schlusse des Tedeums und noch früher auch noch der Hochämter 8- bis 16 taktige Fanfarenmärsche, wie solche, Zelenka zugeschriebene und als (6) Marcie per la Cavalleria bezeichnete, der Verfasser unter dieses Meisters Noten fand (vergl. Musik am sächsischen Hofe, Band 9). Bis jetzt bliesen die Hoftrompeter auch beim evangelischen Hofgottesdienst zur Eröffnung und am Schlusse des Landtags, u. a. das „Herr Gott, dich loben wir“, und zwar in Hofuniform.