Musik im alten Dresden

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Titel: Musik im alten Dresden
Untertitel: Drei Abhandlungen
aus: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens. Neunundzwanzigstes Heft.
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Erscheinungsdatum: 1921
Verlag: Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens
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Erscheinungsort: Dresden
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[a]
Musik
im alten Dresden.



Drei Abhandlungen.



Mitteilungen
des Vereins für Geschichte Dresdens
29. Heft.





Dresden 1921.
Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens.

[b]

[Deckblatt]
Musik
im alten Dresden.



Drei Abhandlungen.



Mitteilungen
des Vereins für Geschichte Dresdens
29. Heft.





Dresden 1921.
Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens.
[c]


Hellmuth Henklers Buchdruckerei (Johs. Henkler), Dresden-A.


[1]

Die Kirchenmusik
in der Katholischen (Hof-) Kirche
zu Dresden.


Ihre Geschichte und ihre kunst- und kulturgeschichtliche Bedeutung.


Von
Professor Otto Schmid.





Wie wurde mir, als ich ins Innere nun
Der Kirchen trat, und die Musik der Himmel
Herunterstieg, und der Gestalten Fülle
Verschwenderisch aus Wand und Decke quoll,
Das Herrlichste und Höchste gegenwärtig
Vor den entzückten Sinnen sich bewegte!
 (Schiller: Maria Stuart.)

[2]
Vorwort.




Die vorliegende Schrift, die einen gedrängten Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Kirchenmusik in der katholischen (Hof-) Kirche in Dresden bieten will, entstand unter dem Gesichtspunkt, dem Leser vor Augen zu führen, daß es sich in dem Kirchenmusik-Institut, das die Vereinigung künstlerischer Kräfte im Dienste der Pflege der gottesdienstlichen Musik im genannten Gotteshause darstellt, um wertvollen Kulturbesitz handelt.

Die eigenartigen Verhältnisse, unter denen das Institut sich in einem Lande entwickelte, bei dessen begrenztem Umfang die Glaubenstrennung zwischen Herrscherhaus und Volk in erhöhtem Grade ins Gewicht fallen mußte, gaben ihm seinen besonderen Charakter, und dadurch zog es von seinen Anfängen an die Augen der Welt auf sich. Man sieht in der mehr als 200 jährigen Geschichte seines Bestehens aber zugleich an ihm den Ausspruch Goethes sich bewahrheiten, daß „die Gebräuche der römischen Kirche auch dem Protestanten durchaus bedeutend und imposant sind, indem er nur auf das Ernste und Innere, wodurch sie hervorgerufen, das Menschliche, wodurch sie sich von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzen, und also auf den Kern dringend, anerkennt.“ Nicht nur, daß die Schönheit und Poesie des katholischen Kultus auch im protestantischen Teile der Bevölkerung empfunden wurde, stellten in diesen auch im kirchlichen Dienste tätige protestantische Meister aus den Gefühlen der Andacht und Ehrfurcht ihre Kunst. So war es die Musik, die auf diese Weise nicht unwesentlich zur Wahrung des konfessionellen Friedens im Lande beitrug. In ihren Kundgebungen aber wiederum mußte sich als in denen der beweglichsten und anschmiegbarsten Kunst unsres Gefühlslebens der Wechsel und Wandel der künstlerischen wie religiösen Anschauungen und Empfindungen der Zeit in aller Deutlichkeit widerspiegeln, und so birgt auch das Schaffen der Meister, die in Dresden ihre Kunst in den Dienst der katholischen Kirche stellten, wenn nicht „Ewigkeits-“, so doch zum mindesten bleibende kulturgeschichtliche Werte.

     Dresden, 1921.

Der Verfasser.
[3]
I.
Vom Glaubenswechsel Augusts des Starken bis zum Tode Kurfürst Friedrich Augusts II.

Ein Zurückgehen auf die ersten Anfänge der gottesdienstlichen Musiken im Rahmen des katholischen Kultus in Dresden ergibt selbstverständlich, daß sie mit dem Glaubenswechsel des Herrscherhauses zusammenfallen. Eingeleitet hatte ihn der Übertritt Augusts des Starken in Wien am 2. Juni 1697, abgeschlossen aber erst der seines Sohnes und Erben, der in Bologna auf persönliches Eingreifen des Papstes am 27. November 1712 erfolgte.

Die erste Folge des Übertritts Augusts des Starken für die Kunst war die Einrichtung einer protestantischen und einer katholischen Kirchenmusik gewesen. Dementsprechend waren aus der damals aus 32 Personen bestehenden Kurfürstlichen Kapelle, die aus zwei Chören von Sängern und Instrumentisten nebst Trompetern gebildet wurde, zwei Kapellen gebildet worden: die Königlich Polnische und Kurfürstlich Sächsische Kapelle oder Kammermusik und die protestantische Hofkirchenmusik. Doch konnte der letzteren Bestand natürlich nur vorübergehend sein, da sich die protestantische Hofkirchenmusik in der Folge nur noch auf Choralmusik beschränkte und von dem Kapellmeister oder Direktor, den Hof- oder Vize-Hofkantoren, einem oder zwei Organisten, zwei Kalkanten und einem Orgelbauer abgesehen aus 6 Kapellknaben bestand. Indessen ihre Geschichte liegt außer dem Rahmen dieser Betrachtungen. Erwähnung möchte nur finden, daß, wenn die Kapelle nicht in Warschau war, ihr Leiter, Kapellmeister Johann Christian Schmidt (geboren 1664 in Hohnstein, Sächsische Schweiz, gestorben 1728 in Dresden), als Direktor dieser protestantischen Hofkirchenmusik anfänglich ausnahmsweise öfter mit den Kastraten und der Kapellmusik beim evangelischen Hofgottesdienste „eine angenehme und galante Music“ machte. Dieser Gottesdienst aber fand bis zu seiner im Jahre 1737 erfolgten Verlegung in die Sophienkirche in der Schloßkapelle statt.

Für die Kirchenmusiken beim katholischen Hofgottesdienste war also die Königlich Polnische und Kurfürstlich Sächsische Kapelle [4] oder Kammermusik zur Stelle mit je zwei Sopran- und Alt-sängern (Italienern), Tenoristen und Bassisten (Italienern und Polen), und überdies den sechs bei der Teilung des Instituts der Singeknaben überwiesenen kleinen Sängern, die zunächst dem Hoforganisten Böhme, nach dessen Tod (1699) aber dem obengenannten Kapellmeister Schmidt mit übergeben wurden. Indessen, die gottesdienstlichen Musiken traten im katholischen Kultus in Dresden überhaupt erst allmählich in Kraft. Einmal, weil die Königlich-Kurfürstliche Kapelle in der ersten Zeit nach ihrer Neuerrichtung meist in Polen, in Krakau und Warschau, war. Ihre Mitwirkung beim katholischen Gottesdienst in Dresden wird urkundlich zuerst im Jahre 1699 erwähnt. Dann, weil August der Starke bei der starken Erregung, die sein Übertritt im Volke hervorgerufen hatte, begreiflicherweise zunächst hinsichtlich der öffentlichen Religionsausübung sehr vorsichtig war[1]. So wohnte er anfänglich in dem für die katholischen Gottesdienste benützten, gewöhnlich den Audienzen auswärtiger Gesandten dienenden Saale im Schlosse, der später als Hauskapelle diente, nur stillen Messen bei. Den Altar hatte man unter dem Thronhimmel errichtet. Den ersten weiteren entscheidenden Schritt tat er erst Ausgang des Jahres 1699, indem er die Schloßkapelle in Moritzburg dem katholischen Kultus einräumen und durch seinen Beichtvater, den P. Carlo Maurizio Vota, weihen ließ. Umgeben von einem glänzenden Hofstaat, beging er daselbst am 15. Dezember das Weihnachtsfest. Er wohnte den Metten wie dem Hochamt bei, empfing am ersten Feiertag das heilige Sakrament des Altars und hörte nachmittags die Vesper. Die nach Moritzburg befohlene Kapelle führte die Musiken aus. Zu dem Datum ist zu bemerken, daß die römische Kirche mit ihren Festen den Protestanten um zehn Tage voran war, weil sie bereits seit 1582 den verbesserten Julianischen Kalender besaß, den jene erst 1700 annahmen. Den verbesserten Kalender druckte „mit königlichen Privilegien“ am 8. November 1699 Thomas Fritsche in Leipzig.

Von jener Zeit an also fand im Moritzburger Schloß öffentlicher katholischer Gottesdienst statt, in dem nun öfter auch die Kapelle die Musiken ausführte. Jedoch schon bald wurde durch den unglücklichen Verlauf des nordischen Krieges, in den sich August der Starke durch die Annahme der polnischen Krone gestürzt sah, die Geldnot im Lande so groß, daß er schließlich Ostern 1707 sämtliche Mitglieder der Kapelle entließ. Zwar kam es dann zu einer teilweisen Zurücknahme der Verfügung, aber sie erstreckte sich nur auf die Instrumentisten, so daß also die Kapelle ohne Sänger war, und das hätte natürlich das Ende der gottesdienstlichen Musik bedeutet, wenn nicht Ersatz geschaffen worden wäre.

[5] Inzwischen hatte sich aber der katholische Teil der Bevölkerung Dresdens durch Anstellung von Italienern und Franzosen im Hofdienst, wie vor allem auch durch Zuzug vornehmer Polen derart vergrößert, daß der päpstliche Legatus a latere, Monsignore d’Avila, am 29. Oktober 1699 um Einräumung einer Kirche zum katholischen Gottesdienste oder Erbauung eines neuen Gotteshauses erfolgreich vorstellig werden konnte. Der König-Kurfürst ließ daher im Jahre 1708 das in den Jahren 1664-1667 erbaute, mit dem Schlosse verbundene (erste) Komödienhaus am Taschenberg[2] zu einer katholischen Kapelle einrichten, und diese wurde durch seinen schon genannten Beichtvater P. Vota unter Beistand des Kapuziners P. Benigno und des österreichischen Gesandtschaftsgeistlichen der heiligen Dreieinigkeit geweiht. Die Feier, bei der die Kapelle den musikalischen Dienst versah, fand am 5. April, am grünen Donnerstag, statt. Der Orgelchor mit dem etwas vorgebauten Chor für die Kapellknaben und Kapellmusiker lag an der westlichen, dem bald darauf begonnenen Zwingerbau gegenüber gelegenen Seite des Gebäudes, also da, wo früher die Bühne gewesen war, und hier befanden sich auch der Eingang für die Musiker und die Gemächer zur Aufbewahrung der kirchlichen Gegenstände, der Noten und Instrumente, wie nicht minder ein Übungszimmer. Ihrer bevorzugten Stellung entsprechend war den Hoftrompetern und Paukern (ähnlich wie es im Komödienhaus gewesen war) ihr Platz in der ersten Halle der nördlichen Empore eingeräumt worden. Hatte doch der Kurfürst von Sachsen in seiner Eigenschaft als Erzmarschall des heiligen römischen Reiches die Schirmherrschaft über diese uralte Zunft und die „Oberaufsicht in deren Kameradschaft“, und ihre „heroisch-musikalische Kunst“ mußte daher allen Festlichkeiten am Hofe ihren Glanz verleihen. Bei den grotesken allegorisch mythologischen Theaterspielen, Ballettkunststücken und Opernmirakeln, die vom Hofe Ludwigs XIV. Eingang fanden, durften sie ebensowenig fehlen wie bei den Fackeltänzen, Ritterspielen, Büchsenschießen. Feuerwerken, Komödien usw., und die rauschenden Klänge, die schon, wie urkundlich zu belegen ist, die Festgottesdienste in der protestantischen Zeit mit höfischem Pomp zu umgeben pflegten, wurden nun auch in die katholische mit übernommen[3].

[6] Die obenerwähnte Entlassung der Sänger der Kapelle machte für die Übersiedelung des katholischen Gottesdienstes in die neuen Räume aber natürlich die völlige Neubildung eines Sängerchors mit einigen Instrumentisten notwendig, der in seiner Art an die Kantoreien (in Böhmen Litteraten-Chöre) der protestantischen Zeit erinnert zu haben scheint, und in dem man den Ursprung und Anfang des Kapellknabeninstituts vor sich hat. Es wurden aus Böhmen zehn „Cleriker, Musiker oder Kapellknaben“, wie sie verschieden genannt werden, verschrieben. In den Règlements et Ordonnances du Roy pour l’Eglise publique et Chapelle royale 1708 heißt es „Clercs et Musiciens“, und dann weiter in deutscher Übersetzung: „Es wird da sechs Kapellknaben (Clercs Musiciens) geben, gut gekleidet, die man aus den Kirchen von Graupen (Kraupena) und Leitmeritz in Böhmen heranzuziehen versuchen wird, die den Altar und die Kaplane (Chappellains) bedienen und die Messen und Musikvespern singen sollen. Es wird aber noch vier andere Kleriker (Clercs) geben, die den Altar bedienen und Instrumente nach Noten spielen sollen, unter einem Meister der katholischen Musik, wohl vertraut mit der figurierten wie der italienischen Musik. Dieser wird alle und alle Tage eine festgesetzte Stunde in der Musik unterrichten. Einer der Kaplane wird ihnen außerdem eine Stunde in der lateinischen Sprache geben, ihnen die nötige Erziehung zuteil werden lassen und die Ordnung beibringen, der sie beim Ausgehen sich zu unterwerfen haben; alles unter den Anordnungen des Direktors der Königlichen Kapelle. Diese Kapellknaben und Instrumentisten, die in den folgenden Jahren als 1 Organist, 1 Bassist, 2 Violinisten, 1 Tenorist, 2 Altisten und 2 Diskantisten spezialisiert, später vollzählig als 10 (4 Knaben, 2 Sänger und 4 Instrumentisten) außer dem Musikmeister und Organisten erscheinen und „königliche kostbare Liverey“ trugen, aber ebensowenig wie der Direktor namhaft gemacht werden, unterstanden der besonderen Leitung und Aufsicht eines geistlichen Herrn, zuerst des P. Elias Broggio, und mit ihm wieder der Oberaufsicht eines vom König-Kurfürst berufenen Chefs, zunächst des wiederholt genannten P. Vota, welcher der Präfekt der katholischen Missionen in Sachsen war. Wohnung, Unterhalt usw.[4] erhielten sie im geistlichen Haus am Taschenberg, das, neben der späteren Hofkonditorei, unmittelbar am Verbindungsgange zwischen dem Prinzenpalais und Schloß gelegen war. Es gehörte damals [7] dem Geheimen Sekretär Albert von Gerven, wurde aber dann dem letzteren angeschlossen. Später übersiedelte mit den geistlichen Herren das Institut in das alte Brühlsche Palais, an dessen Stelle jetzt das Ständehaus steht. Von dort kamen zunächst (1819) die geistlichen Herren in das geistliche Haus in der Schloßgasse (jetzt Schloßstraße 32), der „Kapellanerchor“ wurde jedoch dahin erst im Jahre 1821 (laut Aktenstück vom 3. September) verlegt, um dort „mit den Beichtvätern gemeinschaftliche Ökonomie zu führen“; wie denn das geistliche Haus das „Beichtväterhaus“ genannt wurde.

Auf die Schwierigkeiten der Beschaffung stimmbegabter Knaben katholischen Bekenntnisses in alten Zeiten wirft ein kennzeichnendes Licht, was w:J. A. Hiller in seinen Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrter und Tonkünstler (1784) aus der Jugendzeit des Violinvirtuosen Franz Benda erzählt. Aus Altbenátek in Böhmen stammend, wurde Benda wegen seiner schönen Stimme den Benediktinern an der St. Nikolauskirche in Prag im Jahre 1719 förmlich entführt, 1½ Jahre später unternahm er aus Dresden einen regelrechten Fluchtversuch, der zwar verhindert wurde, auf dem er aber auf der Elbreise seinen schönen Sopran verlor. Da sich dieser jedoch nachmals in einen nicht minder schönen Alt verwandelte, fand er, in die Heimat zurückgekehrt, gern Aufnahme erst im Jesuitenseminar, dann in dem Chor der Kreuzherren in Prag.

