Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/40

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


Sonntag, 22. Juli.

Es trifft die Nachricht ein, daß Österreich das Ausscheiden aus dem Bunde akzeptiert habe und auf einen 5tägigen Waffenstillstand eingegangen sei. Seegefecht bei der Insel Lissa[1]. Die französische und englische Presse wendet sich immer mehr von der österreichischen Sache ab.


Montag, 23. Juli.

Heute 3. Einquartierung. Die Schanzarbeiter werfen sich in Georgs Garten und fällen dort nach Herzenslust Bäume. Man sieht Dresden bereits in eine Bundesfestung verwandelt. So viel scheint sich nachgerade immer fester zu stellen, daß die guten Tage für uns vorüber sind; es tritt der Katzenjammer des Sängerfestschwindels ein, dessen Jahrestage in diese Tage fallen[2]. Auch auf dem Waldschlößchen und der Villa Betty soll geschanzt werden.


Dienstag, 24. Juli.

In der Nummer des Dresdner Journal vom 25. Juli findet sich eine Erklärung von verschiedenen Angehörigen unsrer sogenannten Fortschrittspartei: Gasch, Gruner, Hendel, Kretzschmar, Schaffrath, Wigard[3] usw., welche in ihrem zweiten Satze eine sehr bemerkenswerte Schlußfolgerung enthält: Die fremdländische Intervention muß durchaus ferngehalten werden, darum ist es nötig, unsre Armee aus den Reihen der für Hausmachtzwecke Kämpfenden zurückzuziehen und ein billiges Abkommen mit Preußen zu treffen, damit man zu dem Parlamente, nach dem Reichswahlgesetze zu wählen, gelangt[4]. Wir lernen damit alsogleich die would be Parlamentsmänner kennen. Wohin wird wohl das Parlament berufen werden? Wohl kaum wieder nach Erfurt[5], sondern unzweifelhaft nach Berlin. Das großdeutsche Gewissen hat sich mit dem Nationalitätsprinzip wegen des Hinauswerfens der Deutschösterreicher dadurch abgefunden, daß das Hinausgeworfenwerden nicht für immer stattfinden


  1. 20. Juli Sieg Tegetthoffs über die italienische Flotte.
  2. Vom 22. bis 25. Juni 1865 war in Dresden das große deutsche Sängerbundesfest. Es stand unter dem schwarzrotgoldenen Zeichen der großdeutschen Einigung und der Verbrüderung mit Österreich (siehe „Das alte Dresden“, Bilder und Dokumente aus zwei Jahrhunderten. Hanfstaengl, München 1925, S. 277).
  3. Advokat Gruner, Advokat Kretschmar, Advokat Schaffrath und Professor Dr. med. Wigard gehörten den Stadtverordneten an. Über Schaffrath siehe 29. September 1866, Wigard siehe 29. August 1866.
  4. Die zuerst von der preußenfreundlichen konstitutionellen Zeitung gebrachte Erklärung von „mehreren ihrer politischen Freunde“ verlangte vor allem Beseitigung der Zerrissenheit Deutschlands und eine Gesamtverfassung, welche „Deutsch-Österreich mindestens nicht für immer ausschließt“, errichtet auf der Grundlage der Frankfurter Verfassung von 1849; sie verbat sich ferner jede Einmischung des Auslands in deutsche Angelegenheiten und forderte Schutz des deutschen Bodens. Es sei auch ein gerechtes Verlangen, daß man die sächsischen Truppen aus der Mitte der Heere einer Macht abrufe, von der sie einem bloßen Hausmachtkriege geopfert würden. Daher sei sofort Verständigung mit Preußen anzubahnen und die Einberufung eines Parlaments zur Festsetzung der deutschen Verfassung notwendig. Trotz der Bemerkung hinsichtlich der zukünftigen Stellung Österreichs war diese Erklärung also ganz im preußisch-kleindeutschen Sinne gehalten.
  5. In Erfurt war am 20. März 1850 das auf Betreiben Preußens einberufene Parlament eröffnet worden. Es hatte die Aufgabe, eine kleindeutsche Verfassung mit preußischer Spitze zustande zu bringen.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/40&oldid=- (Version vom 8.5.2024)