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Ich bin der Herr! so will Er uns zeigen, wie Er unsere Bedürftigkeit zu Ihm hin ansieht. Er hat sich in unsere Seele senken müssen, weil der Meister immer einen Zug seines Ichs in jedes Bild legt und kein Meisterbild wäre, das nicht des Meisters allein froh wäre und sein sollte. Als Er dich und mich schuf, hat Er eine einzige Saite in unser Leben gelegt, die nie ganz zur Stille kommt, bis sie wieder von dem gerührt wird, der sie schuf und endlich den Grundakkord anstimmt: Er ist mein Vater!

 Siehe, wenn du das wissen darfst, daß Er dich nie vermißt, aber daß Er dich vermissen will, und du daran dich festhalten kannst, daß Er, ohne dich völlig im Frieden, dich in sein Friedensreich hereinnehmen will, dann, o Seele, kannst du des Wortes dich trösten: Ich bin der Herr, der seine Gedanken auswirkt, damit sie zu ihm wiederkehren und seine Worte spricht, damit sie, weit durch die Welt hin geehrt, endlich bei ihm wieder heimfinden. Dann sollst du es gewiß haben: Ich bin der Herr! Also auch mir bereit und gewärtig.

 Ich bin der Herr, dein Gott!

 Wie viel hat man schon über das Wort Gott zunächst äußerlich, aber auch innerlich betrachtet, geredet. Die einen haben das Wort Gott von einer Wurzel abgeleitet, die bedeutet: verborgen, versteckt, verhüllt. Also: Ich bin der Verborgene, der in einem Lichte wohnt, da niemand zukommen kann. Die andern haben das Wort Gott erklärt: Ich bin der, der von sich aus alles gibt.

 Luther hat in seiner praktischen, seelsorgerlichen Weise am schönsten in einer uns noch erhaltenen Predigt über das Wort Gott gesprochen. Es ist das in der Predigt am Laurentiustag, den 10. August 1516, gewesen. Da sagt er: Gott ist der, der dir etwas ist, so daß alles andere dir nichts ist. Ein Kind kann mit diesem Worte zufrieden werden und ein Mann kann an ihm sich erbauen. Gott