Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/224

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herunterbieten und von dem Preis abdingen und abdringen kann. Das ist auch Diebstahl. Es ist immer ein widerliches Bild, wenn solch ein heißer Eifer um etliche Pfennige entbrennt, während vielleicht ein einziger Gesellschaftsabend Hunderte von Mark kostet, und es verursacht immer schwere Gedanken, wenn solche Leute sich um äußere, kleine Vorteile mühen, während sie um ihrer Seele willen nicht einen Schritt vor das Haus tun. Welch ein Anblick, wenn Käufer die Preislisten mit dem größten Eifer durchmustern, vielleicht die Kurszettel und Börsenberichte mit dem größten Interesse lesen, während sie, um ein ernstes Buch auf sich wirken zu lassen, nimmer die Zeit haben. Das ist auch Diebstahl! Und nun tretet herzu, ihr Arbeitgeber! Ich habe nicht umsonst das furchtbare Wort aus Jakobus gelesen: „Der Lohn, den ihr abgebrochen habt“ oder, wie es im griechischen Urtext heißt: „der Lohn, den ihr hinterzogen, schreit wider euch zu dem Herrn Zebaoth.“ Siehe, du Arbeitgeber, du hast irgend etwas in Bestellung gegeben: ein Kleid, ein Geräte, etwas für deinen Hausstand, und nun kommt am Samstag abend dieses Angeschaffte fertig und gut. Du siehst es dem Handwerksmann an, wie dankbar er wäre, wenn er gleich bare Bezahlung bekäme. In Mosis 3 heißt es: „Wahrlich, Ich sage euch, es soll der Lohn des Arbeiters nicht über Nacht bei euch bleiben; denn Ich bin der Herr Zebaoth.“ – Wie viele Hoffnungen hat der Meister an die Arbeit gewagt, wie viele Erwartungen an ihre Lieferung geknüpft, er hat schon berechnet, wie er mit dem Erlös aus seiner Arbeit da und dort einer Verbindlichkeit nachkommen, eine kleine Schuld tilgen, den Seinen Brot kaufen könne – und du weigerst ihm den Lohn. Vielleicht hast du nicht den Mut, es zu Hause zu sagen, daß du dies und jenes dir angeschafft hast; du hast nicht die Freudigkeit, für das Gelieferte dich alsbald von dem erbärmlichen Mammon frei zu machen. Es ist dir ein lieber