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daß nicht eine widerwärtige Bewegung oder Gedanke gegen einen solchen bösen Menschen entstehen sollten, obgleich dieselben ihm herzlich zuwider sind und er wünschet, daß ihm dergleichen Gedanken und Bewegungen nicht zukämen. Desgleichen: Wer viele köstliche Schätze sieht, der er zu seiner großen Noth bedürftig wäre, kann sich nicht wohl mit allen Kräften enthalten, daß er nicht Bewegungen und Gedanken, solche für sich zu begehren, in sich fühle. Solche Begierden nun zu äußerlicher Sünde werden auch in das Sünden-Register geschrieben, dann

 219. a. läuft alles das wider göttliche Gebote, was eigentliche Ursache zu verbotenen Sünden gibt und gleichsam der Anfang ist; was aber wider göttliches Gebot lauft, dasselbe ist gewißlich Sünde.

 220. b. Die böse Lust ist gleich den andern Sünden verboten; denn im 9. und 10. Gebot wird gesagt: Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Hauses, Weibes, Knechtes u. s. w. noch Alles dessen, was sein ist. 2 Mos. 20, 17. 18.

 221. c. Die böse Lust wird ausdrücklich Sünde genannt Röm. 7, 7. „Ich wußte nichts von der Lust (daß sie Sünde sei), wo das Gesetz nicht gesagt hätte: Laß dich nicht gelüsten!“

 222. In Summa: alle Gedanken, alle Lust und Begierde, alle Worte, alle Geberden, alle Werke, wie dieselben auch immer Namen haben mögen, sind, wenn sie dem göttlichen Gebote oder der Liebe Gottes zuwiderlaufen, sie mögen geschehen mit oder ohne Willen, sie mögen gering oder groß sein u. s. w., alle miteinander ohne einigen Unterschied eigentliche wirkliche Sünden.