Seite:Heinrich Brandt - Darlegung der Glaubenslehre der evangelisch-lutherischen Kirche.pdf/290

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der Kirche zu verstehen ist, weil alsdann wohl zugelassen wird, daß auch andere das Wort lehren, die sich nicht im ordentlichen Predigtamte befinden, also, wenn die Kirche in einem verwirrten Zustande bedrängt ist, und ordentliche Prediger nicht hat, kann auch wohl eine andere Person die heil. Sacramente austheilen. Und dieses versteht sich auch vom Nothfall, daß, wo ein ordentlicher Prediger nicht alsbald zur Hand sein kann, eine andere gottselige Person hinzutrete und das Sacrament reiche, welches mit dem Unterschied anzunehmen ist, daß das Sacrament der Taufe seine Nothwendigkeit habe (d. h., daß die Taufe oft schnell nöthig sein kann), das andere Sacrament aber, das heil. Abendmahl, nicht so nöthig ist, daß sich also zu unsrer Zeit der Nothfall mit der Taufe allein zutragen kann, nicht aber mit dem heil. Abendmahl; darum auch andern, nicht zum Predigtamte verordneten Personen gestattet werden kann, die Taufe zu verrichten, nicht aber das heil. Abendmahl zu handeln.

 626. β) Ob zum rechten völligen Gebrauch des Sacramentes nöthig sei, daß der, welcher es ausspendet, ein recht gottseliger Mensch sei, und bei solcher Verrichtung einen guten Vorsatz habe? Antwort: Es stehet zwar einem jeglichen Menschen zu, daß er zu den Sacramenten komme mit Furcht und Zittern, weil er da vor Gottes Angesicht treten will; wenn aber solches nicht geschieht, sondern der, welcher das Sacrament austheilet, ist ein Verächter Gottes, oder, da er sonst nicht böse ist, jedoch bei des Sacraments Verhandlung mit unnützen Gedanken umgehet: so kann dem Sacrament an seinem Werk und Wesen deswegen nichts abgehen, weil