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von des Königs Hochzeit und von dem großen Abendmahle schön gezeigt, Matth. 21, 1 ff., Luc. 14, 16 ff.

 298. Es findet sich bei diesem Könige und bei diesem Hausvater zweierlei Wille, 1) ein Gnaden- und Freuden-Wille, nach welchem sie wollen, daß es ihren geladenen Gästen wohl gehe und sie ihre Güter mit Freuden genießen, und 2) ein Gerichts-Wille, nach welchem sie wollen, daß ihre Geladenen, wegen der großen Undankbarkeit und Verachtung, ihre Güter nicht genießen und ihre Gnade und Freundlichkeit in der That nicht empfinden sollen. Beide Willen sind einander nicht im geringsten zuwider, obwohl der eine den Gästen die Mahlzeit gönnt, der andere aber nicht.

 299. Eben so hat unser Herr Gott auch zweierlei Willen, deren einer der Gnadenwille ist und von den Kirchenvätern der vorhergehende Wille darum genannt wird, weil er nicht auf der Menschen Frömmigkeit oder Bosheit, Dank oder Undank, Gehorsam oder Ungehorsam siehet, sondern dessen ungeachtet Allen ohne Unterschied Gnade und Seligkeit anbietet. Der andere ist der Gerichts-Wille, den die Kirchen-Väter den nachfolgenden oder nachgehenden Willen darum nennen, weil er auf das erfolgt, wie die Menschen sich gegen das freundliche und gnädige Anerbieten Gottes erweisen, daß er ihnen nämlich, da sie dasselbe von sich gestoßen und verachtet haben, mit verdienter Ungnade und scharfem Urtheil wiederum begegnete und sie von sich stoßen werde. Wie also Gott nach seinem Gnaden-Willen aller Menschen Wohlfahrt begehrt, so will er auch nach seinem Gerichtswillen, daß alle die zur ewigen Seligkeit