Seite:Heinrich Brandt - Darlegung der Glaubenslehre der evangelisch-lutherischen Kirche.pdf/84

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 185. Dieß uns zu erklären, dürfen wir nur auf die Kinder hinsehen. Wenn Kinder sich selbst und ihrem Willen überlassen werden, lernen sie allezeit von sich selber mancherlei Böses, nimmermehr aber etwas Gutes, wodurch sich die Natur erweiset, wie sie zum Bösen geneigt, und vom Guten abgewendet sei. Wollen aber Aeltern, daß ihre Kinder Gottseligkeit lernen und gute Tugenden, Zucht und Ehrbarkeit fassen sollen; so ist abermals bekannt, was für große mächtige Arbeit dazu gehöre, daß die natürliche Bosheit durch Ruthen und Schläge von ihnen ausgetrieben, Tugend und gute Lehre aber eingepflanzt werde; da hingegen der, der die Kinder vom Guten ab und dem Bösen zuführen wollte, sie dazu weder nöthigen noch schlagen dürfte, weil sie dazu von sich selbst wohl kommen würden.

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 186. Eben so findet ein jeder Mensch, wenn er beten, Predigt hören, die heilige Schrift oder andere gute Bücher, die zur Gottseligkeit dienen, lesen soll, daß, ob er schon als ein Wiedergeborner nach dem inwendigen Menschen solches gerne thut, er jedoch eher darüber ermüdet, als wenn er andere Händel verrichtete. Mancher wird an seiner Werkstatt, ob er schon den ganzen Tag arbeitete, nicht so verdrossen, als wenn er eine Stunde Predigt hören soll; wenn er aber Schwelgerei, Leichtfertigkeit, Gauckelspiel, unnützem Geschwätz abwartet, will ihm alle Zeit zu kurz seyn, und wird einen ganzen Tag nicht so verdrossen, als wenn er eine Stunde beten oder Gottesdienst abwarten soll. Wenn wir die Ursache hievon erforschen wollen, werden wir unfehlbar finden, sie stecke in der Natur, die den Menschen von allem Guten abführe, dagegen zu allem Bösen reize und neige, welches Verderben