genommen, vor mich hin und drehte mechanisch Brotpille auf Brotpille.
„Ein entzückendes Plätzchen hier daroben“ – mein Nachbar war ausdauernd.
Ich hatte nun auch den rechten Fuß frei und atmete befreit auf.
„Wie, bitte,“ wollte ich mich gerade an den teutschen Mann wenden, als der Junge mir gegenüber anfing, unruhig zu werden.
Auf dem Tisch stand ein Aufbau mit Essig, Öl, Pfeffer, Salz und Senf. In der Essigflasche schwamm eine tote Fliege. In Essigflaschen sind immer tote Fliegen, das muß sein. Eine wenigstens bestimmt. Der Junge wollte die tote Fliege haben, er wollte sie absolut haben. Der Vater sagte, das ginge nicht, die Fliege gehöre dem Wirt. Erst als die Mutter ihm den Senftopf zum spielen und ein Glas Rotwein zu trinken gab, war der Junge ruhig. Der Bub langweile sich, erklärte die Mutter.
Der Fisch wurde hereingebracht. Als die Reihe an mich kam, lagen auf der Schüssel nur noch einige Scheiben Zitronen und eine Flosse. Von gegenüber reichte man mir eine zweite Schüssel, auf welcher auch noch ein Kopf lag.
„Schmackhaft, äußerst schmackhaft,“ schmatzte der teutsche Mann und schob sich ein großes Stück mit dem Messer in den Mund.
Ich sah einmal japanische Jongleure, die mit einer wunderbaren Geschicklichkeit mit Stäbchen und Kugeln balanzierten. Der Mann neben mir war ihnen bedeutend über. Es grenzte direkt ans Fabelhafte, mit welcher enormen Sicherheit er alles, aber auch alles mit dem Messer zum Munde führte. –
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/208&oldid=- (Version vom 1.8.2018)