Die auf diese Weise gesicherten Aufführungen in der Hofkapelle, die vom Jahre 1719 an noch besondere Anteilnahme bei dem Kurprinzen und seiner ebenso kunstsinnigen wie frommen Gattin Maria Josepha fanden, erlangten bald ihren Ruf. Schon im Jahre 1723 schrieb Iccander (w:J. C. Crell) im „Königl. Dresden“: „Die Römisch-Catholischen halten ihren Gottesdienst in der aus dem ehemaligen Opernhaus mit 3 schönen Altären, Cantzel, Taufstein und Chor aufgerichteten Kapelle, hinterm Taschenberge, unter vortrefflich annehmlicher Music, Sonn- und Feyertags unausgesetzt.“ Im Jahre 1744 berichtet C. E. Schram in seinem Europäischen Reiselexikon (Leipzig): „Die vortreffliche Music von der Königlichen Kapelle (in der katholischen Hofkirche) bezaubert die Ohren der Hörer.“ Der Dienst war anfänglich, als die obenerwähnte Chor und Instrumentistenvereinigung ihn zu versorgen hatte, wie es scheint, ein beschränkter: um 10 Uhr Sonntags war gesungenes Hochamt, um 2 Uhr folgten die Katechisationen mit den Kindern und darauf die Vesper mit Musik. Dann stieg er mit den Jahren, da außer den Sonntagen sehr viele Heiligentage und andere Kirchenfeste gefeiert wurden. Der damalige Altar- und Responsoriengesang war wie heute, natürlich in der Hauptsache dem römischen Antiphonarium, Graduale, Psalterium, Breviarium und Missale, also dem gregorianischen Kirchengesange entnommen[5]. Doch sind [8] namentlich in den schönen vier- und fünfstimmig bearbeiteten Responsorien, die auch heute noch gesungen werden, nicht unwesentliche Abweichungen bemerklich, deren Verfasser leider unbekannt geblieben ist. Die vierstimmigen Hymnen, die früher bei der Vesper vor dem Magnifikat ausgeführt wurden und die natürlich je nach dem Kirchenfeste im Texte verschieden waren, rührten von Giuseppe Antonio Silvani, Kapellmeister an der Basilika St. Stephan in Bologna, her (vgl. Fürstenau). Auch die vierstimmigen Responsorien, welche damals und noch zu Fürstenaus Zeiten in der Karwoche am Mittwoch, Donnerstag und Freitag nachmittags gesungen wurden, waren von ihm[6]. Wahrscheinlich wurden früher bei demselben Gottesdienst zeitweilig auch seine Lamentationen aufgeführt, während diese, wie jetzt, für gewöhnlich nach römischer (gregorianischer) Weise gesungen wurden. Indessen gehörte es damals zu besonders ehrenvollen Aufgaben für Kirchenkomponisten, selber die Responsorien und Lamentationen für die Metten (Nachmittagsgottesdienste) in der Karwoche zu schreiben, und so finden sich wie anderwärts auch in Dresden solche Werke vor, die mitunter zur Aufführung kamen, wie beispielsweise diejenigen eines Zelenka, von dessen Bedeutung später noch die Rede sein wird. Am Karfreitag oder Karsonnabend, bisweilen sogar an beiden Tagen, wurden gewöhnlich Oratorien aufgeführt, das erste urkundlich erwähnte war 1730 Antonio Caldaras „Morte e sepoltura di Christo“ (Text von Francesco Fozio). Doch meint Fürstenau, es sei anzunehmen, daß schon viel früher solche Aufführungen stattgefunden hätten. 1731 folgte Zelenkas „Gesù al Calvario“ (Text vom Chevalier Boccardi), 1732 Giov. Alb. Ristoris „La Deposizione della Croce“, und von 1734 an beherrschte dann Hasse, beginnend mit dem Cantico di tre Fanciulli, das Repertoire. „Le virtù appiè della croce“ erschien 1737, „Il Giuseppe riconosciuto“ (Text von Metastasio) 1741, „I Pellegrini al sepolcro di nostro salvatore“ (Text vom Hofpoeten Stef. Pallavicini) 1742, „La Deposizione della croce di Ges. Chr. Salvadore nostro“ (Text von Pasquini) 1744, „Sant’ Elena al calvario“ (Text von Metastasio) 1746, „La conversione di S. Agostino“ (Text von der Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis) 1750 usw. Oratorien anderer einheimischer Komponisten kamen nur ausnahmsweise zur Aufführung, so Zelenkas „I penitenti al sepolcro“ (von Pallavicini)[7].

Die Leitung der Kirchenmusiken beim katholischen Gottesdienst hatte anfänglich allein in den Händen des 1717 zum Oberkapellmeister [9] ernannten Joh. Chr. Schmidt geruht, den aber vom Jahre 1720 an der an der inzwischen aufgelösten italienischen Oper neben Antonio Lotti (1718 – 19) tätig gewesene Joh. David Heinichen unterstützt hatte. Heinichen war ein in allen Künsten der Harmonie und des Kontrapunkts wohl erfahrener gelehrter Musiker, doch keineswegs im Unklaren über die Bedeutung des damals neuen melodischen Stils und betätigte sich, obwohl Protestant – wie Schmidt – für den Kirchendienst auch als Komponist von Messen und (2) Requiems. Nur machte der Gesundheitszustand des an der Schwindsucht Leidenden bald seine Vertretung nötig, die der aus Launowitz in Böhmen stammende Joh. Dismas Zelenka übernahm, der auch als erster musikalischer Erzieher der Kapellknaben (Kapellknaben-Instruktor) angenommen wird. Im Jahre 1710 als Kontrabassist in die Kapelle gekommen, hatte Zelenka zwei Jahre später durch eine für den Cäcilientag komponierte Messe (G-Dur) als Komponist die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und war in dieser Eigenschaft, wohl auch auf Fürsprache seines Dresdner Gönners, des Statthalters Fürsten Egon von Fürstenberg, der Förderung durch den König-Kurfürst teilhaftig geworden. Von diesem nach Wien gesandt, hatte er dort den Unterricht Joh. Jos. Fuxs genossen, und „damit er Alles lerne und nicht nur nach meiner Maniera arbeite“, riet dieser, den gelehrigen Schüler auch noch nach Italien gehen zu lassen. Die Gelegenheit bot sich, als sich der Kurprinz im Herbst 1716 dahin begab. Dort scheint Zelenka Schüler Antonio Lottis gewesen zu sein, dem er dann, nachdem dieser (1717) nach Dresden berufen worden war, daselbst wieder begegnen sollte. Im Jahre 1723 hatte Zelenka in Prag einen besonderen Erfolg mit einem aus Anlaß der Krönung Karls VI. zum König von Böhmen komponierten Melodrama de Sancto Wenceslao, und auf noch bestehende Beziehungen dahin, wo er früher in Freiherrlich v. Hartigen Diensten gestanden und auf dem Jesuitenkollegium Clementinum seine Erziehung genossen hatte, lassen auch für dort geschriebene Instrumentalkompositionen schließen. In Dresden wollte ihm das Schicksal nicht recht wohl. Als er sich im November 1733 – August der Starke war am 1. Februar aus dem Leben geschieden – um die seit Heinichens im Jahre 1729 erfolgten Tod noch offene Kapellmeisterstelle bewarb, war die für das künstlerische Leben Dresdens entscheidende Wandlung schon im Gange, die Berufung Hasses und seiner Gattin. Die Bewerbung Zelenkas blieb erfolglos. Sie stützte sich auf die Begründung, er habe nach seiner Rückkunft von Wien (1719) nächst dem Kapellmeister Heinichen die „Königliche Kirchen-Music viele Jahre lang mit besorgt, nach dessen Absterben aber dieselbe meistens allein componiret und dirigieret, derowegen auch um die dabey benöthigte fremde Musicalien zu erlangen und selbige nebst seinen eignen copiren zu lassen, fast die Helffte seines bisherigen Tractements zu seinem großen Schaden aufwenden müssen“. [10] Erst im Jahre 1735 hatte der Bittsteller wenigstens die Genugtung, daß ihm durch Königliches Reskript vom 17. September das Prädikat Kirchenkomponist zuerkannt wurde[8]. Freilich ohne die Gehaltszulage, die dem gleichzeitig als solchen angestellten bis dahin kurprinzlichen Waldhornisten Tobias Butz bewilligt wurde, ihm aber erst im nächsten Jahre auf nochmalige Bitten und Vorstellungen hin. Sein Jahresgehalt erhöhte sich damit auf 800 Taler, d. h. auf eine im Vergleich mit der damaligen Bezahlung vieler Virtuosen der Kapelle (1200 Taler) bescheidene Summe. Anscheinend nur seinem Dienst und seinem Schaffen lebte der Meister, den seine Zeitgenossen nach Fürstenau als verschlossenen bigotten Katholiken schildern, dabei aber als ordentlichem, stillem und bescheidenem Mann die größte Achtung zollen, unbeweibt, bis er am 23. Dezember 1745 an der Wassersucht starb, also just in der Zeit, in der nach der Kesselsdorfer Schlacht (15. Dezember) Friedrich der Große mit seinen Preußen Dresden besetzt hatte. Zuletzt gewohnt hatte er laut Kirchenzettel „in Herrn (Täschnermeister) Fladens Hause in der Kleinen Brüdergasse“, das 1767 in den Besitz des Hofes überging und, nach dem Brand des Nebenhauses (1849 oder 1850) mit dem Prinzenpalais vereinigt, an die kleine zum Taschenberg führende Gasse zu stehen kam. Die Beerdigung Zelenkas fand am 24. Dezember auf dem im Jahre 1721 in Neu-Ostra angelegten, jetzt dem Stadtkrankenhaus gegenüberliegenden inneren katholischen Friedhof statt. Damals war es das Brühlsche Garten-, spätere Marcolinische Palais, das auf diesen herniederschaute. –

Die Kirchenwerke Zelenkas, der am Hofe zum mindesten anfänglich an der Kurprinzessin Maria Josepha[9] eine getreue und gnädige Beschützerin gehabt zu haben scheint, zählt Fürstenau auf und hebt mit Recht rühmend unter ihnen hervor ein düsteres Miserere (komponiert 1722), für den Aschermittwoch bestimmt, die Responsorien für die Exequien Augusts des Starken (7. April 1733)[10], sowie die Lamentationen[11] und Responsorien für die Karwoche (1722). Die letzteren, die schon in G. Ph. Telemann einen Schätzer fanden, verschwanden übrigens nicht, wie Rochlitz glaubte feststellen zu müssen, mit dem Tode ihres Schöpfers, wurden vielmehr wenigstens bis 1763 noch gesungen. Von den Messen, deren Fürstenau 15 und 3 Requiems zählt, sei u. a. auf die auch von Karl Pembaur [11] (Drei Jahrhunderte Kirchenmusik am sächsischen Hofe, Stengel & Co., Dresden, 1920) namhaft gemachte Missa Circumcisionis hingewiesen. Als bemerkenswert erscheint dann noch, daß unter des Meisters Motetten (für Solostimmen mit Begleitung) sich auch eine in böhmischer Sprache Chwale Boha sylneho, und unter den zahlreichen von ihm in Abschrift hinterlassenen Werken aus seiner Zeit die berühmte von A. W. Ambros hochgeschätzte und vom Grafen Laurencin (Neue Zeitschrift für Musik, 1864) eingehend gewürdigte Chormotette Laudetur Jesus Christus des „Vaters der böhmischen Musik“, des Minoritenpaters Bohuslav Czernohorsky befindet.

In ihrem Stil und Charakter durchaus die alte kontrapunktische Schreibweise vertretend, können Zelenkas Werke, in denen man im einzelnen in der Harmonik auch Einflüsse Lottis erkennen mag, in diesem Sinne im vollen Sinne als „Muster im Kirchenstil“ gelten. Nur mußten sie natürlich, als dann mit Hasse die melodiefreudige neapolitanische Schule in Dresden ihren siegreichen Einzug hielt, begreiflicherweise mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Forderten doch überdies auch die räumlichen und dadurch mit bedingt die akustischen Verhältnisse, daß im neuen Gotteshaus, mit dem Psalmisten zu sprechen, „dem Herrn auch ein neues Lied“ gesungen werde, und in seinem festfrohen Charakter und der gesteigerten Verwendung der Instrumente versinnbildlichte sich schließlich die neue Rangstellung der Kirche, die aus einer streitenden (militans) eine siegende (triumphans) geworden war. In diesem Zusammenhang gewinnt ein von einem sicheren Gewährsmann (s. S. 12 Anmerkung) übermitteltes Urteil des ersten Königs von Sachsen (Friedrich August), in dessen besonderer Gunst lange Zeit die Opern eines Cimarosa, Paesiello, Anfossi u. a. standen, über Zelenkas Messen Interesse und von dessen Standpunkt auch Berechtigung, sie hätten „viel Harmonie und wenig Melodie“ gehabt. Genug aber, Zelenka war einer der Besten seiner Zeit und man hat keinen Grund, daran zu zweifeln, daß, wie Rochlitz erwähnt, Joh. Seb. Bach seine Kirchenwerke denen Hasses vorgezogen habe. Ebensowenig erscheint es unwahrscheinlich, daß der Leipziger Meister, der ja bisweilen nach Elbflorenz kam, um mit seinem Sohne Friedemann die „schönen Dresdner Liederchen“ (Hasses) zu hören, den ernsten Mann auch persönlich kannte und schätzte. Die weitere Angabe, daß er von einem Magnifikat Zelenkas Abschrift nahm oder nehmen ließ, findet eine gewisse Bestätigung jedenfalls darin, daß das Musikarchiv der Thomaskirche tatsächlich eine solche besitzt.

Durfte man also jedenfalls schon von der in der Hauptsache noch Vor-Hasseschen Zeit als von einer des Hochstandes der Musik im katholischen Gottesdienst in Dresden sprechen, so war natürlich deren eigentliche Glanzzeit die Hassesche selbst, in der ohnedies mit der am 29. Juni 1751, am Tage Peter und Paul, erfolgten [12] folgten festlich feierlichen Einweihung des neuen Gotteshauses – es wurde wie die Kapelle im alten Komödienhaus der heiligen Dreieinigkeit geweiht – eine neue Ära begann. Freilich als zur Ehre Gottes damals während des Hochamts[12], wie berichtet wird, die große D-Moll-Messe erklang und dann am Schlusse der Feier das Tedeum (D-Dur)[13], da geschah es noch von einem provisorisch errichteten Gerüst herab. Der Chor in seiner jetzigen Gestalt wurde erst später (1755) vollendet, und die Fertigstellung und Einweihung der Orgel (2. Februar 1754) erlebte ihr Erbauer, G. Silbermann, nicht mehr, der am 4. August 1753 gestorben war. Aber dann als Chiaveris Bau, im wesentlichen fertiggestellt, die Wahrheit des Wortes zu bestätigen schien, daß das Licht, das um die Formenwelt des reifen Barock spielt, ein rein musikalisches geworden sei, dann hatte die katholische gottesdienstliche Musik in Dresden ein Heim gewonnen, in dem sie zunächst gar keinen anderen der zeitlichen und örtlichen Umwelt entsprechenden Stil und Charakter hätte finden können, als den, den ihr der bedeutendste Vertreter des italienischen Musik-Barock in Deutschland, J. A. Hasse, gab. Wenn dieser Meister noch immer nicht die volle ihm gebührende kunstgeschichtliche Würdigung genießt, so liegt dies wohl darin begründet, daß Euckens auf die Denker des Renaissancezeitalters gemünzter Ausspruch, daß bei ihnen bei allen glänzenden Einzelleistungen das Ganze voller Widersprüche sei, durchaus auch auf Hasses künstlerisches Schaffen paßt. Es ist hier begreiflicherweise nicht der Ort, näher einzugehen auf diesen Mangel von innerer, organischer Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit in seinen Werken. In seinen Kirchenkompositionen, auf die es hier ankommt, erhebt er sich oft in einzelnen Sätzen zu einer Stilgröße, in der sich der unmittelbaren Zeitstil zu verfallen, den Bach geißeln wollte, wenn er von den „schönen Dresdner Liederchen“ sprach. Im allgemeinen wird man sagen dürfen, die Verweltlichung und Veroperung der Kirchen- und kirchlichen Musik durch die neapolitanische Schule [13] zeigt sich in noch höherem Grade als in jener in dieser, also in den Oratorien[14]. Als neben der D-Moll - Messe, die mit ihrem solennen Gloria als ein Muster des Barockstils auf kirchenmusikalischem Gebiete angesprochen werden darf, und neben dem Tedeum bedeutungsvollstes größeres kirchenmusikalisches Werk dürfte jedenfalls das Requiem in C-Dur namhaft zu machen sein, das sein Schöpfer im Jahre 1763 zur Totenfeier Augusts III. geschrieben haben soll und das jedenfalls bei den feierlichen Exequien am 22. November unter seiner Leitung zum ersten Male, dann bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus alljährlich am 5. Oktober, dem Todestage dieses Fürsten, als des Stifters der Kirche, aufgeführt wurde. Daß Hasses Künstlertum eines tragischen Zuges nicht entbehrte, darf im Hinblick auf das oben Gesagte allerdings auch nicht unerwähnt bleiben, es lag begründet in der Abhängigkeit des Meisters von dem persönlichen Geschmack seines Herrn und in den Fesseln, die ihm der ängstlich zu hütende Sängerinnenruhm seiner Gattin Faustina, geb. Bordoni, nicht selten auferlegt haben mag.

Das Ansehen nun, das Hasse in seiner Zeit genoß, war ganz außerordentlich. Der Ruf der Dresdner Kapelle und Oper wurde durch sein glänzendes Musikertum wie seine organisatorische Begabung ein europäischer, und sein Komponistenruhm war so festbegründet, daß ein J. A. Hiller noch an der Jahrhundertwende allen Ernstes behauptete, wenn jemals die Opern Hasses nicht mehr entzücken sollten, müßte die allgemeine Barbarei hereinbrechen. Dabei war gerade für seine Dresdner Stellung aber auch seine Bedeutung als oberster Leiter der gottesdienstlichen Musiken, wie als Kirchenkomponist kaum weniger wichtig; denn das Interesse für beides war zum mindesten bei der Königin-Kurfürstin Maria Josepha außerordentlich rege. Die enge Verbindung nämlich, in die auf diese Weise Oper und Kirche traten, war für die gottesdienstlichen Musiken insofern sogar von besonderem Vorteil, als von nun an für den Gesang außer den Chorknaben auch zum Kapelletat gehörige Sänger für die Chor- und Sologesänge dauernd zur Verfügung standen, für die letzteren besonders auch gefeierte Vertreter der Sopran- und Altpartien (Kastraten). Aus einem der das kurfürstliche Orchester usw. betr. Aktenstücke (vom Jahre 1779, 26. Februar) geht hervor, daß man, wenn die Musik in einem „so großen Gebäude“ ihre Wirkung verrichten solle, [14] 6 Bassi, 6 Tenori, 6 Soprani und ebensoviele Contraalti für nötig erachtete. Jedenfalls waren also die Kirchenmusiken in der neuen Katholischen Hofkirche auf eine Höhe erhoben worden, daß sie einen weit über das Sachsenland hinausreichenden Ruf genossen, und man mag es sich nun selber noch ausmalen, von welchem Prunk sie in Zeiten, in denen die Kriegsfurie das Land verschonte, an einem Hofe umgeben waren, über dem noch der Glanz der polnischen Krone strahlte und der der prachtliebendste neben denen von Wien und Versailles war. Hasse, wie erzählt wird[15], an der Spitze seiner Kapelle und Sänger in großer Gala im „roten Schleppsamtkleid mit dem Handschuh dirigierend“!. –

In der Zeit, in der Hasse an der Spitze des Dresdner Musiklebens stand, waren mit ihm im Kirchendienst tätig: der schon einmal genannte Tobias Butz (1735 – 52), P. Michael Breunich, der als Nachfolger Zelenkas angestellt wurde, und Joh. Georg Schürer (von 1748 an), sämtlich als Kirchenkomponisten. Giovanni Alberto Ristori, der als compositeur de musique italienne im Jahre 1717 an das italienische Schauspiel berufen, nach Dresden gekommen war, dann Kammerorganist (1733) und Kirchenkomponist wurde, war von 1750 bis zu seinem Tode wohl Hasse zur Entlastung und Vertretung beigeordnet. Letztere dürfte sich vermutlich in den Zeiten des 7jährigen Kriegs des öfteren nötig gemacht haben, in denen diesen Meister noch ein besonders schweres Unglück traf.

