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 570. β) weil sich in den wiedergebornen Menschen noch etwas findet, das vom alten Sündenstand übrig geblieben ist. Denn kein Mensch lebt so rein und heilig, daß ihm nicht die Sünde anklebte, so lange er in diesem Leben ist. Niemand kann sagen: „ich bin rein in meinem Herzen und lauter von Sünden.“ Sprüchw. 20, 9. „Sie sind allesammt wie die Unreinen, und alle ihre Gerechtigkeit ist wie ein unflätig Kleid.“ Jes. 64, 6. Wenn nun die Wiedergeburt das ganze Wesen des Menschen veränderte, und himmlisch machte, so könnten ja diese bösen Lüste und andere Sünden in diesem himmlischen Wesen nicht gefunden werden;

 571. γ) weil in den Wiedergebornen das Fleisch und der Geist beständig zu streiten haben, Gal. 5, 17. Wo ein Streit ist, da sind zwei Feinde; weil denn in dem wiedergebornen Menschen ein Streit ist zwischen dem Geist Gottes und dem sündigen Fleisch, so folgt gewißlich daraus, daß in dem wiedergebornen Menschen nicht allein der Geist Gottes oder das Geistliche, sondern auch das sündhafte Fleisch zu finden sei;

 572. δ) weil die wiedergebornen Menschen nicht solche Kinder zeugen, die von Natur heilig sind, sondern sowohl, als andere Leute, Kinder in Sünden empfangen und gebären, deren Dichten und Trachten von Jugend auf nur zum Bösen geneigt ist. Wenn nun der Wiedergebornen ganzes Wesen also verändert würde, daß nichts Irdisches, sondern alles himmlisch wäre, wie könnte ihre reine und himmlische Natur irdische, unreine und sündhafte Kinder zeugen?