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im Innern deines Nächsten Leistungen verkleinerst und verringerst, wisse, daß du dann den zu Gast gebeten hast, dessen Name schon Unheil bringt. Denke daran, daß deine unter dem Kreuze erlöste und in ein Meer von Liebe getauchte Seele ihren Mörder gebeten hat, bei ihr zu bleiben! Weißt du wohl, daß alle die Pfeile, die du aussendest, ein Ziel erreichen, aber nicht das Ziel, das du ihnen auf den Weg gibst, sondern sie wenden sich gegen dich selber. Die bitteren Gedanken, die wir in unserer Seele beherbergen, und all die scharfen, neid[i]schen Erwägungen und all die zürnenden Wünsche gehen zuerst in die Weite und kommen dann ins Sterbegemach zum Abschied. Und während sie als Gedanken auszogen, kehren sie als Menschlichkeiten zurück und weichen nicht, sondern verbauen den Ausblick und den Anblick der ewigen Liebe: ich kann meinen Jesum nicht mehr sehen vor den Gewalten, die mein Fleisch und Blut sind und vor den Gewalten, die ich einst die Meinen nannte.

 O, es liest sich so leicht: Du sollst nicht töten! Ich wünsche es euch und erbitte es mir, daß nicht die rohe Gewalt, das ist das Schlimmste noch nicht, sondern daß das lose, böse Wort und der bittere Gedanke fern von uns bleiben mögen. Vielleicht sind einige unter euch, die eine bittere Wurzel in ihrem Herzen hegen. Sonst reißt man das Unkraut aus, aber dieses begießt und pflegt man und läßt’s in der Sonne gedeihen und freut sich, wenn die Wurzel grünt und treibt. Reißt, ehe es Abend wird und solange ihr’s noch könnt, diese Wurzel aus eurem Herzen, damit Er sie nicht mit Feuer verbrenne und euch mit ihr! Tilgt alle Schärfe eures Wesens, die dem Nächsten das Leben erschwert und verwundet, durch die Hilfe des barmherzigen Samariters aus euerem Leben, aus euerem Wesen!

 Es hat ein Gottesmann einmal gesagt: Zweierlei Sünden prägen sich am allermeisten dem Angesicht und dem ganzen Leben auf: Die Sünde gegen das sechste und