Bei der im Jahre 1760 erfolgten Beschießung Dresdens durch Friedrich den Großen wurde auch das in der damaligen inneren Pirnaischen Gasse gelegene Prinzenpalais, an dessen Stelle 1770 – 76 das neuerdings umgebaute Landhaus errichtet wurde, schwer beschädigt. Dem daselbst wohnenden[16] und auch in der Stadt weilenden Hasse verbrannten dabei außer einem großen Teil seiner Habe auch alle Manuskripte seiner Kompositionen. Sie waren von ihm gerade zur Drucklegung in Ordnung gebracht worden, deren Kosten nach Charles Burney (Tagebuch seiner Musikalischen Reise, deutsch, Hamburg, 1773, II. Bd., S. 234 ff.) sein eigner Fürst zu tragen sich bereit erklärt hatte. Wenn dann der englische Musikhistoriker und Kunstreisende weiter berichtet, Hasse habe geglaubt, falls Se. Majestät, d. h. der Preußenkönig, gewußt hätten, daß sie durch die Umstände genötigt sein würden, Dresden zu bombardieren, so würden sie es ihm vorher haben wissen lassen, damit er seine Sachen retten könne.“ – Eine Annahme, die durchaus nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist, da dieser Monarch Hasse und seine Kunst außerordentlich hochschätzte. Wenn er in Dresden [15] weilte, fanden Konzerte statt, in denen Hasse und die Kapelle mitwirkten und er selber die Flöte blies. Oft und gern wohnte er auch den Kirchenmusiken bei, zumal, wenn Hasse dirigierte, so am 22. November 1756, an welchem Tage zu Ehren der heiligen Cäcilia ein Hochamt von Hasse unter dessen Leitung zur Aufführung kam.


II.
Vom Tode Friedrich Augusts II. bis zur Gegenwart.

Den gewaltigen Einschnitt in der politischen Geschichte Sachsens mit allen seinen Auswirkungen brachte das Jahr 1763, in das der Hubertusburger Friedensschluß (15. Februar) und der Tod des Landesherrn (5. Oktober) fiel. Da sein Sohn und Erbe Friedrich Christian schon am 17. Dezember desselben Jahres starb, dessen ältester Sohn, Friedrich August, aber erst 13 Jahre alt war, übernahm sein Oheim Prinz Xaver die Regentschaft bis zu seinen Regierungsantritt am 16. September 1768. Die von der Not des Landes diktierte Änderung des Regierungssystems kündigte sich schon in einigen Erlassen des Kurfürsten Friedrich Christian an – sie sind noch vom Grafen Brühl gegengezeichnet – welche die neue Einrichtung des General Accis Collegium betreffen. Sie lassen, worauf es hier vor allem ankommt, erkennen, daß die Zeiten des persönlichen Regimes vorüber waren, und daß so etwas wie der Geist des großen Preußenkönigs Schule machte, der sich als erster Diener des Staates fühlte und das „ich diene“ auch von seinen Mitarbeitern forderte. In einem dieser Aktenstücke heißt es: „Wir haben zuförderst den unwandelbaren Grundsatz festgestellt, daß alle erledigte Bedienungen, da solche ingesamt nicht zur Versorgung einzelner Particuliers, sondern zum Besten Unsres Dienstes und des gemeinen Wohlstandes angeordnet sind, fürderhin jedesmahl demjenigen, welcher unter denen darum ansuchenden Competenten, seiner Redlichkeit, Wissenschaft und sonstigen Qualitäten halber für den geschicktesten befunden werden wird, zu Theil werden sollen.“ Der in dieser Kundgebung gegen „zeither eingerissene Mißbräuche“ zum Ausdruck kommende strengere neue Geist machte sich nun auch in künstlerischen Dingen bemerkbar, in Gestalt einer mehr beamtenmäßigen Auffassung des Künstlerberufs. Die künstlerische Betätigung wird zur dienstlichen Verpflichtung[17], eine Auffassung, die im Grunde ohnedies mit dem [16] nüchternen Geiste des Aufklärungs- wie des Biedermeier-Zeitalters zusammenstimmte und die dementsprechend J. G. Naumann so gut vertrat, wie nachmals C. G. Reißiger, der, im Gegensatz zu Weber und später Wagner, von dem eigentlichen Geisteswehen der Romantik innerlich unberührt blieb. Immerhin mag aber gerade diese Auffassung nicht wenig dazu beigetragen haben, Naumanns Wirken zu einem insofern für Dresden epochebildenden werden zu lassen, als ihm der künstlerische Wiederaufbau der Königlichen Kapelle nach deren in den Zeiten der furchtbaren Verarmung des Landes drohenden Zusammenbruch zu danken war.

In diesen Zeiten war der Hof zwar durch die Verhältnisse gezwungen worden, auf die Erhaltung einer italienischen Oper in eigner Regie zu verzichten und sich auf die von ihm subventionierten Theatergesellschaften zu beschränken, aber die traditionelle Musikliebe an ihm war lebendig geblieben, und die sich in ihr vollziehende Geschmackswandlung entsprach schließlich auch nur dem Zuge der Zeit, der Wendung vom Repräsentativen zum Intimen, vom Barock zum Rokoko. Die Pflege der Haus- und Kammermusik bezeugen u. a. die zahlreichen Klavierkompositionen der beiden an der katholischen Hofkirche angestellten Hoforganisten Peter August (gest. 1787) und Christlieb Sigismund Binder (gest. 1789)[18], von denen jener als Kapellknabe Zelenkas Schüler gewesen war. Der Sohn des gleichnamigen vertrauten Kammerdieners Augusts des Starken, den dieser als hilfloses Kalmückenkind mit Peter dem Großen auf der Jagd in den litauischen Wäldern gefunden, taufen und für seine Dienste auferziehen hatte lassen, war Peter August, der Musiklehrer der Kinder der Kurfürstin-Witwe Maria Antonia und trat namentlich zu ihrem ältesten Sohn, dem nachmaligen ersten König von Sachsen, Friedrich August, auch später noch als musikalischer Berater in nähere Beziehungen. Dieses Herrschers Gunst gehörte dann ganz der die Zeit beherrschenden Rokoko-Oper, d. h. der Opera buffa, und die weiche, süße Gesangesmelodik italienischer Prägung entsprach in der Kirchenmusik, der er immer zugetan blieb, ja in der er sich unter dem Beistand und dem nicht zu verkennenden Einfluß des nachmaligen Kapellmeisters Schuster sogar selbstschöpferisch versuchte[19], seinem besonderen Geschmack.

Für den Kirchendienst hatte nach Hasses Tod zunächst neben dem Kirchenkomponisten Schürer, für den auch fernerhin der Kapellmeisterposten unerreichbar blieb, der als Buffokomponist sich Ansehen erwerbende Domenico Fischietti (1765 – 1772) als Kapellmeister zur Verfügung gestanden. Alsdann hatten sich mit Schürer [17] die beiden eng befreundeten in Dresden in demselben Jahre (1748) geborenen Kirchenkomponisten Joseph Schuster und Franz Seydelmann in die führende Tätigkeit geteilt, und erst im Jahre 1776 war in Naumann der Mann an die Spitze der Kapelle gelangt, der dann zum Oberkapellmeister (1786) ernannt, den beiden zu Kapellmeistern avancierten Musikern übergeordnet und, wie einst der von ihm schwärmerisch verehrte Hasse, Führer im Dresdner Musikleben wurde. Das dankte er aber nicht nur seinem, wie schon gesagt, mit einem großen auch auswärts, bei dem Neuaufbau der Orchester- und sonstigen musikalischen Verhältnisse in Kopenhagen und Stockholm, bewiesenen organisatorischen Geschick, sondern auch seiner Bedeutung als Komponist. Während nämlich Schuster und Seydelmann in ihrem quantitativ sehr umfänglichen Schaffen sozusagen im Banne des Dresdner Ortsgenius blieben – Schuster dankte seine nicht zu bestreitende Beliebtheit in seinen Kirchenwerken vornehmlich den für Hörer und Ausführende gleich anziehenden im melodiösen italienischen Zeitstil gehaltenen vom Chor unterbrochenen Gesangsoli[20] – erhob sich Naumann unbestritten über diesen hinaus.

In Naumanns Kirchen- und kirchlicher Musik, in seinen Messen, Psalmen und Motetten, wie in seinen Oratorien, der Vertonung des Klopstockschen „Vater Unser“ u. a. m. spricht sich in Anlehnung an die noch herrschende italianisierende Richtung der besondere Geist des Aufklärungszeitalters des protestantischen Nordens aus, und Emil Naumann, sein Enkel, bezeichnet dieses Zeitliche nicht unzutreffend als musikalischen Zopfstil. Indessen jene gewisse Kühle, die aus dem rationalistischen Bekennertum Naumanns sich von selbst ergibt, wird doch namentlich an Stellen, in denen die Poesie und Schönheit des katholischen Kultus den zeitgenössischen, versöhnlichen, weltbürgerlichen und freimaurerischen Idealen zugetanen Komponisten unmittelbarer berühren, nicht selten von Episoden und Sätzen von stärkeren inneren Antrieben und dementsprechend von vertiefterem, erhobenerem und wärmerem, oder doch empfindsamerem Sichaussprechen unterbrochen. Namentlich in den Messen in As-Dur und A-Moll finden sich Belege dafür. In der ersteren treten u. a. durch Ernst und Weihe hervor das Kyrie[21] und Christe eleison, wie durch zarte Empfindung das Benedictus, in der letzteren[22] ist u. a. das schöne Benedictus und das zu einem gewissen Schwung sich erhebende Agnus Dei namhaft zu machen. Eine D-Moll (Pastoral-) Messe dankte ihre Beliebtheit u. a. dem alla siciliana weich dahingleitenden Agnus Dei[23]. [18] Aus dem Oratorium „I Pellegrini“ war vornehmlich der „traulichfromme“ Chor „Le porte a noi disserra Gerusalemme bramata“ auch in deutscher Sprache („Zagt nicht auf dunklen Wegen“) noch lange viel gesungen, und auch die schöne Orchesterleitung des Vater Unser wäre als Wertstück nicht zu vergessen. In dem Aufführungsverzeichnis der Dreyßigschen Singakademie[24] erscheint Naumanns Name zuletzt im Jahre 1869. Der bis in die Neuzeit bestandene Brauch, an den zweiten Feiertagen hoher Feste in der katholischen Hofkirche eine Naumannsche Messe aufzuführen, ist, wie hier Erwähnung finden mag, auf das Ernennungsdekret des Meisters zum Oberkapellmeister vom 20. November 1786 zurückzuführen. Dort heißt es, insbesondere solle er das Vorrecht genießen, „am neuen Jahres Tag und an den beyden ersten Tagen der drey hohen Feste, Ostern, Pfingsten und Weihnachten ingleichen am frohn Leichnahmsfeste entweder seine eigne oder, wenn es anbefohlen wird, die Hassische Musik aufzuführen, dergestalt, daß wenn letztere am Ersten Tage vorgedachter hoher Feste aufgeführt worden, er seine eigne Messe am Zweyten Feiertage aufführen möge.“

Auf jene rationalistische Kühle der Naumannschen Kirchenmusik zurückkommend, so mochte sie vielleicht der gemütvollgläubige Mozart empfunden haben, als er am 13. April 1789 bei seinem Dresdner Aufenthalt „in einem oratoire der Musik gegenüber“ eine Messe von Naumann unter dessen Leitung hörte und sie, wie er an seine Constanze schrieb, „recht mittelmäßig“ fand. In einem andern freilich nicht beglaubigten aus der ersten Auflage von Otto Jahns Mozart-Biographie in die Nohlsche Sammlung übernommenen Brief wird ihm ein Urteil unterstellt, das er immerhin gefällt haben könnte: sie sei „schön rein geführt und breit gewesen, aber „e bießle kühlig,“ etwa wie Hasse, aber ohne Hasses Feuer und mit neuerer Cantilena[25].“ Am 15. April nachmittags 4 Uhr ließ sich dann Mozart noch auf der berühmten Silbermannschen Orgel hören, in Gegenwart Naumanns und des Erfurter Organisten Joh. Wilh. Häßler, mit dem er erfolgreich konkurrierte.

Nach dem Tode Naumanns (1801) wurde im Jahre 1803 Fernando Paër an die Spitze der Kapelle berufen, den man als einen feurigen Dirigenten nur ungern scheiden sah, als ihn Napoleon 1807 nach Paris entführte. Für Dresden schrieb er nur eine Messe. Doch ist anzunehmen, daß er kraft seines Amts bei allen festlichen Gelegenheiten den Kirchendienst versah. Sein Nachfolger [19] wurde im Jahre 1810 Francesco Morlacchi, dessen Verdienste um die Kapell- und Kirchenmusik nicht gering einzuschäzen sind. Huldigte er auch in seinen Kompositionen, Messen, Oratorien usw. nur zu willig dem am Hofe durch Friedrich August vertretenen italienischen Geschmack in Gestalt einer ins Süßliche verfallenden Melodik[26], so setzte er sich dafür als Dirigent und Organisator für die Güte der Aufführungen mit glänzendem Erfolge ein. Der Umstand, daß sie einen europäischen Ruf erlangten und im Jahre 1814 das Entzücken des russischen Gouverneurs, des Fürsten Repnin, und seiner Landsleute erregten, trug im Verein mit Morlacchis unentwegtem Eintreten in Schrift und Wort nicht wenig dazu bei, daß die Kapelle damals vor der drohenden Auflösung bewahrt wurde, was schließlich sogar zur Gründung eines Staatstheaters, des späteren Hoftheaters, führte. Wie einschaltend bemerkt sei, geschahen diese Aufführungen durch ein Orchester von 16 – 20 Geigen, 5 Bratschen, 5 Bässen und Celli, 4 Fagotts, die anderen Blasinstrumente in einfacher Besetzung, zu dem sich ein ausgezeichneter Sängerchor und als Solisten für Alt und Sopran gute Kastraten, für die anderen Stimmen aber die besten Sänger der italienischen Oper gesellten. Der Orchesterklang war seit dem Jahre 1794 durch dauernde Aufnahme der Klarinetten bereichert worden, die zum ersten Male im Jahre 1792 in Paesiellos am Karsonnabend aufgeführten Oratorium „La Passione di Gesù Christo“ Verwendung gefunden hatten. – Das Instrument hatte im Gegensatz zur Oboe, als Quasi-Vertreterin der Knabenstimme, als solche der Frauenstimme und damit als unkirchlich gegolten. – Die Posaunen, die schon im Beginne des 18. Jahrhunderts mehr und mehr verschwunden waren, kamen, heißt es, zum ersten Male mit Mozarts Requiem (siehe weiter unten) wieder in die Kirche und fanden dann auch in dem von Morlacchi für die Totenfeier Friedrich Augusts des Gerechten komponierten (1827) Verwendung, während der Merkwürdigkeit halber noch erwähnt sei, daß Hasse den orchestralen Glanz des Orchesters seines Requiems in C durch 6 Trompeten erhöht hatte.

Aus diesen Tagen und aus denen der Sonnenhöhe des großen Napoleon muß an dieser Stelle aber noch zweier, ein besonderes ortsgeschichtliches Interesse beanspruchender kirchlicher Feiern gedacht werden.

