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zu sagen, wenn es einer in seinem ganzen Leben nicht weiter brächte, als zur Knechtesfurcht, so wäre er doch für andere etwas, ein Vorbild, wie man es ernst nimmt.

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 Aber freilich, dazu ist Christus gekommen, daß Er uns, die wir durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein müßten, erlösete, dazu ist Er in die Welt eingetreten, daß Er den furchtbaren Schrecken vor dem heiligen Gott aus unserer Seele täte und zu uns spräche: dies alles habe Ich dir erlassen, deine Sünde ist vergeben, Ich habe deine Schuld bezahlt und was du in Furcht nicht leisten kannst, das habe Ich aus Liebe erfüllt. Seht, darum stehen wir so dankbar alle Tage unter dem Kreuz: der alle meine Schuldenlast am Stamm des heiligen Kreuzes auf sich genommen hat. Und nun merken wir, wie groß es ist, daß einer für mich gelitten hat, den Zorn des heiligen Gottes für mich getragen, die Menge der Strafen für mich gezahlt, und mich aller meiner Angst los und ledig gemacht hat. Kennst du den treuen Bruder und Freund, Hirten und Bischof deiner Seele, der aller deiner Sünden Arzt und Heiland geworden ist? Das ist die Kindesfurcht, von der unsere Alten gesagt haben, sie trete immer ein, wenn der Vater sich zum Gehen schicke, Knechtesfurcht aber, wenn der Herr sich zum Kommen schickt. Kindesfurcht, wenn der Vater gehen will, denn das Leben hat keinen Wert mehr für mich, wenn ich keinen Vater mehr bei mir habe, wenn ich nicht mehr die Knie vor dem beugen darf, der ein rechter Vater ist über alles, was da Kinder heißt. Dieses Leben wird ein ehernes Gesetz, unter dessen Gewalt man täglich vergeht, wird ein schweres, hartes, frönendes Leben, wenn nicht am Morgen Jesus zu mir kommt und spricht: gib mir dein Joch und nimm das meine und wenn er dann am Abend mir das Joch abnimmt und spricht: Ich habe auch jetzt wieder für dich gebeten, daß dein Lebensmut nicht aufhöre. Das ist die kindliche Furcht, mit der ich mich scheue, Jesum zum