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vermag er es doch nicht, für sich selbst also zu fassen und zu begreifen, daß er es für wahrhaftig halte und ihm Glauben schenke, daß gewißlich also sey, wie er höret, daß gelehrt werde.

 198. Zum Exempel: Wenn ein Mensch höret, Christus sei von einer Jungfrau, ohne Verletzung ihrer Jungfrauschaft geboren, vernimmt er zwar, was damit gemeint sei, er spricht aber, das kann ich nicht verstehen, noch mit meiner Vernunft begreifen, gleichwie die Jungfrau Maria diese Verkündigung des Engels nicht verstand; denn ob sie schon vernahm, was die Meinung seiner Rede wäre und was ihr der Engel ankündigen wollte, so konnte sie doch nicht einsehen, wie das, was er sagte, wahr sein könne, und sprach darum zu ihm: „Wie soll das zugehen, sintemal ich von keinem Manne weiß?“ Luc. 1, 34.

 Als der Herr Christus Luc. 18, 31. ff. seinen Jüngern verkündigte, er würde leiden, sterben und auferstehen, verstanden sie zwar die Worte und Meinung; weil sie aber glaubten, dieses mit ihren Gedanken nicht zusammen reimen zu können, wird gemeldet, daß sie es nicht verstanden hätten, V. 34. „Sie vernahmen der keines, die Rede war ihnen verborgen, und wußten nicht, was das gesaget war.“

 Gleich also verhält’s sich’s mit unserer Vernunft in andern göttlichen Geheimnissen, daß sie ganz ungeschickt ist, diesen Glauben zu schenken.

 199. Ob nun dieß gleich aus der Erfahrung ganz gewiß ist, so wird es doch zum Ueberfluß noch also bewiesen:

 a. weil von dem Menschen, wie er seiner Natur nach ist, gesagt wird, er