Am Abend des 24. Mai 1812, vor dem großen den Kaisern von Frankreich und Österreich wie ihren Gemahlinnen zu Ehren veranstalteten Festkonzert der Kapelle im alten Opernhaus, wohnte Napoleon einem vom Erzbischof von Mecheln, de Pradt, zelebrierten Hochamt bei. Er erschien, nachdem der (sächsische) Hof fast eine Stunde gewartet hatte, in der Königlichen Betloge, öffnete, [20] Platz nehmend, ein bereitliegendes Gebetbuch, um es im nächsten Augenblick wieder aus der Hand zu legen. Bei seinem Eintritt begann das Hochamt, wobei de Pradt mit vernehmlicher Stimme das Domine, salvum fac Napoleonem sprach. Am 29. Mai früh ½4 Uhr reiste der Kaiser, nur von einer Abteilung sächsischer Kürassiere begleitet, in aller Stille über Bautzen und Glogau nach Warschau zur „großen Armee“ ab. –

Die andere kirchliche Feier war General Moreaus Totenfeier, die am 4. November 1814 auf Veranlassung und in Gegenwart des Generalgouverneurs von Dresden, des Fürsten Repnin, stattfand. Um 9 Uhr morgens begann das Totenamt in der Kirche, bei dem die Königliche Kapelle Mozarts Requiem aufführte. Nach Einsegnung der am Fuße des Katafalks aufgestellten Urne mit den Beinen[27] des am 27. August 1813 tödlich verwundeten und am 2. September in Laun i. B. verstorbenen Generals wurde diese unter großem militärischem Geleit und unter Vorantritt der Geistlichkeit in der Gruft des auf der Räcknizer Höhe errichteten Denkmals beigesetzt. Die erste öffentliche Handlung der römisch-katholischen Kirche in Dresden seit der Einführung der Reformation, wie der Chronist meldet. –

Als C. M. von Weber im Jahre 1817 an die Spitze der neuerrichteten Deutschen Oper trat, wurde er im Kirchendienst Morlacchis Amtskollege. Seine erste Verrichtung in dieser Eigenschaft war die Leitung der Musik im Nachmittagsgottesdienst am 27. September, d. h. einer Litanei von Naumann und eines Salve Regina von Schuster. Als guter Katholik hatte er zuvor gebeichtet und das heilige Abendmahl genommen. Aus gläubigem Herzen schrieb er auch seine beiden Messen in Es-Dur (Nr. 1) und G-Dur (Nr. 2). Die erstere, mit dem für den berühmten Sopransänger Sassaroli geschriebenen Offertorium: Gloria et honore, als die bedeutendere in ihrem festlichen Stil und Charakter[28] für die Feier des Namenstags des Königs (5. März) bestimmt, kam am 8. März 1818 in zufälliger Anwesenheit Conradin Kreuzers zur Aufführung. Die andere, die sogenannte „Jubel-Messe“, war für die Feier des 50jährigen Hochzeitsfestes des Königs komponiert und trägt im besonderen Maße dessen Geschmack in ihrem heiteren Glanz und ihrer weichen, lieblichen Melodik[29] Rechnung. Sie kam ohne das dazu geschriebene Offerforium „In die solennitatis“ mit „Morlacchischen und Polledroschen Beifügungen“ [21] am Jubeltage, dem 17. Januar 1819, zur Aufführung. Die Beifügungen waren eine Kirchensymphonie des damaligen Konzertmeisters (Polledro) und ein Offertorium Morlacchis, das dadurch noch eine besondere Anziehungskraft erhielt, daß es von einem jungen aus Mailand gekommenen glänzenden Tenoristen Giovanni Cantù gesungen wurde.

Mit Morlacchi und Weber teilte sich damals noch der als Kontrabassist schon 1786 in die Kapelle getretene Kirchenkomponist (seit 1814) Franz Anton Schubert, der Vater des Konzertmeisters Franz Schubert, des Gatten der gefeierten Sängerin Maschinka geb. Schneider, in den Kirchendienst, während Vincenzo Rastrelli das Kirchenkomponistenamt, das er bereits von 1795 – 1814 mit mehrjähriger Unterbrechung innegehabt hatte, erst vom Jahre 1824 bis zu seinem Tode (1839) wieder bekleidete; er war der Vater Joseph Rastrellis, der 1842 als Hofkapellmeister starb und an dessen Stelle Richard Wagner trat. Hoforganist war zu jener Zeit (seit 1815) Anton Dreyßig, der Gründer (1807) der nach ihm benannten Singakademie. Als Kapellknabe war er Schüler des Tenoristen Friedrich Franz Hurka gewesen, der von 1785 bis 1788 den Unterricht am Institut leitete, sowie seines Vorgängers im Amt, des nachmaligen Hoforganisten Arnest[30]. Dem Kapellknabeninstitut stand seit 1801 und bis zum Jahre 1820, in dem ihn Weber an die Spitze des von ihm 1817 gegründeten Opernchors berief, der auch ihm selbst entstammende Gesangespädagog Aloys Miksch[31] vor, von dem man in Wahrheit sagen konnte, daß er Dresden zu einer Hochburg des bel canto machte; er war der Lehrer einer Agnese Schebest, Schröder-Devrient, eines Mitterwurzer u. a. m. Jedenfalls waren also alle Ämter in guten Händen, und die Kirchenmusiken in der katholischen Hofkirche hielten sich, da vor allem Morlacchi ein strenges Regiment führte, durchaus auf der überkommenen Höhe, wie sie sich auch ihres überlieferten glänzenden Rufes erfreuten. Als Weber starb, wird daher bei der Frage seiner Nachfolgeschaft zweifellos die nach einer Befähigung des Bewerbers für den Kirchendienst keine untergeordnete Rolle in der Umgebung des Königs gespielt haben. Man geht daher wohl kaum fehl, wenn man bei der auf C. G. Reißiger gefallenen Wahl stark in Anrechnung zu setzen hat, daß dieser gerade auch für das Kirchenamt besonders berufen erscheinen mußte. Hatte er doch schon, als er auf Bunsens Bitte und Kosten seinen Aufenthalt in Rom verlängern mußte, reiche Gelegenheit gehabt, [22] Musica sacra an einer ihrer lautersten damals durch Bainis Palestrinaforschungen erschlossenen Quellen zu studieren[32], und von dort (1825) zurückgekehrt, war er unter Zelter noch vorübergehend Lehrer am Königlichen Institut für Kirchenmusik in Berlin gewesen. Da konnte man also wohl hoffen, einen zweiten Naumann in ihm für Dresden zu gewinnen. Daß er wie dieser Protestant war, mußte bei der bewußt toleranten Gesinnung des Königs weniger ins Gewicht fallen, die er bereits als Kurfürst in seinem politischen Testament (1787) kundgab. Dieser warnt dort vor jedem „Schein der Bigotterie“, da daraus geschlossen werden möchte, daß man „die Religionspflichten aus einem irrigen Gesichtspunkte betrachten und dadurch leicht zu ungerechten Schritten verleitet werden könnte“. Zugunsten Reißigers sprach aber auch noch, daß schon auf Grund seiner künstlerischen Vergangenheit und seines gewinnenden Wesens ein irgendwelches Hervorkehren des konfessionellen Standpunktes in keiner Weise zu befürchten war. Abgesehen davon, daß dem die ganzen Anschauungen der Zeit entgegenstanden, denen dieser auch in Dresden unter dem Kirchenregiment eines Ammon u. a. begegnen mußte, und die dahin gingen, daß die Religion nicht das Wissen von Gott wolle, sondern die innere Beruhigung, Heiligung und Erhebung des Menschen, und daß Religion und Pietät nahe verwandt seien[33]. Anschauungen, die denn auch in den Kirchenkompositionen Reißigers ihren zeitlich und persönlich gefühlsmäßigen Ausdruck fanden und die es verständlich machen, daß ein Ludwig Richter, der ihn bei Bunsen in Rom „näher kennen und hochschätzen gelernt“ hatte, schreiben konnte: „Jetzt, in meinem sechsundsiebzigsten Jahre, erfreuen und erbauen mich oft seine schönen Messen in der katholischen Hofkirche. Sie sind der Ausdruck eines tiefreligiösen Gemütes.“ Im Kirchendienst bevorzugt von ihnen ist die in As-Dur mit einem interessanten Kredo[34], in dem sein Schöpfer nach Angabe seines Schülers Edmund Kretschmer ein Beispiel seiner Auffassung des in der Zeit, in der das Werk entstand, aufgekommenen Begriffes unendliche Melodie niederlegen wollte. Auch das in der Melodik freilich stark sentimental gefärbte Requiem gehört zum eisernen Bestand des Repertoires der Kirchenmusiken in der katholischen Kirche. Das Quam olim Abrahae ist eine formal meisterliche Tripel-Fuge. Eine H-Moll-Messe (Nr. 8) enthält ein für Mitterwurzer geschriebenes Baritonsolo (Agnus Dei)[35] und eine solche in D-Moll mit großartiger [23] Schlußfuge im Gloria wurde als „Posaunenmesse“ bekannt[36]. Zeitliche und örtliche Bedeutung erhielten die „Figuralmessen“, die Reißiger im Auftrag König Johanns schrieb. Nach seinem Regierungsantritt (1854) hatte dieser während des königlichen Hoflagers in Pillnitz bei den Gottesdiensten an Sonn- und Festtagen eine gesungene Messe angeordnet. Es wurden demgemäß während der sogenannten stillen Messe in Gegenwart des Hofes von einem einfachen gemischten Quartett deutsche Meßlieder mit obligater Orgelbegleitung gesungen, und die für diese Gottesdienste von ihm geschriebenen Kompositionen sind jene Figuralmessen.

Aus der Zeit der gemeinsamen Amtstätigkeit Reißigers mit Morlacchi (gest. 1841) stammt nun eine Violinsonate (op. 96) von Ludwig Spohr, die in ihrem Adagio gewissermaßen eine in musikalische Gewandung gekleidete Beurkundung der Bedeutung wie der Eigenartigkeit der gottesdienstlichen Musiken in der Dresdner katholischen Hofkirche darstellt. Die Sonate, oder wie der Komponist das Werk selbst bezeichnet, das Duett für Piano und Violine, entstand unter dem Eindruck einer Sommer-Ferienreise, die Spohr im Jahre 1836 mit seiner ihm am 3. Januar dieses Jahres angetrauten (zweiten) Frau, der vortrefflichen Pianistin Marianne Pfeiffer, unternahm, betitelt sich nach ihrem Ziel: „Nachklänge einer Reise nach Dresden und in die Sächsische Schweiz“ und erschien bei Simrock in Bonn und in einer französischen Ausgabe bei Richault in Paris. „Schon auf der Rückreise von Dresden“, schreibt der Komponist in seiner Selbstbiographie (Cassel und Göttingen, 1861), „hatte ich beständig an eine neue Kompositions-Periode gedacht und auch schon das Programm dazu entworfen.“ Die Eindrücke, die er in der katholischen Hofkirche erhielt, verdichteten sich darin zum Adagio. Es gibt, wie es überschrieben ist, eine „Szene aus der katholischen Hofkirche in Dresden“, die „mit einem Orgelpräludium auf dem Pianoforte allein beginnt; darauf spielt die Geige die Intonation des Priesters vor dem Altare, woran sich das Responsorium der Chorknaben genau in denselben Tönen und Modulationen, wie man sie in katholischen Kirchen und auch in Dresden hört, anschließt. Diesem folgt eine Castraten-Arie, wobei es die Aufgabe des Geigers ist, sie ganz im Ton und Stil des dortigen Gesangs zu kopieren.“

Um zunächst des Kastraten-Gesanges Erwähnung zu tun, so taucht da das Bild des berühmten Kirchensopransängers Filippo Sassaroli auf, der, 1830 pensioniert, zwar bereits 1833 in Bologna gestorben war, aber lange, lange den Dresdnern unvergessen blieb und jedenfalls durch seinen Nachfolger (Tarquinio) nur annähernd ersetzt wurde. Der Sänger, den seine Korpulenz als Bühnensänger gestört hatte, war nicht allein wegen seiner [24] „wunderbaren und kolossalen“ Stimme berühmt, sondern vor allem auch wegen seiner gesangstechnischen Meisterschaft. Marie Börner-Sandrini, die Tochter einer der gefeiertsten Sängerinnen der Dresdner italienischen Oper, Luiggia Caravoglia-Sandrini, schreibt in ihren Erinnerungen (Dresden 1876), sie besinne sich nicht, jemals ein solches Anschwellen des Tones, einen ähnlichen Triller gehört zu haben. Ersteres beruhte auf einer Atemkultur, die phänomenal zu nennen war und oft Hörer zu Wetten veranlaßte über die Zeitdauer seiner gehaltenen Töne. Überdies rühmte man seine seltene Begabung für die jener Zeit im Gesang übliche Kunst des Verzierens und Variierens. Kurz, er war eine Dresdner Hörenswürdigkeit könnte man sagen und wurde als solche bewertet. In den Reisetagebuch-Aufzeichnungen eines dänischen Komponisten Rudolf Bay, datiert Dresden am 6. Oktober 1822, liest man, daß er bei dem berühmten Kapellmeister Carl Maria von Weber eingeführt worden sei, der sein geringes Talent sehr schmeichelhaft gewürdigt und ihn 11 Uhr zur feierlichen Kirchenmusik in die katholische Hofkirche bestellt habe, „wo er den Kastraten Sassaroli expreß etwas extraordinäres singen lassen will, damit ich ihn recht zu hören bekomme.“[37]

Wenn Spohr in den Programmbemerkungen zu dem Adagio seiner Sonate meinte, daß man das von ihm wiedergegebene Responsorium der Chorknaben auch in andern katholischen Kirchen höre, so irrte er nun freilich; andernfalls es doch sicher auch sein vielgereister Kollege Mendelssohn in der Einleitung seiner Reformations-Sinfonie nicht geradezu als Lutherisches Glaubensmotiv aufgenommen haben würde. Mit andern Worten, dieses „Dresdner Amen“, das Wagner in seinem Parsifal als Gralsmotiv verewigte, ist nach der Überlieferung evangelischen Ursprungs[38] und in den Dresdner Kirchen, vor allem in der Kreuzkirche, im Gottesdienst im Gebrauch gewesen. Man darf also annehmen, daß es Richard Wagner nicht erst, als er wieder nach Dresden kam, sondern schon in seiner Kreuzschülerzeit kennen und es z. B. auch bei seiner Konfirmation am 8. April 1827 gehört haben mußte. So fand das Amen – als „altes Dresdner Amen“ bezeichnet – schließlich im Jahre 1888 auch in die von Oskar Wermann redigierte Agende der Landeskirche Aufnahme, und zwar in die Liturgie A (Hauptgottesdienst an Sonntagen) als nach dem Segen zu singen. Als Komponist pflegte allgemein Naumann genannt zu werden, doch fehlt freilich für diese Annahme Begründung oder Nachweis. Folgt man den stilkritischen Untersuchungen Carl Johann Perls im „Zwinger“ (Heft 1; 1920), der in dem Amen eine „schlichte böhmisch-protestantische Volksmelodie“ erblicken zu dürfen glaubt [25] und meint, sie könne von Zelenka in den Dresdner katholischen Gottesdienst gerettet worden sein, so käme man, setzte man an die Stelle des Namens des altböhmischen Meisters, den Naumanns, auf die Vermutung, dieser Komponist könne mit der Übernahme einer solchen in Verbindung gebracht werden. Sei es, daß er sie den im Archiv der Brüder-Unität in Herrnhut aufbewahrten Gesängen der böhmisch-mährischen Brüder entlehnt habe oder von ihnen angeregt worden sei. War doch Naumann – ohnedies stets von besonderem Interesse für kirchenmusikalisches Schaffen erfüllt – selbst in Herrnhut gewesen und von der edlen Einfalt des Gottesdienstes der Brüdergemeinde und der ergreifenden Wirkung ihres Gesanges nachhaltig berührt worden. Auch war er dem Dresdner Herrnhuter Kreise im gesellschaftlichen Leben nähergetreten, und wird doch auch von einem rührenden, kindlich-frommen, ganz dem Geiste evangelischer Glaubensgemeinschaft entstammenden Vater Unser berichtet, das später aus den alten „Kirchengesängen der Brüder in Böhmen, Mähren und Polen“ seinen Weg nach Dresden fand[39]. Es war der Hoforganist an der evangelischen Hofkirche Friedrich Georg Kirsten (gest. 1825), der es laut seinem in der Stadtbibliothek in Dresden aufbewahrten handschriftlichen Diarium aufgefunden und im Juni 1819 sich nicht nur wiederholt „vorm Hause“ von den Chorknaben seiner Kirche, wie denen der Kreuzkirche hat vorsingen lassen, sondern auch berichtet, daß der Gesang in der Kreuzkirche wie im Johannisfest-Vespergottesdienst der Hof- und Sophienkirche zur Aufführung kam. Mit Genugtuung fügt dieser Eintragung der Tagebuchführer hinzu, daß der Eindruck wieder ein solcher gewesen sei, daß mehrere Tage nachher noch ihm von Hörern bezeugt worden sei, wie außerordentlich tief sie der Gesang ergriffen habe.

Sieht man nun aber von einem unbedingten Festhalten an der Überlieferung einer Naumannschen Urheberschaft am Dresdner Amen ab, so gewinnt eine andre Annahme von dessen Ursprung beträchlich an Gewicht, die vertreten wird von dem als besonderen Kenner der Liturgik bekannten und geschätzten Johannes Biehle-Bautzen. Sie geht davon aus, daß diese Melodie weder dem Stil und Geist der katholischen Liturgie, noch dem der protestantischen entspreche. Vielmehr dürfte man dieses Stück für weltlichen Ursprungs halten, der noch vor Naumann zurückreiche, und zwar solle am Hofe Augusts des Starken dieser Satz eine Instrumentalfanfare für feierliche Hofanlässe gewesen sein. Man müsse auch zugeben, daß dieses Amen, für uns von unvergleichlicher Schönheit und Wirksamkeit im Gottesdienst, als Trompetensatz für Hoffeste mit dem Aufstieg zur Quinte nicht [26] pompöser gedacht werden könne. – Diese Annahme würde ortsgeschichtlich bedeutsame Begründung in der früher schon hier betonten hervorgehobenen Stellung der Fanfarenbläser und Fanfarenmusiken am kursächsischen Hofe finden. Stilkritisch spräche für sie der pathetische Charakter des Tonsatzes, der schon Perl nicht recht als zu der Herkunft aus reformatorischem Geiste passend erschien, und zum dritten wieder könnte dieser alte Fanfarensatz, der vielleicht gar vor oder bei festlichen Hofgottesdiensten in der Schloßkapelle[40] geblasen wurde, nach dem Glaubenswechsel des Herrscherhauses als gesungene Melodie von den Dresdner Kirchen übernommen worden sein. Ihre Aufnahme in die katholische Kirche aber wäre dann vermutlich durch Naumann erfolgt, der sie schon als Alumnus der Kreuzschule gesungen haben mußte. Als Schüler Tartinis hätte er ihr in der Harmonisierung das auch von Guido Adler in seinen Wagner-Vorträgen festgestellte besondere Klanggepräge des XVIII. Jahrhunderts, und damit zugleich den katholischen Charakter gegeben.

