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würde, des Todes sterben würde, 1 Mos. 2, 17.; nachdem der Mensch nun gesündigt hatte, kündigte Gott ihm dieß Urtheil an: „Du bist Erden, und sollst zur Erden werden,“ Cap. 3, 19. Obwohl Adam und Eva nicht denselben Tag, da sie gesündigt hatten, gestorben sind, sind sie doch alsbald dem Tode unterworfen und sterblich geworden. Also ist die Sterblichkeit und hernach der Tod zugleich mit der Sünde über alle Menschen gekommen, Sirach 25, 32. Röm. 5, 12. 6, 23. Wie nun der Mensch ist unsterblich erschaffen worden, so ist er durch die Sünde sterblich und dem Tode unterworfen worden.

 196. Die andere Frucht ist die Verderbung aller Kräfte. Zweierlei Kräfte sind in dem Menschen: solche, die der menschlichen Natur allein zustehen, und solche, die dem Menschen mit den unvernünftigen Thieren oder Creaturen gemein sind. Die eigenen Kräfte des Menschen sind 1) der Verstand und 2) der Wille.

 197. Der Verstand ist eine natürliche Kraft, dasjenige zu vernehmen und auszudenken, was unvernünftige Thiere mit allen Sinnen nicht zu erreichen, zu vernehmen, noch auszudenken vermögen. Ob nun wohl diese Kraft der menschlichen Seele nach dem Sündenfall geblieben ist, so daß auch die, welche in Sünden geboren sind, vernünftig und verständig sind, und damit die andern sichtbaren Creaturen übertreffen, so ist doch der Verstand dermassen verfinstert, daß er dasjenige, was göttlich ist, von Gott, seinem Wesen, Willen und Werken gelehrt wird, sich nicht einbilden kann; und obwohl er vernimmt, was damit gemeint sei,