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der stille ungedankte Dienst der Wahrheit kommt zum Sieg, die göttliche Niedrigkeit und Torheit übertrifft alle menschlichen Höhen, aus Tränen werden heilige Triumphe.

 Wie aber Jesus die Gerechtigkeit kennt, die des Vaters Wesen ausmacht, ohne die er aufhörte nicht nur Gott, sondern Person zu sein, so glauben die Jünger, daß Gott die Gerechtigkeit erwählt habe, um sie siegreich zu machen. Noch ahnen sie kaum. den tiefinneren Zusammenhang von Christi Kreuz und der Gerechtigkeit des Vaters. Aber wenn die Ostersonne ihnen aufgeht, wird in ihrem Lichte das „Mußte nicht Christus solches leiden?“ – ihnen klar werden, und daß er zu seiner Herrlichkeit eingehen wird, erfordert ihnen die Vatertreue.

 Sie haben es gelernt auf Gerechtigkeit zu hoffen, wenn die Lüge siegte und die Wahrheit darniederlag und haben zu fragen verlernt, wenn Jesus die Armen am Geiste, die um Gerechtigkeit willen Verfolgten selig pries.

 Aber die Welt kennt die Gerechtigkeit nicht, weil sie eine Welt voll Ungerechtigkeit ist. So soll es der heilige Geist zeigen, daß Unglaube nichts andres ist als Scheidung von dem Lebensgut und Gerechtigkeit Gottes den Heimgang des Sohnes zum Vater verlange und bedinge, Gericht aber in der Verurteilung ihres Fürsten sich zeige.


Und ich habe ihnen deinen Namen kund getan und will ihn kundtun, auf daß die Liebe, damit du mich liebest, sei in ihnen, und ich in ihnen.

 Das Amen des hohenpriesterlichen Gebetes ist gekommen. Noch einmal zeigt der Herr die Arbeit auf, die er getan hat: er hat den Namen der Vaters durch die Erlösung vom Joch des Strafzorns zu Ehren gebracht, und aus der Knechtesfurcht und ihren Schrecken die Seligkeit kindlicher Furcht zum Sieg geführt. Was er von Gottes richterlicher Majestät gegen die Sünde in seinem Leiden und von Gottes väterlicher Leutseligkeit nach seinem Leiden ja nach jedem Schweren erfuhr, hat er treulich kundgetan. Ein langes Leben des Lernens hat er der Menschheit ebenso gewidmet wie die kurzen Jahre der Lehre, er hat sich an die Gestalt des sündlichen Fleisches gewöhnt, damit dieses sich an die Lauterkeit des entsündigten Lebens gewöhnen möge.

 Was er in Niedrigkeit getan hat, will er in der Hoheit fort- und zu Ende führen. Durch den teuren Beistand und Wegleiter aus und zu der Wahrheit will er den hohen Namen weiterhin kundtun, von dem und durch den und zu dem alle Dinge sind. Solch seligernster Aufklärung und Erklärung wird Gott mit der Klarheit der Liebe danken, mit der er den Sohn geliebt hat und in ihm alle von ihm Erlösten lieben will. Wie ein warmer Sonnenstrahl alle Blüten und Blumen zum Leben erweckt, daß in ihnen Gottes Güte erschaut