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Beust; sie möchten woll, aber se derfen nich, denn Ungarn läßt’s nicht zu[1].

Der alte Stübel[2] ist aus der Schweiz zurückgekommen, aus allen Bade- und Lustorten längs der badischen Bahn allgemeine Flucht nach Haus. Die Franzosen scheinen doch noch nicht so fertig, als man nach ihrer Hast meinte; wenigstens stehen die 32 000 Mann noch in Chalons! Louis will sich an die Spitze der Bewegung stellen. –

Hier ist Dr. Minckwitz[3] als Kriegseinquartierungskommissar bestellt; auf übermorgen erste Einquartierung angesagt. Auch der arme Heinrich muß zurück.


  1. Über Österreichs Haltung siehe ebenfalls Dresdner Anzeiger, Wissenschaftliche Beilage, 7. Jahrg., Nr. 36. Schon seit 1867 zwischen Frankreich und Österreich Besprechungen für den Fall eines französisch-deutschen Krieges. 1867 auf Beusts Betreiben die Salzburger Zusammenkunft Napoleons III. und Franz Josephs. Über diesen „Beustschen Plan, dieses Projekt, woran 1867 zu Salzburg die beiden ehrenwerten Herren Beust und Napoleon“ gearbeitet, Näheres in der Konstitutionellen Zeitung vom 25. August 1870. Verletzungen des Prager Friedens von 1866 durch Preußen Kriegsgrund, z. B. bei Abschluß von Verträgen zwischen Preußen und den süddeutschen Staaten. Plan eines österreichisch-süddeutschen Zusammenschlusses unter französischem Protektorat zu einem „Südbund“ mit Bundesparlament in Wien als Gegenstück zu Bismarcks Nordbund! Artikel 6: Nach dem gemeinsamen Siege tritt das geschlagene Preußen an Frankreich das Kohlenbecken von Saarbrücken, Saarlouis und Saarburg und an Österreich den südlichen Teil von Schlesien ab! Nach einer Meldung der Augsburger Allgemeinen Zeitung war für das gleichfalls zu gewinnende Italien Süddalmatien und Südtirol als Preis in Aussicht genommen, dafür Entschädigung Österreichs durch preußisch Schlesien und Teile Bayerns. Hoffnungen der Polen auf Wiedererrichtung ihres Reichs durch Beust. Seit Februar 1870 bis in den Juni geheime militärische Verhandlungen zwischen Wien und Paris. Führer der österreichischen Kriegs- und Militärpartei Erzherzog Albrecht, der Sieger von Custozza 1866. Organ dieser Partei: Österreichische Wehrzeitung, die einen Angriffsbund zwischen Frankreich und Österreich forderte, denn „der Sieg Frankreichs ist Österreichs Existenz, der Sieg Preußens ist Österreichs Zertrümmerung“ (Dresdner Anzeiger, 26. Juli). Militärische Vorbereitungen in Österreich, z. B. Befestigung der Ennslinie. Schließlich aber Neutralität. Allgemeine Volksstimmung in Österreich gegen den Krieg! Österr. Gedicht: Es muß die Form sich finden, in der wir Deutschen all geeinigt uns verbinden als fester Hort und Wall. Begeisterte Stimmung für Deutschland auch auf dem Linzer 8. Feuerwehrtag, auf dem von den Österreichern als nächster Festort das wiederzugewinnende Straßburg vorgeschlagen wurde. Besonders auch Ungarn für strengste Neutralität. Hier 1867 unter Beusts und des Magyarenführers Franz Deak Vermittlung mit Österreich Ausgleich durch weitgehende Gewährung von Selbständigkeit der ungarischen Reichshälfte (deshalb Peschels Ausdruck: der Ausgleicher Beust).
  2. Der alte Stübel ist Karl Julius Stübel, der Vater des damaligen Stadtrats und späteren Oberbürgermeisters Stübel. Karl Julius Stübel (geb. 1802, gest. 1891) war 1870 als Hofrat erster Rat und Stellvertreter des Direktors im königlichen Bezirksgericht (vgl. Dresdner Geschichtsblätter, 1897, Nr. 2; O. Richter, Zur Geschichte der Familie Stübel).
  3. Dr. iur. Minckwitz, unbesoldeter Stadtrat der 1. Ratsabteilung.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/80&oldid=- (Version vom 31.5.2024)