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und du verstummst auf den Pfaden der Sünde. An dein Ohr dringt das Halleluja der Erretteten, und du bist so ferne, und nie mehr darfst du dieses Halleluja singen! Sind das Schreckgespenste einer schwarzseherischen Theologie? Sind das Phantasien überreizter Narren? Ach, wie gerne wollte man so sagen, wenn man nur dürfte! Aber die Heilige Schrift sagt es, und die Verdammten bezeugen es: „ich leide Pein in dieser Flamme.“ (Luc. 16, 24) Das ist Aschermittwoch, das ist Bußgebet und Reue: ich verlorener und verdammter Mensch. Und wenn sich das einmal als tiefer Seufzer aus der Seele löst, und diese Angst aus dem Herzen sich beichtet, dann ist es, als ob die dunkle Nacht plötzlich einen einzigen Lichtschimmer hätte, dann kommt es der Seele, als ob mitten in der Finsternis irgendwo ein heller, lichter Stern einkehrte. Denn, wo die Angst mächtig geworden, da kehrt der ein, der die Angst überwand, und wo die große Sünde mit ihren Schrecken die Seele quält, und der Tod ihrer spottet und der Teufel sie als sein Eigentum anspricht, und die Seele flieht vor den Schreckgestalten und Fluchgewalten, flieht vor sich selber, da sieht sie auf dem Wege einen einsamen Wanderer; es geht niemand mit ihm, aber er geht mit der Sünde; es geleitet ihn niemand, aber er wird von der Missetat des Volkes gequält. Das ist der, der im Evangelium des vorigen Sonntags so wunderbar tröstlich und treulich sagt: „siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem.“ (Luk. 18, 31 ff.)

 Wenn dein Lebensweg ganz umzäunt ist: hüben der Tod, drüben der Teufel, hinter und vor dir die Sünde, und es dir um Trost sehr bange ist, so blicke hin: „siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünden trägt.“ (Joh. 1, 29.)


II.

 Der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöset hat. Ich war gebunden: ach vom ersten Tage meines Seins an,