Jedenfalls darf man in diesem Zusammenhang noch daran erinnern, daß sich die gottesdienstliche Musik in der Dresdner katholischen Kirche auch sonst nicht von protestantischen Elementen frei hielt. Das bezeugen u. a. briefliche Kundgebungen des musikalisch und dichterisch begabten Hofmeisters des nachmaligen Königs Johann, Carl Borromäus v. Miltitz, der sich mit der Absicht trug, eine Geschichte der Kapell- und Kirchenmusik, sowie der Theater in Dresden zu schreiben. Sie sind gerichtet an den Dresdner Lokalhistoriker Albert Schiffner, und er beklagt sich darin über den gänzlichen Mangel an Nachrichten über die Einrichtung des musikalischen Gottesdienstes. Einen alten Bericht über die Einweihung der katholischen Hofkirche zitierend fährt er, Pillnitz 8. Julius 1840 datiert, fort: „Recht schön, allein wie kommt z. B. das deutsche Lied „O du Lamm Gottes unschuldig“ – das Sie für ein Hussitisches erklären, mitten in den lateinischen, katholischen Ritus? Ferner, wer hat angeordnet, daß der Hymnus Ecce quo modo moritus justus, komponiert von Gallus oder Handl, der auch im Florilegio Portensi steht – wie kommt er dorthin? – am Grünen Donnerstag gesungen werden soll?“ In einem Brief, datiert Pillnitz 20. Julius 1840, heißt es: „Am Karsonnabend spricht oder singt der Geistliche in der katholischen Kirche die deutschen Worte: Christus ist erstanden“, und Miltitz meint, es würde ihm eine Nachweisung sehr erwünscht sein, wo die diesfallsige Anordnung der Erzbischöfe von Mainz, Cöln und Magdeburg zu [27] finden wäre. Die Fragen, ob, inwieweit und von welchen Stellen aus bei solchen und ähnlichen Gewährenlassen ein Bestreben mitsprach, in konfessioneller Hinsicht vermittelnd und versöhnend zu wirken, sind hier selbstverständlich nicht zu erörtern. Immerhin aber finde in diesem Zusammenhang Erwähnung, daß, als im Jahre 1864 das erste Hoforganistenamt frei wurde, auf ausdrückliche Anordnung König Johanns, der den Bescheid gab, dieses gebühre dem dazu Berufensten, der bis dahin an der Waisenhaus- und Kreuzkirche beamtete Gustav Merkel damit betraut wurde.

Im Jahre 1843 trat Rich. Wagner als Amtskollege Reißiger zur Seite, was im Hinblick auf den Kirchendienst insofern Bedenken bei dem nicht zu übergehenden geistlichen Würdenträger, dem Bischof Laurentius Mauermann (gest. 1845), dem Bruder seines Vorgängers Bernard Mauermann, erregt hatte, als nun beide Hofkapellmeister Protestanten waren. Ein Bedenken, das durch in Aussichtstellung der Berufung eines Katholiken für den Musikdirektorposten behoben wurde, die alsbald in der Gestalt des späteren Revolutionsgefährten Wagners August Röckel erfolgte. Im Lebensgange Wagners, für dessen Temperament und hochfliegenden Künstlergeist es natürlich kein Paktieren mit einer beamtenmäßigen Auffassung einer Stellung gab, konnte der ganzen Lage der Verhältnisse nach sein Dresdner Wirken, so epochebildend es für die Geschichte des musikalischen Dramas wurde, nur ein episodisches bleiben, und vor allem seine kirchendienstliche Tätigkeit[41] konnte keine anderen Spuren hinterlassen, als die, die man in der Aufnahme jenes Amen in seinem Parsifal und in der Konzeption des Liebesmahls der Apostel vor sich hat. Dazu kam aber noch, daß die unbegrenzte Wertschätzung Palestrinas als des Meisters, der das innerste Wesen des katholischen Kultus in seiner Musik erfaßte und mit dem ihm auch darum die Religion aus der Kirche verschwunden schien[42], ihn in der Einführung der [28] Orchesterinstrumente den ersten Schritt zum Verfall der wahren katholischen Kirchenmusik erblicken lassen mußte. Eine Auffassung, der man eine gewisse Berechtigung nicht versagen wird und die von weiten Kreisen in der Kirche geteilt, später (1867) in der cäcilianischen Bewegung auslebte und reformatorisch auch auf die Dresdner Verhältnisse einwirkte. Indessen Wagner verschloß sich doch darum keineswegs der Erkenntnis, daß auch noch nach der Einführung der Orchesterinstrumente von den größten Tonsetzern ihrer Zeiten Kirchenstücke verfaßt worden seien, die an und für sich von ungemeinem künstlerischen Wert sind und möglicherweise wäre sein Urteil noch milder ausgefallen, ihrer Verwendung im Gottesdienst gegenüber, wenn nicht sein organisatorischer Scharfblick die damals eingerissenen Mißstände in zu bedrückender Schwere empfunden und diese ihn begreiflicherweise in radikalem Sinne beeinflußt hätten. Es handelte sich hier vor allem darum, daß nach dem infolge der im Jahre 1832 erfolgten Auflösung der italienischen Oper allmählich sich vollziehenden Ausscheiden und Absterben der Kastraten die auf deren Virtuosität berechneten Gesangstücke von den Chorknaben vorgetragen werden mußten, was natürlich nur ganz stümperhaft geschehen konnte und Wagner „das Widernatürliche, oft Empörende der Beibehaltung dieser Kirchenmusik emfinden ließ.“ Der milde, weiche und nachgiebige Reißiger aber war nicht der Mann von dem Schlage, sich kraftvoll dafür einzusetzen, was Wagner als erste Notwendigkeit erkannt hatte, d. h. für die Ersetzung der Kastraten durch Sängerinnen[43]. Bemerkenswerterweise sollte sie von ihrem letzten Vertreter, dem damaligen Kapellknaben-Instruktor Angelo Cicarelli, der seinen Namen in Dresden durch eine Stiftung für arme, unbescholtene weibliche Personen verewigte, die sich verheiraten wollen, beim damaligen Bischof (Dittrich) unterstützt worden sein. Alles, was geschah – außer der Einführung des Graduales an Stelle der Kirchen-Symphonie (Epistelsonate) – war die Vermehrung der Kapellknaben. Reißiger vermied bei seinen Messen die Unzuträglichkeiten durch geeignete Umarbeitungen, aber in den Werken Hasses, Naumanns u. a. litt natürlich die Ausführung der Soli, die für große Gesangkünstler geschrieben waren, bedenklich, und als dann der frühere Opernsänger (Bassist) Carl Risse Kapellknaben-Instruktor wurde, gestaltete sich, abgesehen davon, daß die Auswahl und die Ausbildung der Knaben zu wünschen übrig ließ, die Sache immer bedenklicher, weil alle möglichen bei diesen sich ereignenden Zufälle Pläne der Kapellmeister einfach unmöglich machen konnten[44].

[29] Diese auf die Dauer unerträglichen Mißstände wurden erst im Jahre 1864 abgestellt, als es dem damaligen Generaldirektor Otto von Koenneritz gelang, das alte Vorurteil gegen die Mitwirkung von Frauen bei der Kirchenmusik zu besiegen und von seiten des Königs und der kirchlichen Oberleitung die Genehmigung zur Mitwirkung von Sängerinnen der Hofoper, soweit sie katholischer Konfession oder dieser zugetan waren, für hohe Festtage zu erreichen, als welche vorläufig die beiden Feiertage des Weihnachts-, Oster- und Pfingstfestes, die Auferstehungsfeier am Ostersonnabend und das Fronleichnamsfest angesehen wurden. So bestand damals das Gesangespersonal aus je sechs Kapellknaben für den Sopran und Alt, denen bei Festtagen je eine Solistin beigegeben war, im Tenor aus drei Solisten und einschließlich der Zeremoniensänger fünf Ripienisten, endlich im Baß aus fünf Solisten und zwei Ripienisten.

Inzwischen war als Nachfolger Wagners im Jahre 1850 Karl Krebs (eigentlich Miedke) nach Dresden berufen worden, und Julius Rietz trat dann (1860) an die Stelle des 1859 verstorbenen Reißiger. Krebs brachte als Katholik und dann als Gatte der auch nach ihrer Pensionierung noch im Kirchendienst als Vertreterin der Altsoli rühmlich tätigen Aloysia Krebs-Michalesi diesem besonderes Interesse entgegen, wie er auch ein Tedeum, mehrere Messen u. a. schrieb[45]. Rietz war namentlich die Aufnahme des Mozartschen Requiems[46] und des Ave verum (als Offertorium) in das Kirchenrepertoire zu danken, doch kam damals auch die Krönungsmesse (12. Oktober 1862) zum ersten Male in der Kirche zur Aufführung. In die Zeit der Amtsführung Rietz’ und Krebs’ fällt die nach dem Tode Risses im Jahre 1871 erfolgte Berufung des seit 1854 als Hilfsorganist, seit 1863 als zweiter Hoforganist an der katholischen Hofkirche tätigen Edmund Kretschmer zum Instruktor der Kapellknaben, deren Zahl damals auf 16 erhöht worden war, doch wird seines Wirkens erst später zu gedenken sein. Vom Jahre 1873 an, d. h. nach seinem Rücktritt von der Oper, behielt Krebs nur noch die Leitung der Kirchenmusik bei, während der junge Ernst Schuch sich mit Rietz in die Oper teilte. Als dann im Jahre 1880 Krebs starb, war in Franz Wüllner aber auch schon der Mann (seit 1877) zur Stelle, dem als frommem Katholiken der Kirchendienst Herzenssache war und dessen Wirken als Reorganisator trotz seiner in Dresden allgemein bedauerten kurzen Zeit eine besondere Bedeutung gewinnen sollte.

[30] Außerstande, sich vom künstlerischen Standpunkt aus der radikalen Richtung in der cäcilianischen Bewegung anzuschließen, hatte Wüllner, wie Rheinberger in München u.  a., deren berechtigten Kern wohl erkennend, seinen Reformbestrebungen im Einvernehmen mit der kirchlichen Oberbehörde einen vermittelnden Charakter gegeben und sie vor allem mit den in einer großen geschichtlichen Überlieferung begründeten bestehenden Verhältnissen in Einklang zu bringen getrachtet. Dementsprechend kamen die Instrumentalmusiken in den sogenannten geschlossenen Zeiten – Advent- und Fastenzeit – in Wegfall und an ihre Stelle trat die Pflege der strengeren Vokalmusik. Eine Maßnahme, die einerseits dem kirchlichen Standpunkt Rechnung trug und anderseits gleichzeitig eine Entlastung der durch den Operndienst immer mehr in Anspruch genommenen Kapelle bedeutete. Die dadurch bedingten höheren Anforderungen an den Hofkirchenchor machten nun aber dessen Verstärkung nötig, und so wurde dieser durch Frauenstimmen ganz wesentlich in seiner Leistungsfähigkeit erhöht. Seine Leitung übernahm, wie die der Vokalmusiken überhaupt, der schon genannte Hoforganist und Kapellknabeninstruktor Edmund Kretschmer[47], der durch die auf persönliche Entschließung König Alberts erfolgte Verleihung des Titels eines Königlichen Kirchenkomponisten ausgezeichnet wurde, dessen letzter Träger der im Jahre 1824 verstorbene Franz Anton Schubert gewesen war. Nachfolger Edmund Kretschmers im Organistenamt wurde der seit 1886 als zweiter Hoforganist angestellte Paul Brendler. Bedeutete schon die stärkere Heranziehung der Vokalmusiken zu den Gottesdiensten zugleich eine Bereicherung des Repertoires, dem auch ihr Leiter manches wertvolle Werk beisteuerte, so erweiterte dieses Wüllner wiederum, was die Orchestermusiken anlangt, in sehr bemerkenswerter Weise. Bis dahin war im wesentlichen an der Überlieferung festgehalten worden, der zufolge in der Regel nur Werke aufgeführt wurden, die für das Dresdner Gotteshaus komponiert waren. Ausnahmen wurden in früheren Zeiten nur am Cäcilientage (22. November) gemacht, an dem stets andere Werke zu Gehör kamen. Später waren vereinzelt wohl Kompositionen von Mozart (siehe oben), Josef Haydn, Hummel (D-Moll-Messe), Michael Haydn (Offertorium Laudate Dominum) u. a. im Repertoire erschienen. Eine Messe von Palestrina[48] pflegte früher am Palmsonntag aufgeführt zu werden, und das mit einer von Schürer stammenden Instrumentalbegleitung (!), die zwar harmlos mit den Stimmen ging, aber doch dankenswerterweise [31] von Krebs (1865) beseitigt wurde. Von da an aber erschienen von Mozart auch andere Messen (die in F-Dur, B-Dur usw.), solche von Beethoven (C-Dur), Schubert, Weber u. a., Cherubinis Requiem, Vokalwerke von Palestrina, Viadana, Vittoria, Haßler, Lotti, weiterhin von Ett, Franz Lachner, Wüllner, Rheinberger, Kretschmer nicht zu vergessen, u. a. Die Anziehungskraft erhöhte wieder die Mitwirkung von Künstlern der Oper. An die Stelle der Damen Jauner-Krall, Krebs-Michalesi u. a. und der Herren Rudolph, Wächter, Weixlstorfer, Mitterwurzer u. a. – Tichatscheck war in späterer Zeit gänzlich dispensiert worden – traten dann andre, jüngere Kräfte. Da begegnete man einer Elise Sigler und Ernestine Rößler (später als Frau Schumann-Heink eine Künstlerin von Weltruf), einer Marie Wittich, Irene von Chavanne, Erika Wedekind, Elisabeth Retberg, Viereck-Kimpel, Liesel v. Schuch u. a., auf Riese, Degele, Joseph und Anton Erl folgten Anthes, Perron, Scheidemantel, Wachter u. a., darauf Plaschke, Rüdiger, Puttlitz, Schmalnauer, d. h. manche von ihnen natürlich nur als Quasi-Gäste bei besonderen Anlässen, die letztgenannten jedoch als angestellte Kirchensänger. Auch einzelne von den Damen und Herren des Chores traten rühmlich hervor, als Sopran- bez. Alt-Solistinnen Selma Lehmann, Rosa Reinl, Bertha Schlegel; und nicht unerwähnt darf bleiben, daß der Kirchengesang die Stimmenkultur fördernd aus akustischen Gründen sich bewährte, insofern diese eine auf ruhiger Atemführung beruhende gebundene Tongebung forderte, ähnlich wie es bei den Bläsern der Fall war, deren fest begründeter Ruf zum Teil mit auf dieser Tonpflege beruht haben mag.

Nach Wüllners durch seine Enthebung vom Dienst in der Oper bewirkten Abgang (1882) trat Adolf Hagen an Schuchs Seite, der von da an allmählich ihr spiritus rector wurde und den Kirchendienst bald nur noch bei hohen Festen und in Anwesenheit des Hofes ausübte, oder, wie man in der Kapelle scherzweise sagte, die „weißen Kravatten dirigierte.“ Als dann im Jahre 1913 Adolf Hagen in den Ruhestand trat und Dr. Latzko, der nach Fritz v. Schreiners Tod (1910) Chordirektor geworden war, nach Weimar ging, übernahm Karl Pembaur dieses Amt und unter gleichzeitiger Ernennung zum Königlichen Kapellmeister die Leitung der Kirchenmusiken. Sein Wirken gehört der Gegenwart an, und sein Schaffen – drei Orchestermessen: eine Weihnachtsmesse, eine Missa brevis in F- und eine Missa solemnis in G-Dur – bezeugt sein erfolgreiches Streben, die moderne Musik mit ihrer orchestralen Farbigkeit der Kirche im Sinne der vorbildlichen Lisztschen Bestrebungen dienstbar zu machen.




