„Tausend, mein Herr. Dreitausend, mein Herr,“ riß mich Jean Maurice Ragoût-Fins Stimme aus meinen angenehmen Verwunderung.
Zitternd füllte ich einen Scheck über 3000 Franken aus und reichte ihn dem Doktor.
„Stellen Sie sich bitte gegen diesen Apparat,“ wies mich Ragoût-Fin gegen einen großen Kasten, an dem eine komplizierte Sache mit gebogenen Glasröhren und blanken Metallkugeln angebracht war. Dann machte es einige Sekunden „zisch“ und ein bläulicher Schein füllte das Zimmer.
Der Doktor saß am Schreibtisch, hatte einen großen Bogen Papier vor sich ausgebreitet und zeichnete, immer scharf nach mir herüberschauend, etwas auf.
„So,“ er erhob sich plötzlich, prüfte noch einmal seine Zeichnung und reichte sie mir. „Hier sehen Sie Ihre Lunge, genau in Ihrem jetzigen Zustand. Die Lungenspitzen sind schon sehr mitgenommen. Die rechte Spitze fast ganz weg. Sie können nun nach meiner Methode den Fortschritt der Auszehrung genau verfolgen, wenn Sie strikte nach nebenstehender Skala, es würde ungefähr alle drei Tage sein, mit Rotstift, ich habe so die kranken Stellen bereits markiert, eine Linie breit von der Lunge abstreichen. Sie sind auf diese Weise völlig über den Fortschritt Ihrer Erkrankung orientiert und haben einen bestimmten Anhaltspunkt über den Termin Ihrer Auflösung. Ich taxiere, daß die noch vorhandene Lungenmaterie in etwa 4½ Monaten verbraucht ist. Es ist doch glänzend, so über sich im klaren zu sein! Sie werden sich nicht überflüssigerweise einen neuen Anzug bestellen oder bereits für den nächsten Winter ein Schlittschuhbahn-Abonnement nehmen. Schauen Sie, das ist der
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/219&oldid=- (Version vom 1.8.2018)