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ist, der Anblick der Eltern macht es genesen. Wie oft dürfen Eltern sehen, daß Kinder in ihrer Gedankenwelt ganz von ihren Eltern beherrscht sind: wie sie ihren Eltern Freude machen wollen, wie sie ihrer Eltern froh bleiben möchten, wie sie nichts mehr betrübt, als daß sie einmal der Eltern Liebe unwert sein möchten. In diese Gedankenwelt muß die Erziehung mit keuscher Hand eingreifen. Wenn die Mutter dem Kinde das „Gute Nacht“ versagt und der Vater dem Kinde die Hand verweigert, muß das die größte Strafe sein, die bis in die nächtlichen Träume hinein das Kind so lange verfolgt, bis es kommt und spricht: ich habe gefehlt, verzeiht mir. Es ist etwas Wunderbares um diese Sinnenwelt des Kindes, das sich immer mehr mit Liebe und Zuneigung in die Eltern versenkt. Die kleinen Züge, die kleinen Gewohnheiten, die kleinen Angewöhnungen schatten sich ab auf dem Kindesantlitz. Die Kinder beginnen, je mehr sie den Eltern innerlich zugetan sind, ihnen auch äußerlich zu gleichen. Und dieses Autoritätsgefühl und seine Bewunderung und Nachahmung erstreckt sich zum andern auf die Worte. Was die Eltern sagen, das sprechen die Kinder, als von der größten Autorität kommend, nach; es stammt von der größten Entscheidung her: mein Vater hat es gesagt, meine Mutter hat’s mich so gelehrt. Das ist dem Kinde unverbrüchliches Gesetz. Und wenn die Kinder längst herangewachsen sind, will ihnen das Wort der Eltern in der eigenen Rede immer wiederkehren. Bestimmte Redensarten, besondere Redewendungen, die Gebete im Elternhaus, die Morgen-, Abend- und Tischgebete, werden von dem Kinde weitergeführt; so entsteht Familienbrauch und so erhält sich Familiensinn. Im Wort die Autorität ehren!

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 Ein solches Kind wird auch nach außen hin wissen und weisen: die Eltern haben mich so gelehrt, haben mich das geheißen; darum glaube und deshalb tue ich es. Wehe