[32]
Aus dem Aufführungsplane der letzten Jahre:
Aiblinger, Joh. Kaspar:
      Jubilate Deo. 5st.
Timebunt gentes. 4 st.
Tribulationes. 5st.
Universi. 4st.
Ex Sion 5st.
Perfice
Vesperpsalmen, Ch., 4 st., Org.
Beethoven, Ludwig van:
Messe C-Dur, S., Ch., Orch.
Casali, Giovanni Battista:
Ad te levavi 4st.
Scapulis suis
Meditabor
Cherubini, Maria Luigi:
Requiem C</tt-Moll, Ch., Orch.
Laudate Dominum.
Ett, Kaspar:
Messe A-Dur, Ch., 8 st.
Vokal-Requiem Es-Dur, 4st.
Vesperpsalmen, Ch., 4 st., Org.
Goßwin, Anton:
Messe F-Dur, Ch., 4 st.
Hasse, Joh. Adolph:
Messe D-Moll, S., Ch., Orch.
Te deum D-Dur, S., Ch., Orch.
Regina coelli, Alt-S., Orch.
Hummel, Joh. Nepomuk:
Messe D-Moll, Ch., Orch.
Messe B-Dur, Ch., Orch.
Krebs, Karl August:
Messe F-Moll.
Pastorale, Orch.
Kretschmer, Edmund:
Messe As-Dur, Ch., Org. 4st.
Messe D-Moll, Ch., Org.
Litanei, Baß-S., Ch, Org. 4st.
Justus ut palma, Ch.
Cantate domino, Ch.
Benedictus es, Ch.
Haec dies, Ch., 8st.
Justorum animae, Ch. 4st.
Veni creator spiritus, Ch.
O sacrum convivium, Ch.
Inveni David, Ch.
Magnificat, Ch., Org.
MagnficatCh., 8 st.
Laudate, Ch., Org.
LauateCh., 8st.
Vokalrequiem C-Moll, 4 st.
Vesperpsalmen, Ch., 4 st., Org.
Lachner, Franz:
Benedictus Dominus, 5 st.
Liszt, Franz:
Messe Es-Dur (ungar. Krönungsmesse),
     S., Ch., Orch., Org.
Molitor:
Vesperpsalmen, Ch., 4 st., Org.
Mozart, Wolfgang Amadeus:
Requiem D-Moll, S., Ch., Orch.
Messe B-Dur, S., Ch., Orch.
Messe C-Dur, (Krönungsmesse), S., Ch., Orch.
Ave verum, Ch. u. Orch.
Laudate Dominum, Sop., S., Ch., Orch.
Naumann, Joh. Gottlieb:
Messe A-Dur (Trompetenmesse).
Messe D-Moll (Weihnachtsmesse).
Messe A-Moll.
Verbum caro factum est, Alt-S., Orch.
Da pacem, Domine S., Ch., Orch.
Veni sancte spiritus
Palestrina, Giovanni Pierluigi:
Messe: „Lauda Sion“, Ch. 4st., Agnus 5 st.
Messe:„Aeterna Christi munera“, Ch. 4st.
Messe:„Papae Marcelli“, Ch., 6 st.
Hodie Christus natus est, Ch., 8 st.
O bone Jesu, Ch., 4 st.
Responsorien für die Charwoche. Ch., 4st. (? S. 8)
Improperium, 5st (Palmsonntag).
Pembaur, Karl Maria:
Missa brevis F-Dur, Ch., Orch., Org.
Missa solemnis G-Dur, S., Ch., Orch., Org.
Weihnachtsmesse mit Introitus, Graduale,
      Offertorium, Communio, S., Ch., Orch., Org.
Rastrelli, Joseph:
Confitebuntur coeli.
Reißiger, Carl Gottlieb:
Messe As-Dur, S., Ch., Orch.
Messe H-Moll, S., Ch., Orch.
Messe A-Moll, S., Ch., Orch.

[33]

      Requiem.
Miserere, Sop-., Alt-S., Ch., Org.
Non nobis Domine, Sop.-, Alt-S., Ch., Orch.
Confitebuntur coeli, Bar.-S., Ch. Orch.
Christus factus est, Ch. 4st.
Ave Maria, Ch.
Convertere Domine, Ch.
Jacta cogitatum, Ch.
Pastores quidnam vidistis.
Domine miserere, Ch.
Protector noster, Ch.
Ascendit Deus, Ch.
Scimus Christum surrexisse, Ch.
Lauda Sion, Ch.
Beati, Ch.
Veni sancte Spiritus, Ch.
Rorate coeli, Ch.
Scarlatti, Alessandro:
Exultate Deo, Ch., 4st.
Schubert, Franz:
Messe Es-Dur, S., Ch., Orch.
Schubert, Josef:
Messe E-Moll, Sop.-S., Ch., Orch.
Schürer, Joh. Georg:
Litanei, Ch., Orch.
Invitatorium, Ch., Orch.
Schuster, Josef:
Litanei, Ch., Orch.
Stabat Mater, S., Ch., Orch.
Messe G-Dur, Ch., Orch.
Mirabilis Deus, S., Ch., Orch.
Salve puer, Ch., Orch.
Angelus Domini, Sop.-S., Ch., Orch.
Angelus Domini, Alt-Solo.
Laetamini, Sop.-, Alt-S., Ch., Orch.
Huc pastores, Sop.-, Alt-S., Ch. Orch.
Ave Maria, S., Ch., Orch.
Silvani, Guiseppe Antonio:
Benedictus Dominus, Ch., 4st.
Viadana, Ludovico:
Messe im V. Ton, Ch., 4 st.
Vittoria, Tomaso Ludovico da:
Jesu Dulcis memoria, Ch., 4 st.
Passionschöre.
Weber, Karl Maria:
Messe Es-Dur, S., Ch., Orch., Org.
Messe G-Dur, S., Ch., Orch., Org.
Wüllner, Franz:
De profundis clamavi ad te. Ch., 4 st.

[34] [35]

Die Dresdner Hoftrompeter.



Von
Otto Mörtzsch.




[36]

[37]
Geschichte des Standes.


Die Kunst des Trompetenblasens ist uralt und diente von Anfang an militärischen, gottesdienstlichen und höfischen Zwecken. – Das älteste Bild eines Trompeters, der Reiter zum Kampfe ruft, finden wir auf dem Ramessidenrelief zu Theben in Ägypten[49]. Auch bei den Hebräern waren Trompeten im Gebrauch, was durch viele Stellen der Heiligen Schrift belegt werden kann[50]. Die Griechen benutzten das Instrument ebenso wie die Römer[51]. Letztere besaßen völlig ausgebildete Instrumente, deren Form und Leistungsfähigkeit nicht viel von unsern Naturinstrumenten unterschieden waren. Sie verwendeten die zum Kreise gebogene, fast 3 m lange, unserm Waldhorn entsprechende bucina und die gerade, ziemlich mannsgroße tuba, die Urform unsrer Trompete. Außerdem waren noch das kurze, aus Büffelhorn gefertigte cornu und der mittelgroße lituus, einer Tuba mit umgebogenem Schallbecher gleich, im Gebrauch. Alle diese Instrumente wurden mit Mundstück geblasen, um den Ansatz zu erleichtern und sicher zu machen, sowie die Lippen vor zu rascher Ermüdung zu schützen. Aber die Kenntnis dieser hochentwickelten Instrumente ist, wenigstens im Abendlande, durch die Völkerwanderung verloren gegangen. Die Technik, dünne Röhren herzustellen und zu biegen, mußte sich das Mittelalter erst wieder erwerben. Bei den Deutschen findet man an Instrumenten: Das Stierhorn, ein mittelgroßes Instrument, ursprünglich aus tierischem Horn, später aus Metall und anderen Stoffen, das „herhorn“, das wegen seiner Größe nur aus Metall hergestellt werden konnte, das kurze Signal- oder Hifthorn. (Die Luren des Nordens hatten [38] die Form eines Fragezeichens, das konische Rohr bestand aus mehreren Stücken, endete in einer tellerförmigen, mit Buckeln verzierten Schallöffnung und bestand aus Bronze.) Nach dem Jahre 1000 treten noch auf: der gerade und krumme Zink, mit Tonlöchern versehene Holzhörner, ein Tubeninstrument (trumba), die Busine, verschiedene Pfeifenarten: die Schnabelflöte, die Doppelflöte und die Syrinx oder Panspfeife. Am Ende des 12. Jahrhunderts und später kommen in Gebrauch die aus dem Orient stammenden Instrumente: die Querflöte, die Schalmei, der Dudelsack und eine Abart desselben, das Platerspiel, welches aber schon im 16. Jahrhundert in Vergessenheit geraten zu sein scheint, denn Praetorius[52] kennt es nicht mehr. Die Trumba war aus Metalllegierungen von Zinn, Messing, Kupfer hergestellt und hatte eine ähnlich konische Gestalt wie die römische Tuba. Die Länge und Weite der Röhre konnte verschieden sein. Nur die tiefen Naturtöne dürften bei der weiten Mensur angesprochen haben. Das der Trompete ähnlichste Instrument des Mittelalters war die „Busine“, welche wahrscheinlich auch dem Orient entstammte. Sie bestand aus einem engen Rohre, weitete sich gegen das Ende und trug einen Schallbecher. Den Miniaturbildern nach wurde sie aus Messing hergestellt. Die Busine klang bei ihrer engen Mensur hell und frisch, gab bei kunstmäßigem Blasen die hohen Obertöne her, und es war möglich, mit ihr längere Motive oder anspruchslose Melodien zu bilden. Der Ton war schmetternd, ein Beweis, daß die Wandungen des Instruments dünn und elastisch waren und beim Blasen mitschwangen. In zahlreichen, mittelalterlichen Dichtungen wird ihr Gebrauch erwähnt und ihr Ton gerühmt, z. B. im Lichtenstein (Frauendienst), Willehalm, Lohengrin, Parzival, Rosengarten, Nibelungenlied, Kudrun, Chanson Roland, Wigalois, bei Gui de Bourgogne, Guillaume d’Orange und in der Braunschweiger Reimchronik. Die Busine war von ihrer Einführung an ein bevorzugtes Instrument, denn sie war einer starken Fortentwicklung fähig und führte in ihrer weiteren Fortbildung ebenso zum Horn wie zur Trompete und Posaune. Die Instrumente wurden allein, im Duo, aber auch im Verein mit anderen gespielt, so mit der Schalmei oder Flöte, mit der Trumba oder dem Horn, vor allen Dingen zusammen mit der „rottumbe“, der im Mittelalter so beliebten Trommel, und mit dem Tympanum, der Pauke. Die „Businaere“ gehörten zum Gefolge der Ritter, sie bliesen bei deren Auszügen einen Marsch: ein reisenot, oder bei den Turnieren und anderen Festlichkeiten. „Min busûner, die bliesen do mit kunst ein reisenot vil ho“ (Lichtenstein). „Nach den selben reit pusûner, der man och bedarf“ (Parzival)[53]. Die Businen trugen mit Wappen [39] geschmückte Fähnchen, die unmittelbar hinter dem Schalltrichter befestigt waren. Die Kreuzzüge scheinen mit der Verfeinerung des höfischen Lebens auch die Kunst des Blasens der Busine nach Deutschland gebracht zu haben.

Unsere Wettiner waren fast ohne Ausnahme Freunde der Musik. An ihrem Hofe fand sie eine Pflegstätte, teils schätzte man sie wegen ihres künstlerischen Wertes, teils diente sie hier zur Erhöhung der höfischen Pracht. Von Heinrich dem Erlauchten wissen wir, daß er als Minnesänger und Kirchenkomponist[54] tätig war, und dürfen wohl mit Recht vermuten, daß an seinem Hofe auch die Instrumentalmusik ausgeübt wurde. Bei seinen glänzenden Turnieren (Nordhausen, Meißen, Merseburg u. a.) müssen Bläser ihre Kunst haben hören lassen, denn die Ritterspiele wurden durch Trompeten-, zu damaliger Zeit richtiger: Businenklang, eingeleitet und abgeblasen. Vom Mark- und Landgrafen Friedrich dem Ernsten (1324 – 49) meldet uns Johann Rothe, der thüringische Chronist: Da zog der Landgraf Friedrich mit seiner Ritterschaft durch die Stadt (Erfurt), um gen Meißen zu reiten, und vor ihm her wurden, wie es einem Fürsten der damaligen Zeit (1342) geziemte, Pfeifen und Posaunen geblasen[55]. Urkundlich belegt finden wir das Vorhandensein von Musikern am Wettiner Hofe im Jahre 1386. Ermisch führt in der Hofhaltsrechnung Markgraf Wilhelms I.[56] als Musiker, die mit auf Reisen außer Landes gehen, an: Fistulatores = Flötenbläser, Vigellatores = Fiedler, und Tympanatores = Pauker. Sollten zu letzteren nicht Businaere gehört haben? Flöten, Fiedeln und Pauken würden doch einen gar zu eigenartigen Zusammenklang gegeben haben. Auch die so beliebten Pfeifer und Lautenspieler sind nicht genannt. Den ersten sicher nachzuweisenden Bläser, den ersten Hoftrompeter im Hofstaate der Wettiner, finden wir wieder bei Ermisch in seinem Codex diplomaticus Sax. reg.[57] I, Bd. II. Landgraf Balthasar bekennt „mit diesem bryffe, daz wir Heinrich vnßin posunere (= Businer, d. i. Trompeter) vorschriben vnd vorwyset haben, vorschriben vnd vorwysen in dysem selbin bryffe achte schog grosschin ffryberger muncze alle jar uff sente Michelstag uffczuheben vnd inczunemen vz vnsir muncze czu Sangerhusen die wyle er vnßer dyner vnd vns daz eben ist...“ Der Münzmeister wird angewiesen, das Gehalt regelmäßig auszuzahlen. „Dyczel posuner had von worte czu worte alz die obgeschrieben noteln heldt vnd in allir maße alz sie steet eynen bryff auch ubir achte schog groschen.“ 1402, Juni 29. Fünf Jahre später, am 9. Juli 1407, [40] erhält der Posauner „Ticzel“ vom Landgrafen Friedrich 12 rheinische Gulden aus der Münze zu Freiberg und 1 Malter Korn Weimarisches Maß aus der Korngulde zu Weimar verschrieben. Um dieselbe Zeit begegnen wir auch wieder dem Trompeter Heinrich Bessirdich[58], dem 6 Schock Groschen jährlich aus der Freiberger Münze zugesichert werden. Daß gleichzeitig noch mehr Musiker am Hofe angestellt waren, verraten der Kopialeintrag: „Nota der briffe had iglicher posuner und phiffer eynen“ und „der Videler brieff“ vom 25. Juli 1407[59]: „Wir Friederich von gotes gnaden u. s. w. bekennen vor vns vnd vnßer erbin, daz wir Pauweln vnßerm lutensleger vnd diner jerlichin czehin rinische gulden vorschriebin vnd vorwiset habin, vorschrieben vnd vorwisen im die in dießem selbin brieve in vnß muncze czu Frieberg alle jar uff sante Michaelztag uffczuheben vnd diewiele er vnß diner vnd vns daz eben ist und heißin vnsern munczmeister daselbist czu Wimar der iczund ist adir czugecziiten wirdet, daz er im dii alle jar gebe und reiche in allirmasse vnd uff solche cziit alz obgeschriben steet ane hindernisse vnd geverde. . . Desselbin glich habin Hans vnd Berlt auch iglicher ennen brieff.“ Als Kurfürst Friedrich der Sanftmütige 1456 nach dem Prinzenraube sein Hoflager von Altenburg weg abwechselnd nach Meißen, Torgau und Leipzig verlegte [60], wurden unter die ständige Dienerschaft mit aufgenommen: „4 pfiffer, 2 lutensleger, 1 fideler“, Trompeter werden nicht genannt. Bereits 1467 aber finden wir in den „Hofhaltungssachen“ (Loc. 4335, Nr. 18, S. 102) Ausgaben für „Banner zu tromettin“. Unter Ernst und Albrecht, den ritterlichen Söhnen Friedrichs V., müssen also Trompeter am Hofe gehalten worden sein, was bei der Freude Albrechts an prächtigen Turnieren und bei der Vorliebe Ernsts an der Musik erklärlich ist. Letzterer läßt sich 1472 von den Herren Caspar von Schönberg und Apel von Tettau aus Landshut in Bayern eine leŋer (pro Domino Ernesto)" im Werte von 2 Gulden mitbringen[61]. Im Jahre 1470/71 endlich erfahren wir Genaueres über die Hoftrompeter am Dresdner Hofe. Hans von Mergental, der Landrentmeister, stellt die Hofhaltungsrechnung zusammen und nennt darin die „6 trometer: Meister Heinze (gewiß der Obertrompeter), Cuntz, Bernhardt, Hans Motzil, Hans Sateller und Claus“ und die „5 pheiffer: Jacob, Peter, Henßill, Urban Ilicg, Nickel Ilicg“. Die Trompeter erhalten aller Quatember je 7½ Gulden Gehalt und je 4 Gr. Opfergeld zu „Wynachten“, „item 4 Gr. yren knechtin zen opfergeld“. Außerdem [41] bekommt jeder 6 Gr. „Schuegelt“ und „Claues Tromitter 8 Gr. vor seyde“ zu einer Trompetenfahne[62]. Auch ein „pawker“ wird schon erwähnt. Die Trompeter begleiteten ihre Herren auf allen Reisen, bei denen es galt, mit großer Pracht aufzutreten. Als im Februar 1474 zu Amberg der kurpfälzische Thronfolger Philipp mit Margarethe, der Tochter Herzog Ludwigs des Reichen von Niederbayern, Hochzeit hielt, erschienen die sächsischen Herzöge mit großem Gefolge (etwa 400 Berittene), unter dem sich auch ihre Trompeter befanden mit „guten und gar fremden“ Trompeten, auf denen sie auch hohe Töne klar zum Ausdruck bringen konnten[63]. Ob Herzog Albrecht auf seinen Feldzügen die Dresdner Trompeter mitnahm, können wir urkundlich nicht belegen, dürfen es aber wohl als sicher annehmen. Eine Handschrift der Kreuzherren-Ordens-ritter zu Prag berichtet, daß Herzog Albrecht nach dem Tode Georg Podiebrads den Böhmen gegen König Matthias von Ungarn mit 1100 Reitern, 4000 Fußvolk und 400 Wagen zu Hilfe kommt. Trompeter und Pfeifer begleiteten den Zug (nach Ostern 1471)[64]. Er scheint ein großer Freund der Musik gewesen zu sein, denn nach dem Feldzug gegen Neuß erholte sich der Herzog durch „allerlei Kurzweil“. Bald erschienen bei ihm des Herzogs von Burgund Trompeter und Pauker, bald Spielleute aus Cöln, bald die des Landgrafen Hermann aus Neuß, welche alle mit ansehnlichen Geschenken entlassen wurden. (Auch des Königs von Dänemark Gaukler und Sackpfeifer finden sich ein, ebenso der Narr des Herzogs von Burgund und die burgundischen Lautenschläger)[65].

