und ruhig in der Küche weiter hantierten. Das mußten ganz verwegene Gesellen sein.
Der Vater hatte sich so in die Unterhose und das Lasso hineingewühlt, daß er weder Arme noch Beine bewegen konnte und hilflos, auf die Mutter fluchend, daß sie die Kerze habe ausgehen lassen, in der Hausflurecke lag. Die Mutter hatte suchend im dunkeln nach der Kerze getastet und dabei dem Vater versehentlich in die Augen gefaßt. Der Vater stieß nur noch unartikulierte Wutschreie aus. Friedrich und Wilhelm wälzten sich auf dem Boden und balgten sich um dasselbe Gewehr.
Jetzt öffnete sich plötzlich die Tür der Küche und ein schwacher Lichtschein fiel in den dunklen Hausflur und beleuchtete matt die gestrandete Armada. In dem Rahmen der Küchentür zeigte sich jetzt eine weiße, vermummte Gestalt, in der Hand eine Kerze.
„Ssssst,“ zischte Tonis Pfeil durch die Luft, und mit furchtbarem Aufschrei sank die Gestalt zusammen. Der hatte sein Teil weg, der Elende.
Wieder tiefe Dunkelheit, in die schauerlich das Stöhnen und Keuchen der ringenden Menschen und das Röcheln des Gefallenen hineinklang.
Dann endlich gelang es der Mutter, Licht zu machen. Auch der Vater kam wieder aug die Beine. Man näherte sich vorsichtig dem Gefallenen und mußte zum größten Entsetzen konstatieren, daß der vermeintliche Einbrecher die stocktaube Tante Briebelflutsch war. Der Pfeil steckte ihr in der linken Niere.
Sie richtete sich, als das Licht ihr ins Gesicht fiel, mit furchtbarer Anstrengung noch einmal auf und stöhnte matt: „Ich wollte nur mal irgend…
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/069&oldid=- (Version vom 1.8.2018)