Eine sehr wertvolle Verschreibung erhielten die Trompeter der wettinischen Brüder am 5. Juni 1480. Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht verschreiben zu Zwickau ihren „Trometern, so wir ytzunt haben vnd ihren mitgewercken, ihren erben vnd erbnemern ein lehen mit siben wehern vff dem Elterlein gnant an dem galgberge zunehst Er Ernsts von Schonburg lehen,“ außerdem erhalten sie noch „Munzfreyhunge“[66]. Eine wahrhaft fürstliche Belehnung! Sie scheint im Widerspruch zu stehen zu der derzeitigen Auffassung über die „Ehrlichkeit“ der Trompeter. Es gab nämlich im heiligen römischen Reiche sogenannte versprochene oder unehrliche Leute, die in vielen Beziehungen rechtlos und den Innungen nicht genehm waren, z. B. Bader, Barbierer, Schäfer, Viehschneider, Lautenschläger, Trompeter, Pfeifer, Leineweber, Reseler (= Schuhflicker), Müller und alles herumziehende und gerende Volk. Anna von der Dauba, „frau uff Blankenstein“, sagt 1469 im Geburtsbriefe für Lorenz Seiler, Freiberg, er sei weder „schefer, vorsprechin [42] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/46 [43] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/47 [44] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/48 [45] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/49 [46] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/50 [47] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/51 [48] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/52 [49] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/53 [50] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/54 [51] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/55 [52] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/56 [53] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/57 [54] kann[67]. – Vom Erbe eines Trompeters gilt der Satz des III. Artikels: „Kein Obrister, Rittmeister, Befehlichshaber oder Herr, wie die seyn und Namen haben möchten, soll keinen Trompeter erben, und da ein Trompeter unter seinem Regimente stets verbliebe, sollen sie alle seine Verlassenschafft, Besoldung und Reste den Weibern, Kindern oder Befreundten zu reichen schuldig seyn, da aber kein Befreundter vorhanden, der Cassa des Orts heimfallen darvon den Gottesdienst zu halten.“

Die Privilegien und Mandate blieben in Kraft bis zur Einführung der Verfassung im Jahre 1831. War schon vorher das Ansehen der Kunst der Hoftrompeter durch Einführung der Ventiltrompeten und Anstellung von Kammermusikern (für Trompete) geschmälert worden, so fielen nunmehr auch die Schutzbestimmungen für die Trompeter-Kameradschaft weg. Die Hoftrompeter büßten ihre bevorzugte Stellung ein und wurden der Livree-Hofdienerschaft an erster Stelle eingereiht. Ihre Tätigkeit (s. u.) erfuhr eine wesentliche Beschränkung und hörte durch die Stürme der Revolution 1918 ganz auf. Über ein halbes Jahrtausend haben die Hoftrompeter (urkundlich nachweisbar) ihren Fürsten treu gedient in Krieg und Frieden als Musiker, Furiere, Kuriere usw. Eine neue Zeit mit verändertem Geschmack brachte es mit sich, daß sie zurücktreten mußten Vor anderen Dienern ihrer Herren. Stolz aber können sie zurückblicken auf ihr Wirken am Wettiner Hofe in dem erhebenden Bewußtsein, bis zuletzt ihre Pflicht getan und stets die gnädige Anerkennung ihrer Fürsten gefunden zu haben.



Instrument und Tätigkeit der Hoftrompeter.

Das Instrument der Hoftrompeter alter Zeit war die „Trummet“, die Trompete. In den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts scheint bei uns die langgestreckte Busine von der zweimal gebogenen Trompete abgelöst worden zu sein[68], zunächst von der S-förmig gebogenen, ohne jede Verbindung der Windungen, sodann von der, wie sie noch jetzt gebräuchlich ist. Vielleicht kam sie von Italien, wie der Name „trombetta“[69] vermuten läßt, über Süddeutschland – 1426 soll Kaiser Sigismund der Stadt Augsburg das Privilegium gegeben haben, Stadt-Trompeter zu halten[70] – zu uns. Es ist auch möglich, daß sie von den Niederlanden oder Nordfrankreich her in Deutschland eingeführt wurde. In den Rechnungen des Herzogs der Normandie kommen 1348 schon Trompeten vor, [55] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/59 [56] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/60 [57] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/61 [58] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/62 [59] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/63 [60] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/64 [61] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/65 [62] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/66 [63] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/67 [64] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/68 [65] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/69 [66] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/70 [67] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/71 [68] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/72 [69] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/73 [70] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/74 [71] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/75 [72] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/76 [73] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/77 [74] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/78 [75] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/79 [76] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/80 [77] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/81 [78] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/82 [79] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/83 [80] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/84 [81] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/85 [82] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/86 [83] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/87 [84] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/88 [85] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/89 [86] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/90 [87] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/91 [88] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/92 [89] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/93 [90] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/94 [91] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/95

[92]
Anhang.
Nr. 1.
Aus: „Musica Instrumentalis. Deudsch.

Martinus Agricola. (Magdeburg 1528, am tage Bartholomei) S. 16.

Die ander art der Instrument/des Ersten geschlechts / nemlich der Pfeiffen/ die durch menschlichen wind geblasen mügen werden/ vnd keine finger löcher haben/wie folget.

Etliche aber haben der löcher keins
Nur allein oben vnd vnden eins.
Auff diesem wird die melodey / allein
Durchs blasen vnd ziehen gefüret rein.
Als sein Busaun Trumeten vnd Claret
Wie es hie folgende gemalet steht.
Davon sag ich nicht viel zu dieser stund
Denn ich hab auch noch nicht den rechten grund.
Wo ich ihn aber werde erlangen
So soltu jhn recht von mir empfangen.
Idoch sol es also schlecht nicht hin gan
Ich wil dir sie gemalet zeigen an.“

Nr. 2.
Die Artikel der Hof- und Feldtrompeter vom Jahre 1653.

Wir Ferdinand der III. von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kayser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, in Germanien, zu Hungarn, Böhmen, Dalmatien, Croatien, Sclavonien König, Ertz-Herzog zu Öesterreich u. s. w. Bekennen öffentlich mit diesem Briefe und thun kund allermänniglich, daß Uns unsere, wie auch derer, bey gegenwärtigem Reichs-Tage in Unserer und des Heil. Röm. Reichs-Stadt Regenspurg, an- und abwesenden Churfürsten, auch anderer Fürsten und Stände, Hof- und Feld-Trompeter und Heer-Paucker in Unterthänigkeit zu vernehmen gegeben, was massen der Durchlauchtigste Fürst und Herr, Ferdinand der II. Unser freundlich geliebter Herr Vater, glorwürdigsten Andenckens, den 27. Febr. des 1623 Jahres bey der damaligen allhier gewesenen allgemeinen Reichs-Versammlung, die von damaligem Kayser Chur- und Fürsten befundenen Feld- und Hof-Trompetern und Heer-Pauckern eingereichten Puncte und Artickel, wie es mit Aufdingen, Lehr- und Freysprechen der Jungen, Auch wie es sonsten in einem und andern soll gehalten werden, gnädigst confirmiret, auch auf weiter beschehenes unterthänigstes Anhalten, hernach den 24. Octobr. Anno 1630 in Ansehung ihrer vielfältig-tapffern, redlich- und treuen Diensten, dieselbe vermehret verbessert und bestätiget haben. Nachdem aber entzwischen, sowol Unserer Kayserlichen, als Chur- und fürstlichen, auch anderer Soldatesca dienende und wohnende Hof- und Feld-Trompeter und Heer-Paucker eine Zeithero unterschiedliche Difficultäten, Irrungen und Mißbräuche, so nicht allein ihrer Ritterlichen Kunst, sondern auch denen vorhin verliehenen Kayserl. Privilegien zuwider befunden, welche bey ehrlichen Zusammenkünften offt und viel allerhand Mißhelligkeiten, Streit und Zanck verursachet, so hätten sie bey nunmehr erlangtem Frieden, auf angestellte und gepflogene freundliche Unterredung, wie diesen bishero wider ermeldte Freyheit eingerissenen, und etwa noch ereignenden Gebrechen, und Mißbräuchen gesteuert, dieselbe hinfüro in Puncten besser gehalten, fleißig, beobachtet, und ihre Kunst auch weiter befördert und vermehret werden möchte, gewisse Artickel, welche theils aus den alten Kayserl. Privilegiis gezogen, theils aber nach jetzigen Stands Nothwendigkeiten, doch den vorigen gemäß, von neuen [93] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/97 [94] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/98 [95] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/99 [96] Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/100

[97]
Nr. 4.
Lehrbrief vom Jahre 1830,
der letzte seiner Art.

Des Allerdurchlauchtigsten Großmächtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Anton, Königs von Sachsen & Meines allergnädigsten Fürsten und Herrn bestallter Hof-Trompeter Friedrich Eduard Wolfframm füge hiermit allen und jeden, weß Standes und Würden sie sind, insonderheit aber denen, so der löblichen freien, adelich und ritterlichen Kunst des Trompetenblasens und Heerpauckenschlagens zugethan sind, zu wissen, daß Se. Excellenz, Herr Erster Hof-Marschall von Tümpling im Namen Sr. Königl. Majestät von Sachsen durch den Ober-Hof-Trompeter Wolfframm mir allergnädigst anbefehlen laßen: Gottlob August Pomsel, Sohn des Fleischhauers und Gastwirths Pomsel in Lockwitz, die löbliche, freie, adeliche und ritterliche Kunst des Trompetenblasens zu erlernen. Diesem gnädigsten Befehl zu gehorsamster Folge, habe ich selbigem am 1. April 1828, nachdem Allerhöchstgedachte Se. Königl. Majestät mir wie gewöhnlich das halbe Lehrgeld von Fünfzig Thalern auszahlen laßen, im Beyseyn des Ober- auch Hof- und Feld-Trompeters, ingleichen des Hof- und Feldheerpauckers, wie gewöhnlich auf Zwei Jahre auf- und angenommen. Wenn nun in dieser Zeit besagter Pomsel durch göttlichen Beistand es so weit gebracht, daß er seiner Feldstücken fähig befunden worden ist, So haben Se. Königl. Majestät mir ferner huldreichst anbefehlen laßen, ihm seiner ausgestandenen Lehrjahre frei zu sprechen und wehrhaft zu machen, wie denn auch deshalb die annoch rückständigen Fünfzig Thaler mir vollends ausgezahlt worden. Solchemnach habe denen allergnädigst verliehenen Kaiserl. und Reichs Privilegien gemäs heute am untengesetzten Dato in Gegenwart derer zu Ende unterschriebenen Herren Ober- auch Hof- und Feld-Trompeter und Hof- und Heer-Paucker, mehrbesagten Pomsel von seinen Lehrjahren im Namen Gottes losgesaget und frei gesprochen, ihm auch, nach Angelobung des gewöhnlichen mittelst von sich gegebenen Handschlags, wehrhaft gemacht[71]. Es gelangt demnach an alle und jede, weß Standes und Würden die seyn, sonderlich die der adelich und ritterlichen Kunst des Trompetenblasens und Heerpauckenschlagens zugethan, mein respective unterthäniges und freundliches Bitten, Sie wollen diesem Zeugniße vollkommenen Glauben beimeßen und oft gedachten Pomsel für einen ehrlichen Trompeter achten und halten, selbigen auch zu Wasser und zu Lande, auf Päßen und Claußen, frei und ungehindert paß- und repaßieren zu laßen, ihm auch alle Gnade und Beförderung erweisen. Dieses wird er mit geziemenden Danke erkennen, ich aber bin es in dergleichen und andern Fällen zu erwiedern Lebenslang beflißen. Urkundlich habe ich diesen Lehrbrief und nebst mir die andern Ober- auch Hof- und Feldtrompeter, ingleichen der Hof- und Heerpaucker unterschrieben und besiegelt. So geschehen zu Dresden, den 15. Februar 1830.

Sig.:

Wolf Friedrich Gotthelf von Tümpling. Friedrich Eduard Wolfframm, Königl. Sächß. Hoftrompeter als Lehrherr. Gottlob Wieduwilt Büttner, Königl. Hoftrompeter. Carl Friedrich Grimmer, Königl. Sächß. Feld- Cammer- und Hoftrompeter. Carl Friedrich Büttner, Königl. Sächß. Hof-Obertrompeter. Carl Heinrich Hammer, Königl. Sächß. Hoftrompeter. Christian August Seŋbicke, Königl. Sächß. Hof-Her-Paucker. Christian Ludwig Taschenberg, Königl. Sächß. Kammermusikus als Zeuge. Johann Gottfried Zillmann, König!. Sächß. Kammermusicus als Zeuge. C. Franz Schroeter, Kammermusikus als Zeuge. Friedrich Gottlob Pomsel, des Freigesprochenen Vahter.

[98]
Nr. 5.
Lehrkontrakt vom Jahre 1828.
Der letzte seiner Art.

Im Namen der heiligen hochgelobten Dreifaltigkeit Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heilgen Geistes, Amen.

Demnach der Allerdurchlauchtigste, Großmächtigste Fürst und Herr, Herr Anton, König von Sachsen u. s. w. unser allergnädigster Herr! mir Friedrich Eduard Wolfframm, Königl. Sächß. Hof- und Feld Trompeter, einen Scholaren, Namens Gottlob August Pomsel, Sohn des Gastwirths und Fleischhauers Friedrich Gottlob Pomsel zu Lockwitz, die löbliche, adeliche und ritterliche Kunst des Trompetenblasens zu erlernen, allergnädigst anbefehlen lassen, So ist gedachter Pomsel heute am untengesetzten Dato, durch den Königl. Sächß. Hof- und Feldtrompeter Wolfframm in die Lehre auf und angenommen und in Beiseyn sämmtlicher Herren Hof- und Feld-Trompeter, von dem Ober-Hof- und Feld-Trompeter Wolfframm, übergeben worden und verspricht letzterer solchem gehorsamst nachzukommen. – Als wollen Allerhöchstgedachte Se. Königl. Majestät gedachten Scholaren, wie sonst gebräuchlich, die Zeit über, als Zwei Jahre, von Dato an, mit allem Fleiße, soviel Gott Gnade darzu verleihen wird, unterwiesen haben, auf daß er künftig für einen guten Trompeter bestehen möge. Für solche Lehre und Unterweisung nun haben Se. Königl. Majestät mir Friedrich Eduard Wolfframm, Hof- und Feldtrompeter, gewöhnlichermaaßen, bei Aufnehmung ermeldeten Scholarens, alsobald Funfzig Thaler als die erste Hälfte des Lehrgeldes auszahlen lassen, und dann beim Ausgang der Zwei Lehrjahre und Freisprechen, sollen auch die andern Funfzig Thaler dem Lehrherrn oder nach dessen Tode seiner Witwe und Erben vollends ausgezahlet werden, auch so der Lehrherr während der Lehrzeit verfallen sollte, so soll alsdann, denen allergnädigst verliehenen Kaiserlichen Reichs-Privilegien gemäß, der Scholar durch einen Bevollmächtigten vollends ausgelernt und freigesprochen werde. Ferner ist auch gnädig anbefohlen worden, daß oberwähnter Scholar in solcher seiner Lehrzeit seinen Lehrherrn gebührend respectire, allen schuldigen Gehorsam leiste, gottesfürchtig, stille, fromm, verschwiegen und getreu sey, sich gegen ihn und alle andere Herren Ober- auch Hof- und Feld- Trompeter und des Hof- und Heerpauckers der schuldigen Gebühr nach, wie einem ehrliebenden Scholar eignet und gebühret, bezeigen und verhalten, alle Leichtfertigkeiten und Bosheiten, insonderheit Fluchen, Spielen, Saufen, Huren, und wie es sonst Namen haben möge, mit Ernst vermeiden, Auch soll er seine Aufwartung beim Oberhofmarschall-Amte treulich und mit allem Fleiße verrichten, und alles was daselbst anbefohlen wird, sogleich dem Herrn Ober- Trompeter melden, damit es besorgt werden kann. – Welches nun und daß dieses alles gehalten werden sollte, obgedachter Scholar sowohl seinen Lehrherrn, als auch denen sämmtlichen Ober- auch Hof- und Feld- Trompetern und Hof-Heerpaucker, wie auch denen übrigen Feldtrompetern mit Hand und Mund angelobet und versprochen.

Urkundlich ist dieser Contract aufgerichtet, am untengesetzten Dato von sämmtlichen Herren Ober- auch Hof- und Feld-Trompetern und Hof- und Heer- Paucker im Namen Gottes eigenhändig unterschrieben und besiegelt worden. – So geschehen zu Dresden am 24. März 1828.

(Unterschriften:) Friedrich Eduard Wolfframm, Kgl. S. Hof- und Feld-Trompeter als Lehrherr. Johann Friedrich Wolfframm, Kgl. Sächß. Ober-Trompeter. Gottlob Wieduwilt Büttner, Hof- und Feldtrompeter. Johann George Klemm, Kgl. S. Hof- und Cammer Trompeter. Carl Friedrich Grimmer, Kgl. S. Hof- und Feld-Trompeter. Carl Friedrich Büttner sen., Kgl. S. Hoftrompeter. Christian August Seybicke, Kgl. S. Hof-Heer-Paucker. Adolph Ferdinand Roßberg, Trompeter.


[98]

Carl Maria von Webers
romantische Sendung zu Dresden.


Von
Carl Johann Perl.





Anmerkung Wikisource:

Carl Johann Perl starb 1979, seine Texte werden

2050 in Deutschland gemeinfrei.


Die folgenden Seiten bleiben bis dahin

geschwärzt.




  1. Katholischen Gottesdienst abzuhalten, war nur den Gesandtschaften gestattet, und der Zutritt war den Dresdnern strengstens verboten.
  2. Man vergleiche hierzu die Abbildungen in D. Schmid, Die Heimstätten der sächsischen Landestheater, Dresden, Alfred Waldheim & Co., 1919.
  3. Die Hoftrompeter wurden urkundlich zuerst im Jahre 1402 erwähnt. Sie hatten u. a. täglich auch das Tafelsignal zu blasen und taten auch Furier- und Kurierdienste. Im Jahre 1709 gab es 1 Oberhof-, 12 Hoftrompeter und 1 Pauker, 1736 13 Hoftrompeter, 2 Pauker, 1 Trompeter- und 1 Paukerscholaren. Später sank die Zahl auf 7, dann auf 6, zuletzt auf 5 (4 Trompeter und 1 Pauker), die bis in die Mitte der 30er Jahre auch noch in der Königlichen Kapelle Dienst taten. Jetzt werden die Intraden während des Hochamts und beim Tedeum von 2 Hoftrompetern und 2 Trompetern der Kapelle geblasen. Früher blies man noch am Schlusse des Tedeums und noch früher auch noch der Hochämter 8- bis 16 taktige Fanfarenmärsche, wie solche, Zelenka zugeschriebene und als (6) Marcie per la Cavalleria bezeichnete, der Verfasser unter dieses Meisters Noten fand (vergl. Musik am sächsischen Hofe, Band 9). Bis jetzt bliesen die Hoftrompeter auch beim evangelischen Hofgottesdienst zur Eröffnung und am Schlusse des Landtags, u. a. das „Herr Gott, dich loben wir“, und zwar in Hofuniform.
  4. Nähere Einzelheiten hierzu und zum Folgenden s. Dr. Wilh. Schäfer, Die katholische Hofkirche zu Dresden, 1851, und M. Fürstenau, Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden, II., 1862.
  5. Zu diesen und den folgenden Angaben vergl. Fürstenau, Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden, 1862, II., S. 40.
  6. Die jetzt gesungenen sind von Ingegneri, wurden jedoch früher Palestrina zugesprochen. Doch ist das Benedictus Dominus in der Karwoche von Silvani.
  7. Als letztes dieser Karsonnabend-Oratorien kam am 25. März 1826 Naumanns I Pellegrini al santo sepolcro zur Aufführung. Von da an traten an die Stelle dieser Aufführungen die Palmsonntagskonzerte zum Besten des Unterstützungsfonds für die Witwen und Waisen der Kapellmitglieder, um dessen Gründung sich Morlacchi besondere Verdienste erwarb.
  8. Vor ihm hatte es 1711 – 16 der Organist P. Cosmorsky geführt.
  9. Auf ihre Veranlassung hin erfolgte mit dem Ankauf der musikalischen Hinterlassenschaft eines Volumier, Heinichen, Pisendel, Ristori u. a. m. auch derjenigen Zelenkas, und damit wurde der Grundstock gelegt zu den reichen Schätzen, die das Musikarchiv der katholischen Hofkirche barg und die heute die Landesbibliothek besitzt.
  10. Diese Abbildung des Castrum doloris in der katholischen Hofkapelle s. II. Band der B. M. Lindauschen Geschichte Dresdens. (S. 448 – 49).
  11. Daraus Altsolo mit Orgel „Jerusalem, o wende dich“ bei Herm. Beyer & Söhne in Langensalza, ebenda Weihnachtsgesang für 3 Solo- oder Chorstimmen (Sopran und Alt).
  12. Als Kirchensymphonie, d. h. an Stelle des erst in den 40er Jahren des XIX. Jahrhunderts eingeführten Graduale wurde ein Concerto grosso von dem berühmten Geiger und Konzertmeister J. G. Pisendel gespielt. Fürstenau, Beiträge z. Gesch. d. Kgl. Sächs. Musikal. Kapelle, 1849 (S. 144).
  13. Karl Näke, Gesanglehrer am Blindeninstitut in Dresden, berichtet in seinen „Gesprächen und Unterhaltungen mit verschiedenen Personen“ (Manuskript, begonnen am 19. September 1841, beendet am 5. April 1871; im Besitz des Verfassers) nach Aloys Miksch Erzählung: Hasse soll, als er das Motiv zu seinem Tedeum gefunden hatte, es einem Bauer auf den Rücken geschrieben haben, um es vor Augen zu haben und zu sehen, was sich daraus machen ließe. Der zum Schlusse vorkommende Kanon soll besonders Weber entzückt haben; er hatte behauptet, daß es auf diese Worte kein schöneres Thema gebe. Darüber, weshalb Hasse daraus nicht eine vollständige Fuge gemacht hätte, sagte Miksch, er habe entweder nicht Zeit genug gehabt, oder die Komposition wäre ihm sonst zu lang geworden. Doch waren hier, wie einzuschalten ist, wohl kirchliche Anschauungen und Vorschriften maßgebend.
  14. Proben geistlicher Musik von Hasse in „Musik am sächsischen Hofe“: 1. Band (Tedeum), 2. Band Hasse-Album: Ouvertüre z. Oratorium,„I Pellegrini“, Domine Deus a. D- Moll-Messe, Chor a. Oratorium „La conversione di Sant’ Agostino“, Dies irae und Recordare Jesu a. Requiem in C-Dur); sämtlich in der Klavierübertragung. Ferner: 7. u. 8. Band Ausgewählte geistliche Gesänge (Arien usw.) für Sopran und Alt mit Klavier-(Orgel-) Begleitung. Das Tedeum und das dazu gehörige schöne Regina Coeli erschien vierhändig (Burckhardt) bei Ad. Brauer, Dresden. In einer Missa intiera (d. h. vollständigen) in F-Dur ragt ein vierstimmiger Et incarnatus und Crucifixus hervor.
  15. Nach Näkes Aufzeichnungen. Naumann habe in solchem Falle ein blaues Schleppsamtkleid getragen. An Stelle der üblichen Notenrolle bediente sich zuerst. C. M. v. Weber des Taktstockes.
  16. Adolf Hantzsch, Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen. Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens, 25. Heft, 1918.
  17. Auf Vorschlag des Directeur des plaisirs von König vom Jahre 1771 erhielten Schuster und Seydelmann für eine neue Messe 12, für eine Vesper 6, für eine Litanei 4, für einen Psalm 2 Dukaten. (Franz Seydelmann; Rudolf Cahn-Speyer, Leipzig, 1909.) Der humane und gastfreie Abt des Benediktinerstifts St. Peter in Salzburg regalierte einen Mich. Haydn in ähnlichen Fällen mit einer Weinspende, wie dieser ihm auch die Nachlassung des Hauszinses mit einem Opfer von 100 Gradualien vergalt. (Biogr. Skizze von Mich. Haydn; Schinn & Otter, Salzburg, 1808.)
  18. Proben im 4. Band der „Musik am sächsischen Hofe“. Binders ältester Sohn August folgte ihm nach seinem Tode im Amt.
  19. Das Magnifikat aus der „Königlichen Vesper“ und das überliefertermaßen bei den Beisetzungsfeierlichkeiten verstorbener Mitglieder des Königshauses aufgeführte Salve Regina im III. Band der Musik am sächsischen Hofe.
  20. Band I der Musik am sächsischen Hofe enthält ein im Kirchenrepertoire bevorzugtes Ave Maria. Ein Weihnachts-Pastorale „Salve puer“ erfreut sich gleicher Gunst.
  21. Siehe Band I der Musik am sächsischen Hofe.
  22. Das Et incarnatus est und Crucifixus der A-Dur-Messe (Satz 20) in C. H. Dörings Sammlung geistlicher Vokalmusik (L. Hoffarth).
  23. Band I der Musik am sächsischen Hofe.
  24. O. Schmid. Geschichte der Dreyßigschen Singakademie. 1907.
  25. Ganz abfällig und die Musik parodierend habe sich nach Rochlitz Mozart bei Doles in Leipzig über die Messe eines Komponisten (Naumann?) der „als Kirchenkompositeur angestellt sei, aber ein offenbares Talent für die komische Oper habe“; was freilich besser auf Schuster passen würde. „Vater Doles“ habe sie ihm auf sein stetes „Ist ja all’ nichts“ zur Prüfung mitgegeben gehabt.
  26. Agnus Dei aus der E-Dur-Messe (Nr. 5) im I. Band der Musik am sächsischen Hofe. Agnus Dei aus der Messe Nr. 7 in C. H. Dörings Sammlung
  27. Den Leib hatte Kaiser Alexander nach Petersburg überführen und am 14. Otober 1814 in der katholischen Kirche beisetzen lassen. Vergl. hierzu Johann Victor Moreau, Sein Leben usw. Dresden 1816, Arnoldische Buchhandlung.
  28. Das Sanctus und Osanna im I. Band Musik am sächsischen Hofe (Klavierbearbeitung).
  29. Das Benedictus im I. Band Musik am sächsischen Hofe (Klavierbearbeitung).
  30. Als solcher folgte er im Jahre 1792 Anton Teyber im Amt.
  31. Miksch war als Kapellknabe Schüler des seit 1764 als Instruktor am Kapellknabeninstitut tätigen Tenoristen Ludwig Cornelius, dann (1783) Vize-, dann (1786) Zeremoniensänger an der katholischen Hofkirche. Der Nachfolger Cornelius' war der obengenannte seinerzeit als Lieder-Sänger und -Komponist gefeierte Hurka (gest. 1805 in Berlin), und ihm war im Jahre 1788 der Sänger Mariottini gefolgt.
  32. Chr. Carl Josias Freih. v. Bunsen. Aus seinen Briefen geschildert von seiner Witwe. Deutsche Ausgabe verm. durch Friedr. Nippold, Leipzig 1868.
  33. Hedwig Abeken geb. Olfers: Heinrich Abeken, Ein schlichtes Leben in bewegter Zeit. Berlin 1894.
  34. Das Kredo im I. Band der Musik am sächsischen Hofe.
  35. Von C. H. Döring in seiner Sammlung geistlicher Vokalmusik für 1 Singstimme mit Klavier oder Orgel veröffentlicht. (C. Hoffarth, Dresden.)
  36. Die Posaunen intonieren im Kredo den liturgischen Gesang des Priesters als cantus firmus.
  37. Saffaroli erhielt 17000, Tarquinio 14000 Taler Gehalt! (Dr. Kurt Kreiser; C. A. Reißiger. Dresden, 1918, S. 78.)
  38. Eine gegenteilige Annahme läßt die Weise auf den Ausklang (Alleluja) einer Antiphonie zum Magnificat Toni quarti zurückgehen.
  39. Eine Abschrift aus der aus dem Jahre 1606 stammenden deutschen gedruckten Ausgabe – die in böhmischer Sprache stammt aus dem Jahre 1561 – besitzt der Verfasser dieser Schrift.
  40. In einem solchen kam am 31. Mai 1673, am 60. Geburtstag des Kurfürsten Johann Georg II., ein von diesem selbst komponiertes Laudate Dominum omnes genter (117. Psalm) zum Introitus mit Trompeten und Pauken zur Aufführung. Die Komposition erschien in der Klavierübertragung nach dem Original im 1. Band der Musik am sächsischen Hofe, in der Bearbeitung für den praktischen Gebrauch bei Hermann Beyer & Söhne, Langensalza.
  41. Eine gewisse Gleichgültigkeit ihr gegenüber belegt vielleicht das bei den Akten sich findende, unterm 3. Juni (1848) an ihn gerichtete Schreiben des damaligen Intendanten von Lüttichau: Seine Majestät der König hat mir vorigen Sonntag durch den Herrn Obersthofmeister von Minckwitz sagen lassen, daß die Messe am Sonntag nicht gut gegangen und dies dem Dirigenten zur Nachachtung insinuiert werden möchte; da Röckel diese Woche hat, glaubte ich, daß dieser die Messe aufgeführt, die von Naumann war, machte ihm darüber vorigen Mittwoch die nötige Vorstellung; er versicherte, er habe Sonntag Vormittag Probe von Eisel und Beisel (Baron Beisele und sein Hofmeister Dr. Eisele, Posse „nach Feldmann, Musik von Ignaz Lachner und andern Komponisten“) auf dem Linckeschen Bad gehabt und Sie hätten die Messe dirigiert. Ich sehe mich dabei genötigt, Sie davon, daß Seine Majestät sich dagegen ausgesprochen, in Kenntnis zu setzen und schreibe deshalb zur Nachachtung diese Zeilen, da ich nicht weiß, ob Sie heute auf die Expedition kommen und ich es nicht länger verschieben kann.
  42. In einer „pietätvoll sorgfältigen Bearbeitung“ brachte Wagner Palestrinas Stabat mater am 8. März 1848 in einem Abonnement-Konzert der Kapelle im damals neuen, von Semper erbauten Theater zur Aufführung. Glasenapp. II. Band. S. 213.
  43. Vgl. hierzu in dem Voranstehenden Wagner, Ges. Schriften, Wolfgang Golther, II. 254. Entwurf zur Regeneration eines deutschen Nationaltheaters und IX. Band. 79. 84.
  44. C. Niese. Die Kirchenmusik in der katholischen Hofkirche zu Dresden. Wien. 1865.
  45. Ein gesanglich-melodiöses Vater Unser für 1 Singstimme und Klavier (bez. Orgel) erschien bei Ad. Brauer, Dresden.
  46. Seine wohl überhaupt erste Aufführung in Dresden fand am 9. November 1812 in der Neustädter Dreikönigskirche durch die Dreyßigsche Singakademie unter Leitung ihres Gründers statt. (D. Schmid, Geschichte der Akademie, Dresden 1907.)
  47. Otto Schmid: Edmund Kretschmer. Dresden 1890. S. 89. Nach seinem im Jahre 1908 erfolgten Tod wurde sein Sohn, Franz Kretschmer, später zum Königl. Musikdirektor ernannt, Instruktor der Kapellknaben und Leiter der Vokalmusiken. Verfaßte dankenswerte Aufzeichnungen (Manuskript) über seine Tätigkeit am Kapellknaben-Institut, beginnend mit dem 1. Otkober 1897.
  48. Die berühmte Marcellus-Messe hatte Zelenka in Abschrift aus Italien mitgebracht.
  49. Forrer, Reallexikon, S. 852.
  50. 1. Mos. IV, 21. – 4. Mos. X, 2. 8. 9. 10. – 1. Sam. XIII, 3. 4. – 2. Sam. II, 28; VI, 15; XVIII, 16; XX, 22. – 1. Kö. I, 34. 39. – 2. Kö. IX, 13. – 1. Chro. XV, 24. 28; XVI, 6. 42. – 2. Chro. V, 12; XV, 14; XXIII, 14. XXIX, 26. – Esr. III, 10. – Neh. XII, 35. 41.– Ps. 27, 6. 89, 16. 98, 6. – Jerem IV, 5. – Hesek. XXXIII, 3. – Hos. V, 8. Zeph.I, 16, – 2. Makk. XV,25.
  51. Altenburg, Versuch einer Anleitung zur . . . Trompeter- und Paukerkunst, S. 18/19. – Edward Buhle, Die musikalischen Instrumente in den Miniaturen des frühen Mittelalters, S. 12.
  52. Praetorius, Syntagma musicum, II. Teil.
  53. Buhle, Die musikalischen Instrumente in den Miniaturen des frühen Mittelalters, S. 12 – 31.
  54. 1254 hatte Heinrich der Erlauchte dem Papste ein Kyrie und Gloria übersendet, die mit kirchlicher Genehmigung beim Gottesdienst gesungen werden sollten. v. Langenn, Herzog Albrecht der Beherzte, S. 408.
  55. Gretschel, Geschichte des Sächsischen Volkes und Staates. I, S. 200.
  56. Neues Archiv für Sächs. Geschichte, Bd. XVIII, S. 1 – 30.
  57. C. d. S. reg. I, Bd. II, S. 297/298.
  58. Hauptstaatsarchiv Dresden O. 5358, ohne Datum.
  59. Cop. 32, f. 78 b.
  60. Loc. 4334, Nr. 15. Bescheyd der voyte. 1455 – 57. Bl. 33 f.
  61. Loc. 4336, Nr. 23, S. 252. Rechnunge der Amptlewte – 1472. Zur Ergänzung diene: „Item 1 fl 1 schilling 3 ₰ vor ein messer meinem gn. h. hertzogen Ernsten, item 1 fl vor ein messer pro Domino Alberto. Item 10 schilling 20 ₰ vor compast meinem gn. h.“ (gewiß als Wegweiser auf seinen Feldzügen).
  62. Loc. 4337, Nr. 33. Ußcog aller Inname – 1470/71. S. 23.
  63. Neues Archiv f. Sächs. Gesch., XXIX, S. 160.
  64. von Langenn, Herzog Albrecht, S. 75.
  65. von Langenn, Herzog Albrecht, S. 108.
  66. Loc. 4491. Verschreibung über Bergwerke. S. 104. 1 Wehr = 14 Lachter.
  67. Codex Legum Militarium Saxonicus, S. 1191 f.
  68. 1407 noch „Posuner“ = Businer, 1467 Tromettin. (Kop. 32, fol. 69 b. – Loc. 4335, Nr. 18, f. 102.)
  69. Eichhorn, Die Trompete in alter und neuer Zeit. S. 2. (Dante, Inferno Cant. XXI.)
  70. Altenburg, S. 22.
  71. In älteren Lehrbriefen stand hier der Satz: „Darauf habe ich ihn in seine Profession eingesetzet und gewöhnlichermaßen die Trompete und den Degen übergeben...“

Anmerkungen (Wikisource)